Holt Putin sich jetzt Georgien? Bayerischer TV-Star fassungslos - „Wann wachen wir auf?“
Eine Kreml-nahe und Russland-freundliche Partei gewinnt die Wahl in Georgien. Vorwürfe werden laut, dass Wladimir Putin sich einmischt. Ein Schauspieler ist außer sich.
Tiflis - Nach der polarisierenden Parlamentswahl in Georgien steht der Vorwurf der mutmaßlichen Manipulation und Wahl-Fälschung im Raum, wofür die Russland-kritische und EU-freundliche Opposition aber bislang (Stand: 28. Oktober, 13.30 Uhr) keine stichhaltigen Beweise vorlegen konnte.
Parlamentswahl in Georgien: Hat sich das Moskau-Regime von Wladimir Putin eingemischt?
Videos bei X zufolge kam es am Sonntag (27. Oktober) zu ersten Protesten von mutmaßlich pro-europäischen Wählerinnen und Wählern in Tiflis, die demnach von den Sicherheitsbehörden auch unter dem Einsatz von Wasserwerfern zurückgedrängt wurden. Obwohl die Demonstranten nichts weiter als Fahnen der Europäischen Union (EU) mit sich führten.
Der Ukraine-Krieg und der völkerrechtswidrige Überfall des Moskau-Regimes von Kreml-Autokrat Wladimir Putin dienen ihnen als mahnendes Beispiel. Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili hatte das Ergebnis der Parlamentswahl in ihrem Land sogar als durchgehend verfälscht kritisiert und die Bürgerinnen sowie Bürger offiziell aufgerufen, auf die Straßen zu gehen und gegen die mutmaßliche Wahlmanipulation zu protestieren.
Georgien | |
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Einwohnerinnen und Einwohner: | 3,7 Millionen |
Fläche: | 57.215 km² |
Hauptstadt: | Tiflis (rund 1,08 Millionen Einwohner) |
Grenzen mit: | Russland, Aserbaidschan, Armenien, Türkei |
Wahl in Georgien: Präsidentin Surabischwili spricht von „russischer Spezialoperation“
Ihre Landsleute seien „Zeugen und Opfer einer russischen Spezialoperation“ geworden, meinte Surabischwili: „Ich erkenne diese Wahl nicht an – das ist nicht möglich. Das ist dasselbe, als würde man die russische Übernahme Georgiens anerkennen.“ Surabischwili erklärte bei einer Pressekonferenz mit Politikerinnen und Politiker des proeuropäischen Oppositionsbündnisses: „Wir sind Zeugen und Opfer einer russischen Operation, einer modernen Form des hybriden Krieges gegen das georgische Volk.“ Zuvor hatte die Wahlkommission die regierende Partei des reichsten und mächtigsten Mannes im Land, Bidsina Iwanischwili, mit knapp 54 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt.
Insgesamt waren 3,5 Millionen Georgierinnen und Georgier im In- und Ausland zur Wahl des Parlamentes aufgerufen, unter anderem gab es auch zwei Wahllokale in der russischen Hauptstadt. Mit dem Verweis auf eine angebliche „russische Spezialoperation“ spielte die 72-jährige Surabischwili, die in Paris geboren wurde und bis zu ihrem 51. Lebensjahr in Frankreich lebte, auf den heimtückischen Einmarsch der Russen in der Ukraine an, die von Putins Zirkel um dessen willfährigen Außenminister Sergei Lawrow verharmlosend als „Spezialoperation“ bezeichnet wird.
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Georgische Präsidentin Salome Surabischwili erkennt Wahlergebnis nicht an
Surabischwili gilt im Westen als angesehen. Vor ihrem Wechsel ins georgische Außenministerium hatte sie bis März 2004 als Diplomatin für Frankreich gearbeitet. Ihr ursprüngliches Ziel war es, das kleine Land mit seinen rund 3,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern (nur im Inland) bis 2008 in die EU zu integrieren. Im Kaukasuskrieg 2008 rückte stattdessen die russische Armee, die im Ukraine-Krieg schwere Verluste erleidet, mit hunderten Panzern in Georgien ein und drängte die georgische Armee bis vor die Tore von Tiflis zurück.
Seither sind die georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien als international nicht anerkannte Republiken und damit 20 Prozent des Staatsgebietes durch die russischen Streitkräfte besetzt. Sie gelten als von Tiflis abtrünnige Regionen. Surabischwili müsste als Staatsoberhaupt (seit November 2018) eigentlich die Regierungspartei „Georgischer Traum“, kurz KO, theoretisch als Wahlsiegerin ausrufen und mit der erneuten Regierungsbildung beauftragen. Sie weigert sich aber offenbar, weil der KO eine große Nähe zu Putins Moskauer Regime nachgesagt wird.
Wir sind Zeugen und Opfer einer russischen Operation, einer modernen Form des hybriden Krieges gegen das georgische Volk.
Georgien und Russland: Immer wieder vereinnahmte Moskau Tiflis im Kaukasus
Georgien hatte sich in den Wirren des Ersten Weltkrieges im Mai 1918 vom in sich zusammen fallenden Russischen Kaiserreich losgesagt, wurde jedoch im Februar 1921 durch die Rote Armee Moskaus besetzt und in die Sowjetunion eingegliedert. Ab 1936 bis 1991 und dem Zusammenbruch der Sowjetunion als Teil des Kernlandes und nicht etwa als Satellitenstaat. Auch international löste die jüngste Parlamentswahl Bedenken aus.
CDU-Politiker Dennis Radtke schrieb bei X: „Wo ist der Westen, um Georgien beizustehen? Putin manipuliert und mischt sich überall ein. Unsere Schwäche empfindet er als Einladung, als zusätzliche Provokation. Wir lassen gerade jeden im Stich, der uns braucht. Beschämend.“ Der politisch engagierte bayerische Schauspieler Marcus Mittermeier (München Mord, Der Staatsanwalt), der 2022 Mitglied der 17. Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten war, wurde ebenfalls bei X deutlich. „Gestern die Ukraine, heute Georgien, morgen das Baltikum. AfD und SW singen hier sein Lied und Massen laufen ihnen nach. Warum wachen wir nicht auf?“, schrieb der 55-jährige Niederbayer in einem Posting auf dem Sozialen Netzwerk.
Holt sich Wladimir Putin Georgien? Politiker, Experten und Schauspieler warnen
Mittermeier nahm damit wohl die Kritik auf, die deutschen Parteien AfD und BSW stünden dem autokratischen Putin-Regime nahe. Internationale Beobachter bemängelten zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Georgien-Wahl vom Samstag (26. Oktober). Drei Oppositionsbündnisse erklärten, sie würden ihre Mandate nicht antreten. „Wir werden dem Stimmendiebstahl am georgischen Volk keine Legitimität verleihen, wir geben unsere Parlamentsmandate ab“, sagte etwa Nana Malaschchia von der „Koalition für Wandel“ laut Medienberichten.
Bereits im Sommer 2023 hatte ein Osteuropa-Experte und Historiker davor gewarnt, Georgien könnte im Umfeld des Ukraine-Kriegs in Putins Fadenkreuz rücken. „Ein autokratisch-repressiver Staat versucht häufig, mit außenpolitischen Erfolgen über innenpolitische Probleme hinwegzutäuschen. Seine Popularität war niemals größer als 2008 nach dem russisch-georgischen Krieg und 2014 nach der Krim-Annexion“, erklärte Prof. Dr. Klaus Gestwa von der Universität Tübingen im Gespräch mit Merkur.de von IPPEN.MEDIA: „Der russisch-georgische Krieg von 2008 zeigte, dass russische Truppen innerhalb weniger Tage die Hauptstadt Tiflis erreichen können.“ (pm)