Kirchberg: Familienglück und Stress hoch drei
Manuela Steiger bringt Vierlinge zur Welt, drei überleben. Die Familie erzählt von ihrem Alltag.
„Jedes Mal, wenn ich zum Ultraschall ging, war es ein Kind mehr“, erzählt Manuela Steiger mit der kleinen Sophie auf dem Arm. Heute kann sie darüber lachen, doch vergangenes Jahr war ihr eher zum Heulen zumute.
Positiv auf eine Schwangerschaft hat sich die Kirchbergerin im August 2023 getestet. Beim ersten Ultraschall hieß es dann, es werden Zwillinge. „Da haben wir uns noch gefreut“, erinnert sich die 32-Jährige. Beim zweiten Termin im September waren es dann schon drei. „Da haben wir schon geschluckt“, gibt sie zu.
Als es dann am 22. November – das Datum weiß sie noch genau – hieß, es werden Vierlinge, „ist für mich die Welt zusammengebrochen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie wir das schaffen sollen“. Zumal zu Hause auch noch Brian (13) und Daniel (8) warten, die nach der Geburt der Geschwister schnell selbstständig werden mussten.
„Die Schwangerschaft hat uns wirklich Angst gemacht, mein Mann hat nach dem vierten Ultraschall gesagt: ,Geh da nicht mehr hin!’.“ Die Vierlinge brauchten Platz und machten es der Mutter deshalb nicht leicht: „Ab Januar musste ich liegen“, sagt sie. Von ihrem Bett im offenen Wohnküchenbereich in ihrer Doppelhaushälfte in Kirchberg gab sie ihren Jungs dann Anweisungen. „Ich durfte ja auch keine Treppen mehr steigen.“
14 Leute waren im Kreißsaal
Zwei Monate ging das so, bis die Vierlinge am 1. März, zweieinhalb Monate vor dem errechneten Geburtstermin, im Krankenhaus Landshut-Achdorf geholt wurden – die erste Vierlingsgeburt dort.
14 Leute waren im Kreißsaal. „Für jedes Kind ein komplettes Team“, erklärt Manuela Steiger, zusätzlich ein Filmteam, das die Geburt für Lehrzwecke filmte, und das Palliativ-Team. Schon vor der Geburt war Arthur auffällig. Er hatte während der Schwangerschaft einen Zwerchfellbruch erlitten.
„Da stehen die Überlebenschancen bei 23 Prozent“, weiß die Sechsfach-Mama. In zwei Minuten und 33 Sekunden waren alle vier Kinder geholt. „Das musste so schnell gehen, damit ich nicht ersticke. Die Ärzte sind alle auf heißen Kohlen gesessen, es waren auch nur erfahrene am Werk. Das Team hat uns toll begleitet“, lobt sie.
Meine news
Wotan, Erik und Sophie kamen gesund auf die Welt, Arthur starb kurz nach seiner Geburt. „Wir bekamen noch ein paar Minuten Zeit mit ihm geschenkt, so konnten wir uns von ihm verabschieden und ihn in Frieden gehen lassen“, sagt seine Mama traurig, meint aber, sie und ihr Mann hätten ihren Frieden damit gemacht – auch weil sie so gut betreut worden seien.

14 Tage verbrachte Manuela Steiger im Krankenhaus, sechs Wochen lang sind sie und ihr Mann Patrick Hoffmann ins Krankenhaus gefahren, um ihre Schützlinge auf der Frühgeborenenstation zu besuchen und kennenzulernen.
Zwei Stunden Schlaf pro Nacht
Seit Mitte Mai sind sie nun zu Hause und halten die Eltern und Brüder auf Trab. „Ein Baby schreit eigentlich immer“, erzählt Papa Patrick, lacht und wiegt seine „Lieblingstochter“ Sophie im Arm. Sie seien entspannte Eltern, erklärt seine Frau, der die Geräuschkulisse als Heilerziehungspflegerin eh nichts ausmache. Alle zwei bis drei Stunden müssten die Babys gefüttert und gewickelt werden, was rund eineinhalb Stunden in Anspruch nehme. Allenfalls zwei Stunden am Tag beziehungsweise pro Nacht könnten die Drillinge und ihre Eltern gemeinsam schlafen. „Das ist manchmal schon krass“, findet Papa Patrick.
Der 32-Jährige, der als Logistiker am Flughafen arbeitet, ist aktuell in Elternzeit, ab August muss er aber wieder in seinen Vollzeitjob zurück. „Das ist finanziell nötig.“ Da beide immer Vollzeit gearbeitet haben, sind sie in der misslichen Lage, dass ihre Einkommensgrenze knapp über der Bemessung liege, um staatliche Unterstützung zu bekommen, erklärt Steiger.
Deshalb ist auch die Nachbarschaftshilfe eingesprungen. Claudia Neumaier hatte sich an das Leserhilfswerk „Licht in die Herzen“ des Erdinger/Dorfener Anzeiger gewandt, nachdem ihr Mann, Bürgermeister Dieter Neumaier, „zufällig“ auf die Familie aufmerksam geworden war und bemerkt habe, „dass man da unterstützen muss“. Das Leserhilfswerk hat schnell reagiert und Geld für einen Drillingswagen und Windeln ausgelegt.
„Davon brauchen wir in der Woche rund 200 Stück“, rechnet die 32-Jährige vor. Hinzukommen 20 Packungen Feuchttücher und zwei Kilo Milchpulver. „Wir sind ständig beim Einkaufen“, berichtet Patrick Hoffmann. Im Drogeriemarkt Rossmann habe man auch schon die Geburtsurkunde der Drillinge vorlegen müssen, um die großen Mengen überhaupt zu bekommen.
Die größte Anschaffung war ein Bus. Für die siebenköpfige Familie wurde der Fünfsitzer zu klein. „Das Geld hat meine Mutter vorerst mal ausgelegt“, freut sich Patrick Hoffmann.
Die beiden Brüder Daniel und Brian finden den Nachwuchs „eigentlich schon schön“, obwohl auch sie eingespannt werden. Brian ist für den Geschirrspüler zuständig, „der ist jetzt schon ziemlich schnell voll“, meint er. Beide stehen morgens alleine auf, stecken die Pausenbrote, die ihre Mama am Abend zuvor vorbereitet hat, ein und machen sich um 6.30 Uhr auf den Weg zum Bus, um in die Schule zu kommen. Bei ihren Freunden sei die Drillingsgeburt mit großem Erstaunen aufgenommen worden. „Ein Freund wollte es nicht glauben, bis er die drei mit eigenen Augen gesehen hat“, erzählt Brian.
Weihnachtsgeld für die Erstausstattung
Die Eltern sind mittlerweile sehr glücklich mit ihrem Nachwuchs. Das Schönste ist: „Sie sind alle gesund und altersgemäß entwickelt.“ Das liege auch daran, „dass sie auf natürlichem Weg gezeugt wurden“, verrät Steiger. Dennoch benötigen sie besondere Aufmerksamkeit, brauchen regelmäßig Physiotherapie und Osteopathie.
Gerade Erik, dem ein eingeklemmter Wirbel aktuell noch zu schaffen macht. Das kostet alles viel Geld, das langsam knapp wird, „denn das Weihnachts- und Urlaubsgeld ist für die Erstausstattung draufgegangen“, erklärt Steiger.
„Wenn man hört, was alles gebraucht wird, muss man als Gesellschaft doch unterstützen“, findet auch Bürgermeister Neumaier. Hoffmann und Steiger sind für alles dankbar. „Wir nehmen die Situation so, wie sie ist und bleiben gelassen“, sagt die Sechsfach-Mama und wiegt glücklich den kleinen Wotan, „der eigentlich meistens entspannt ist.“
