Der Münchner Investigativjournalist Daniel Harrich freut sich über das Urteil in der Aserbaidschan-Affäre. Doch er will weiter gegen Korruption und Unrecht vorgehen.
Gehofft hat er es. Geglaubt hat er es lange nicht. Obwohl Daniel Harrich seit Langem zu den mutmaßlichen Verflechtungen des einstigen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner recherchiert hat, hatte er nicht gedacht, dass es tatsächlich zu einer Verurteilung kommen würde. Und doch: Wie berichtet, wurde Lintner am 30. Juli 2025 vor dem Oberlandesgericht München zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt. Wegen Bestechung von Mandatsträgern. Dass es so weit kam, ist in großem Maße Daniel Harrich und seinem Team zu verdanken.
„Da wurde Justizgeschichte geschrieben“, sagt der 41-Jährige hörbar glücklich und auch ein bisschen stolz im Gespräch mit unserer Zeitung. „Man kann am öffentlich-rechtlichen Rundfunk manches kritisieren. Aber genau dafür ist er wichtig. Damit unabhängige Rechercheprojekte wie unseres möglich gemacht werden – und Angriffe auf unser demokratisches System dadurch offengelegt und bestraft werden können.“
Deutsche Politiker ließen sich bestechen
Blick zurück. Mehrere Jahre lang haben Daniel Harrich und sein Team recherchiert. Sind tief vorgedrungen in die illegalen Verflechtungen einiger europäischer Politiker mit diktatorischen Regierungen. Da wurden und werden mutmaßlich noch immer im großen Stil von autokratischen Staaten hohe Geldbeträge, goldene Uhren, edle Teppiche an manche Abgeordnete europäischer Länder geliefert – damit diese die massiven Menschenrechtsverletzungen in den betreffenden Staaten ignorieren, vertuschen, letztlich: decken. Im Dokumentarfilm „Am Abgrund“, der im März 2024 in der ARD ausgestrahlt wurde und samt begleitendem Spielfilm in der ARD Mediathek abrufbar ist, begleiten sie den SPD-Bundestagsabgeordneten Frank Schwabe als Leiter der deutschen Delegation im Europarat. Und decken auf, warum Abgeordnete weggeschaut haben, wenn in Aserbaidschan Wahlen gefälscht wurden, warum sie schwiegen, wenn Oppositionelle in europäischen Länder wie Deutschland verfolgt und sogar ermordet wurden. Die Recherchen offenbarten, wie das Netz aus Korruption den Europarat erfasste.
Das zeigte Wirkung: Auf Frank Schwabes Antrag hat der Europarat der Delegation der Republik Aserbaidschan im Januar 2024 die Akkreditierung entzogen; und die Generalstaatsanwaltschaft München Anklage wegen des Verdachts auf Korruption gegen die Ex-Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer (CDU) und Eduard Lintner (CSU) erhoben. Das Verfahren gegen Fischer musste aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt werden und soll im Herbst neu aufgerollt werden. Lintner aber wurde am 30. Juli 2025 verurteilt.
Für Daniel Harrich eine Bestätigung für seine mitunter aufwühlende Arbeit. „Als überzeugter Demokrat war ich angesichts der vielen Fälle von Korruption schon kurz davor, den Kopf in den Sand zu stecken. Doch mit diesem Urteil ist klar, dass Lintners Argumentation, dass das ,doch alle machen‘, nicht gilt. Dass es sich hier nicht um eine erlaubte Praxis, die nur moralisch verwerflich ist, handelt – sondern um eine Straftat.“ Deshalb werde er sich nun auf keinen Fall auf seinen Lorbeeren ausruhen: „Wir werden den Teufel tun. Denn wir wissen, dass diese Korruptionsfälle von deutschen Abgeordneten bei Weitem nicht nur Aserbaidschan betreffen. Das jetzt ist ein Zwischenerfolg für die Demokratie und eine Bestätigung unserer Arbeit – und motiviert uns, weiter genau hinzuschauen.“ Von dem guten Gefühl bestärkt: „Hurra, der Rechtsstaat funktioniert!“