Schutz vor den Wassermassen: Extremwetter macht erfinderisch
Die Flut Anfang Juni hat im Landkreis viele Menschen hart getroffen. Ohne mobile Hochwasser-Schutzsysteme wären die Schäden noch um ein Vielfaches höher ausgefallen. Die Feuerwehren setzen dabei auf unterschiedliche und innovative Barrieren. Aber auch Althergebrachtes spielt beim Schutz vor den Wassermassen eine wichtige Rolle.
Landkreis Fürstenfeldbruck - Er ist orange, sieht aus wie eine überdimensionale Wurst und bildet einen unüberwindlichen Schutzwall gegen die braunen Fluten. Seit rund 20 Jahren gehört der Beaver Schlauchdamm zur unverzichtbaren Ausrüstung der Eichenauer Feuerwehr. Wann immer der Starzelbach zu wild wird und sein Bett verlässt, hält ihn der Beaver in Schach. „Man kann mit ihm sehr gut den Wasserfluss steuern“, sagt Kommandant Maximilian Grain.
Werbung mit Foto aus Eichenau
Der Beaver besteht aus besonders festem Kunststoff und wird mit Wasser befüllt. In Eichenau besteht er aus fünf und 20 Meter langen Elementen – insgesamt 320 Meter lang. Er wird parallel zum Starzelbach verlegt und verhindert, dass sich dessen Fluten in angrenzende Wohngebiete ergießen. Der große Vorteil: „Er ersetzt Unmengen von Sandsäcken“, sagt Grain. Und er ist in nur vier Stunden einsatzbereit. Gekostet hat das System vor 20 Jahren rund 8000 Euro. Jetzt sei der Preis wohl höher. Den wird die Gemeinde aber wohl oder übel bald bezahlen müssen. Denn die Hälfte des Systems ist laut Grain mittlerweile defekt und muss neu beschafft werden.
Seine Stärken hat der Beaver bereits 2013 und beim jüngsten Hochwasser-Ereignis unter Beweis gestellt. Sogar der Schweizer Hersteller wirbt auf seiner Homepage mit einem Foto aus Eichenau für sein Produkt.
Auch die Gröbenzeller Feuerwehr setzt auf den Beaver. Dort hält er den Gröbenbach bei Hochwasser in Schach. Er kann eine bis zu 50 Zentimeter hohe Wasserwand zurückhalten berichtet Kommandant Christian Weirauch. Angeschafft wurde er 2014 – ein Jahr nach dem verheerenden Hochwasser 2013.

Einen anderen Weg geht die Olchinger Feuerwehr. Dort verlässt man sich auf ein sogenanntes Flexi Box System. Dabei handelt es sich sozusagen um große Säcke aus zwei Lagen. Die äußere Hülle bildet glasfaserverstärkter Kunststoff.
Neues System 1,40 Meter hoch
„Innen befindet sich eine Art große Plastiktüte, die mit Wasser gefüllt wird“, erklärt Olchings Feuerwehrkommandant Josef Gigl. Einer dieser Säcke ist einen Meter breit und 1,70 Meter hoch. Fünf Stück zusammen bilden ein Element.
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Das aktuelle System der Olchinger Wehr ist nigelnagelneu. Erst seit rund zwei Wochen nennen es die Brandbekämpfer ihr Eigen. Es ersetzt eine ältere Version. Diese konnte das Wasser 90 Zentimeter hoch anstauen. Das neue bringt es auf eine Anstauhöhe von 1,40 Metern. Grund für die Neuanschaffung: Beim Hochwasser Anfang Juni wurden die 90 Zentimeter erreicht – was sich laut Gigl bis dahin niemand habe vorstellen können. Für das alte System war das an einer Stelle zu viel. Mitten in der Nacht brach die Barriere. Nur durch schnelles Eingreifen konnten die Helfer das Loch provisorisch wieder flicken.
Anders als in Eichenau wird der Damm in Olching nicht direkt am Starzelbach errichtet – sondern auf Feldern zwischen Bach und dem Wohngebiet im Olchinger Südwesten. „Ein großer Vorteil ist, dass es mit Dreckwasser befüllt werden kann“, sagt Josef Gigl. Zudem sei die modulare Bauweise sehr flexibel.
Die neue Barriere bringt es insgesamt auf eine Länge von 1045 Metern. Das System schlug mit 164 000 Euro zu Buche. „Das ist viel Geld“, sagt Josef Gigl. „Doch nichts im Vergleich zu den Schäden, die entstehen würden, wenn wir es nicht hätten.“
Viel auf dem Spiel steht auch in Fürstenfeldbruck. Deshalb hat die Feuerwehr bereits vor längerem einen Beaver angeschafft – allerdings eine mächtigere Version als in Eichenau und Gröbenzell. Schließlich muss der Damm im Fall der Fälle nicht nur einen Bach, sondern die gesamte Amper in Schach halten. Gedacht ist das System für den Bereich an der Ledererstraße. Zum Einsatz kam es bisher allerdings nicht.
Denkbar sind Wände aus Aluminium
Doch mit dem Beaver ist es aus Sicht von Brucks Feuerwehrkommandant Michael Ott nicht getan. Mittel- und langfristig müsse man sich Gedanken über weitere Schutzmaßnahmen machen. Denkbar seien etwa Wände aus Aluminium, die bei Bedarf im Boden verankert werden. Wo genau, das müssten Experten ermitteln. Eines steht für den Feuerwehrchef allerdings fest. „So viele Sandsäcke wie 1999 könnten wir heute nicht mehr verbauen.“ Dafür fehle einfach das Personal. Beim damaligen Pfingsthochwasser half etwa die Bundeswehr beim Kampf gegen die Fluten mit.
30 000 Sandsäcke befüllt und verteilt
Trotz innovativer Systeme wie dem Beaver oder den Spezialsäcken sind eben jene Sandsäcke auch heute noch unverzichtbar bei Hochwasser, erklärt Kreisbrandrat Christoph Gasteiger. Beim Schutz kleiner Bereiche wie Haus- und Hofeingängen oder Kellerschächten seien Sandsäcke noch immer das Mittel der Wahl. „Da ist der Sandsack nicht zu ersetzen.“ Das habe auch das jüngste Hochwasser Anfang Juni gezeigt. Am Kreisbauhof wurden laut dem Brucker Kommandanten Ott rund 30 000 Stück befüllt und anschließend an ihre Einsatzorte transportiert.