Traditionelle Frühjahrs-Hegeschau: Kreisjagdverband Oberallgäu beleuchtet Herausforderungen und Erfolge
Mit der traditionellen Frühjahrs-Hegeschau zog der Kreisjagdverband Oberallgäu einen Schlussstrich unter das abgelaufene Jagdjahr. Die mit den Abschussplanungen festgelegten Ziele sind weitgehend erreicht worden; da und dort gelte es aber noch „Hausaufgaben“ zu machen, so das Fazit. Auch das Thema TBC beim Rotwild bleibt aktuell. Präsentiert wurden in der Frühjahrs-Hegeschau die RehwildTrophäen des zurückliegenden Jagdjahres und die der Hirsche, die seit der Herbst-Hegeschau im vergangenen Oktober erlegt wurden.
Obermaiselstein – Beim Rehwild geht zugleich die dreijährige Abschussplanung zu Ende, erläuterte Jagdberater Markus Schwarz. Sowohl in der Hegegemeinschaft Bergstätte als auch bei der Hochwild-Hegegemeinschaft Sonthofen ergaben sich „herausragende Werte“, brachte Schwarz den Rehwildabschuss auf den Punkt.
Die Jagd in Zahlen
Im Gebiet der Bergstätte waren es 2281 erlegte Rehe bei einem Soll von 2127 Tieren – ein Erfüllungsgrad von 107 Prozent. Im Bereich der Hochwild-Hegegemeinschaft waren es insgesamt 8038 Tiere, mit einer Erfüllungsquote von 108 Prozent des Solls von 7438. Schwarz sprach daher von einer „Abschusserfüllung in unglaublicher Höhe“. Allerdings sollte der Anteil von Kitzen / Kälbern, also Jungtieren, nicht vernachlässigt werden, da so die Bestandsregulierung effektiver gestaltet werden könne. Nicht ganz so gute Werte gab es beim Gamswild im Bereich der Hochwild-Hegegemeinschaft. Insgesamt weist die Statistik 676 erlegte Gämsen aus, was bei einem Soll von 772 einen Erfüllungsgrad von 88 Prozent ergibt.
Jagdberater Schwarz erinnerte daran, vor allem bei der Jagd auf weibliche Tiere – die Nachwuchsträger – nachzulegen, wo nur 70 Prozent erreicht worden seien. Das mit der Abschussplanung vereinbarte Soll von 1242 wurde beim Rotwild mit 93 Prozent verfehlt. Auch der Vorsitzende das Kreisjagdverbandes, Edmund Herzog, machte auf die Rolle der Jagd bei der Bestandsregulierung aufmerksam: „ohne Jagd wäre es schwierig, wenn nicht unmöglich, die Populationen in einem vernünftigen Gleichgewicht zu halten.“ Echte Wildnis gebe es kaum noch wo; überwiegend bewegten sich Wildtiere in Deutschland in einer Kulturlandschaft. „Deswegen ist es wichtig, dass die Wildtierbestände reguliert werden.“ Das dürfe aber nicht willkürlich und unkontrolliert geschehen, spielte Herzog auf die sogenannten rotwildfreien Gebiete an.
Weniger Rückzugsmöglichkeiten
Zudem stelle man eine „zunehmende Präsenz“ des Menschen in der Natur fest. Herzog: „Es gibt immer weniger wirklich ruhige Rückzugsmöglichkeiten, die für eine natürliche Entwicklung der Wildtiere unerlässlich sind.“ Diese Rahmenbedingungen führten zu genetischen Inselbildungen, die wiederum die Gesundheit und Vielfalt der Wildbestände führten, beklagte Herzog die Entwicklung. Der genetische Austausch werde so behindert, weil die dafür benötigten umherstreifenden Hirsche werden erlegt. Das Ganze sei zudem ein überregionales Problem, und „alte Fehden“ in diesem Zusammenhang könnten nur beendet werden, wenn die Maxime „Wald mit Wild“ gelte und nicht „Wald vor Wild“.
Angesichts zahlreicher Herausforderungen hält es der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes für entscheidend, als Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, innovative Lösungen zu entwickeln, die den Schutz der Natur mit den Bedürfnissen der Menschen in Einklang bringen können. „Die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern, Naturschutzorganisationen und der breiten Öffentlichkeit ist unerlässlich, um nachhaltige Strategien zu entwickeln“, sagte Herzog. Er sei zuversichtlich, dass es gemeinsam gelingen werde, die Zukunft der Jagd und die Natur zu sichern.
Seuchenquelle Rotwild?
Die immer wieder aufkommende Kritik am Umgang der Jagd mit der TBC-Problematik griff der Vorsitzende der Hochwild-Hegegemeinschaft, Fürst Erich zu Waldburg-Zeil, auf. Angesichts der Situation im benachbarten Vorarlberg befürchte vor allem die Alpwirtschaft ein Übergreifen auf das Allgäu und fordere eine noch intensivere Beprobung es Rotwildes im Rahmen des Monitorings. Allerdings seien 4000 Stück Rotwild im Bereich der Hochwild-Hegegemeinschaft beprobt worden. „Eine weltweit größte Untersuchungsrate“, argumentierte der Vorsitzende. Eine weitere Erhöhung bringe schlechterdings keine bessere Quote. Eine ausnahmslose Beprobung ändere nichts und sei in seinen Augen „grober Unsinn“. Die Seuchenquelle auf das Rotwild abzuwälzen, halte er für einen „völligen Fehlschuss“, so Waldburg-Zeil.
Dennoch, so hatte der Stellvertretende Landrat, Roman Haug, appelliert, müsse man alles tun, um eine Ausbreitung der Seuche auf die Region zu verhindern. Und die Jägerschaft sei „ein unverzichtbarer Teil der Lösung“. Nur durch eine enge Zusammenarbeit und „gegenseitige Achtung“ könne eine gemeinsame Zukunft sichergestellt werden, so Haug. Die Behörde suche nach Wegen, die Jagd im Landkreis noch zukunftsfähiger zu gestalten und werde die Jäger „in ihrer wertvollen Arbeit“ weiter unterstützen, wenngleich es immer auch Kompromisse geben werde. Er könne sich vorstellen, dass behördliche Vorgaben nicht immer gerne gesehen würden und Anklang fänden, spielte Haug auf einen Fall an, bei dem die Untere Jagdbehörde einen Jagdpächter zu Bußgeld „verdonnert“ hatte, weil er mehr Rehe geschossen habe, als im Abschusssoll festgesetzt worden war. Umso mehr müsse man im Dialog bleiben, riet Haug.
Erkenntnisse aus der Forschung
In einem Fachvortrag betrachtete Dr. Hendrik Edelhoff vom Fachbereich Wildtierbiologie und Wildtiermanagement an der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft LWF die „Genetische Diversität der Gamsvorkommen im Alpenraum“. Auch wenn es da und dort deutliche räumliche Trennungen von Populationen gebe, sei ein genetischer Austausch durchaus nachweisbar und plausibel. Selbst die „Insel“ mit dem Kürnacher Wald stehe den Untersuchungen zufolge in Kontakt mit Population im Allgäuer Kerngebiet; und diese wiederum mit dem benachbarten Oberbayern.
Bedeutsame Trennungen gebe es mithin nicht, nur größere Distanzen, so das Fazit der Studie. Abteilungsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten, Simon Östreicher, skizzierte die wesentlichen Ergebnisse des jüngsten „Verbissgutachtens“, dass auf eine Verschlechterung der Situation vor allem im Bergwald hinweise. Ein Viertel der jungen Weißtannenpflanzen weise einen sogenannten Leittriebverbiss auf. „Die Natur schenkt uns den Wald der Zukunft“, so Östreicher. Das Allgäu biete gute Voraussetzungen für einen an den Klimawandel angepassten Wald.
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