Hugh Grant glänzt im Horrorfilm „Herectic“: „Vielleicht habe ich eine schwarze Seele“

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Kann auch gruselig: In „Heretic“ spielt Hugh Grant einen sadistischen Atheisten. © Kimberley French/dpa

Hollywood-Beau Hugh Grant kann auch gruselig: Er glänzt jetzt im Horrorfilm „Heretic“. Ein Gespräch mit dem Briten über seinen Spaß an schwarzem Humor.

Als charmanter, tollpatschiger Herzensbrecher stolperte Hugh Grant stotternd durch romantische Komödien wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Notting Hill“ oder „Tatsächlich ... Liebe“. Dass er auch anders kann, hat er längst in Filmen und Serien wie „Florence Foster Jenkins“, „Wonka“ oder „The Undoing“ bewiesen. Im Horrorfilm „Heretic“, der am 26. Dezember 2024 in den deutschen Kinos startete, spielt er nun einen besonders fiesen Bösewicht: einen belesenen sadistischen Atheisten namens Mr. Reed, der zwei junge mormonische Missionarinnen in sein Haus lockt und in ein teuflisches Katz-und-Maus-Spiel verwickelt. Wir trafen den 64-jährigen Engländer in der Bibliothek des Berliner Hotels Adlon. Er ist dafür bekannt, keine Interviews zu mögen – doch wie schon in unserem jüngsten Gespräch vor acht Jahren präsentiert sich Mr. Grant auch diesmal gar nicht grantig, sondern offenherzig, selbstironisch und schwarzhumorig.

Kürzlich haben Sie in einem Interview angedeutet, dass Sie sich heute für einen wesentlich besseren Schauspieler halten als früher. Was ist da passiert?

Nun, im Laufe der Jahrzehnte habe ich einige nützliche Tricks zur Schauspielerei gelernt. Eines Tages werde ich sicher einen Bestseller über das Thema schreiben. Ihnen kann ich jetzt schon verraten, dass einige wirklich simple Tipps darunter sind. Wenn du beispielsweise morgens duschst, joggst und ein paar Übungen machst, bist du danach bei der Arbeit viel entspannter. Mein wichtigster Rat: Spiele niemals eine Szene so, wie du sie daheim vor dem Badezimmerspiegel geübt hast – das wird sonst stinklangweilig. Studiere deine Filmfigur genau, verinnerliche sie und agiere dann spontan aus dem jeweiligen Moment heraus. Versuche nie, einfach zu wiederholen, was du im vorangegangenen Take getan hast. Die Meisterin in dieser Disziplin ist Meryl Streep: Sie spielt jeden Take stets komplett anders. Unglaublich!

In „Heretic“ verkörpern Sie ein wahres Monster. Wie haben Sie sich die psychopathische Persönlichkeit von Mr. Reed erarbeitet?

Indem ich im Internet viel über echte Psychopathen recherchiert habe: Massenmörder, Sektenführer… Mich hat interessiert, ob sie bereits von Geburt an böse waren – oder erst nach einem traumatischen Erlebnis. Die meisten wurden offenbar schon als Schurken geboren. Im Falle von Mr. Reed glaube ich, dass er zudem einige negative Erfahrungen mit Frauen gemacht hat – und dass sein Bedürfnis, Frauen zu demütigen, eine Art Ersatzbefriedigung für sein völlig verkorkstes Liebesleben ist.

Wie haben Sie am Set Ihren beiden jungen Kolleginnen Sophie Thatcher und Chloe East das Fürchten gelehrt?

Ich dachte, es würde ihnen helfen, wenn ich ihnen auch nachts einfach ab und zu erscheinen würde. Manchmal starrte ich bloß durch ihr Zimmerfenster, manchmal stand ich stumm in der Ecke und trug eines ihrer Kleider. (Grinst.) Nein, das war natürlich nicht nötig. Sophie und Chloe sind schlichtweg brillant.

Woher kommt Ihr Faible für schwarzen Humor?

Keine Ahnung. Vielleicht habe ich eine schwarze Seele. Meine Frau denkt sogar, ich wäre in Wahrheit Mr. Reed. Wenn sie so etwas laut sagt, muss sie natürlich sofort wieder zurück in ihren Käfig. (Grinst.)

Werden alle Briten so geboren? Waren Sie bereits von Geburt an so? Oder erst nach einem traumatischen Erlebnis?

Es ist fast schon ein Klischee, wenn ein Schauspieler sagt: „In der Schule war ich der Klassenclown.“ Aber in meinem Fall stimmt es tatsächlich – ich wollte schon immer die Leute zum Lachen bringen.

Dustin Hoffman hat mir mal in einem Interview gesagt, der Ruhm würde die Menschen zwangsläufig verderben. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?

Meinte er, man mutiert zu einem Monster?

Das vielleicht nicht, aber zu einem arroganten, egozentrischen Sack.

Da hat er wohl Recht. Allerdings war ich vermutlich schon arrogant und egozentrisch, bevor ich berühmt wurde. Ich denke, am wichtigsten ist es, streng darauf zu achten, dass man sich nicht mit Ja-Sagern umgibt. Das beobachte ich leider oft. Wenn alle Leute dir ständig zustimmen und über deine Witze lachen, wird es richtig monströs.

Als Berühmtheit werden Sie natürlich in der Öffentlichkeit auch häufig erkannt. Wie reagieren die Menschen auf Sie? Sind sie nett zu Ihnen?

Sie filmen mich. (Pause.) Ja, sie filmen mich. Ungeniert. Und ich muss gestehen, dass mir das schwer zu schaffen macht – vor allem dann, wenn ich gerade mit meinen Kindern unterwegs bin. Smartphones sind wirklich die Pest. Man sollte sie alle mit dem Vorschlaghammer zertrümmern – oder ihren Besitzern damit das Maul stopfen. Ab in die Kehle damit! Und bei der Gelegenheit würde ich gleich noch dafür plädieren, sämtliche Laubbläser dieser Welt bei ihren Benutzern rektal einzuführen.

Nachdem „Heretic“ ausgerechnet am 26. Dezember 2024 gestartet ist, könnte man annehmen, dass Sie Weihnachten ebenso hassen wie Smartphones oder Laubbläser.

Nein, nicht ganz. Mir stellen sich nur die Nackenhaare auf, wenn ich schon im Oktober Weihnachtsgedudel ertragen muss. Würde Weihnachten vom 24. bis zum 25. Dezember dauern, könnte ich glatt zum Fan werden. Mit Jesu Geburt verbinde ich persönlich nicht viel, aber mit dem heidnischen Ursprung dieses Festes umso mehr: Die Tatsache, dass die Tage nun wieder länger werden, ist meiner Meinung nach ein wunderbarer Grund zum Feiern. Der schönste Tag des Jahres kommt für mich rund eine Woche später, wenn Londons Straßen voll mit toten Weihnachtsbäumen sind: Dann freue ich mich, dass der Spuk vorbei ist, und verpasse den Bäumen noch einen letzten Tritt.

Ihren Worten entnehme ich, dass Sie kein gläubiger Christ sind. Wie halten Sie es denn generell mit der Religion?

Es ist kompliziert. Ich fürchte, ich kann nicht an einen Sohn Gottes, einen heiligen Geist oder eine jungfräuliche Geburt glauben. Und ich kann auch nicht die unzähligen Gräueltaten vergessen, die im Namen der Religion begangen wurden. Aber ich denke, die Katholiken sind möglicherweise einem Geheimnis auf der Spur: Warum habe ich das Gefühl, dass es sich in katholisch geprägten Ländern besser lebt als in protestantischen? In Italien, Frankreich, Spanien oder Irland scheint es eine gesunde Kultur rund um Familie, Sünde und Lust zu geben. Das fasziniert mich.

Viele Häretiker ertappen sich dabei, dass sie in Krisensituationen zu beten beginnen…

Ja, ich habe ein Haus in Südfrankreich, und an manchen verzweifelten Tagen habe ich mich dort tatsächlich schon in der Dorfkirche vor der Statue von Sankt Laurentius wiedergefunden und gedacht: „Komm schon, Kumpel, hilf mir!“ Laurentius ist mein Lieblingsheiliger. Er starb als Märtyrer auf einem glühenden Eisenrost, und während er da lag und zu Tode gebrutzelt wurde, sagte er: „Dreht mich um – auf der anderen Seite bin ich noch nicht gut durchgebraten.“ Das ist wirklich schwarzer Humor! INTERVIEW: MARCO SCHMIDT

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