Europas größter Agrarhändler will rund 1.300 Stellen und 26 Standorte streichen
Die BayWa AG steckt tief im Minus und braucht dringend Cash. Ein Sanierungsgutachten fordert Kosteneinsparungen, Verkäufe von internationalen Beteiligungen und personelle Neuausrichtung. Hiervon nicht betroffen sind die 53 süddeutschen BayWa Bau- und Gartenmärkte, die bereits 2012 an den Baumarktbetreiber Hellweg verkauft wurden.
Region – Die Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG wurde 1923 gegründet und hat ihren Stammsitz in München. Schon bald machte der Volksmund daraus die BayWa. Getreide, Kunstdünger, Futtermittel und Maschinen waren damals das genossenschaftliche Kerngeschäft. Auch heute noch handelt die BayWa Gruppe mit Gütern und Dienstleistungen rund um die Grundbedürfnisse Ernährung, Wohnen, Wärme, Strom und Mobilität. Rund 25.000 Mitarbeiter sind in mehr als 50 Ländern angestellt.
Im Oberland finden sich bei der Online-Suche 14 BayWa-Standorte aus den Bereichen Agrar, Bau und Energie – beispielsweise Tankstelle Peiting, Agrarvertrieb Andechs, Technikzentrum Murnau und Landsberg, Baustoffe Fürstenfeldbruck, Haustechnik Bad Tölz. Die Anfrage unserer Redaktion nach Anzahl der dortigen Mitarbeiter konnte die Pressestelle der BayWa AG nicht beantworten.
Umsatzrückgang und hohe Schulden
Ende 2023 hatte der Konzern gut fünf Milliarden Euro Finanzschulden und mit Umsatzverlusten zu kämpfen. Auch 2024 läuft nicht besser. Laut drittem Quartalsbericht 2024 liegt das Ergebnis bei minus 640 Millionen Euro.
Vor allem die Sparten Energie und Bau laufen momentan nicht rund. Die hohen Verluste im Segment Regenerative Energien resultieren vor allem aus Vorratsabwertungen bei Solarmodulen, verschobenen Projektverkäufen und sinkenden Strompreisen. Im Segment Bau ist die schwache Konjunktur im Wohnungsbau der wesentliche Grund.
Jetzt legte die BayWa AG ein weitreichendes Transformationskonzept vor: eine organisatorische Verschlankung, zahlreiche operative Einsparmaßnahmen sowie die Veräußerung von wesentlichen internationalen Beteiligungen.
Die durch Unternehmensverkäufe frei werdenden Mittel sollen zur Stärkung der Liquidität und zur Schuldentilgung verwendet werden. Allerdings dürften dadurch auch die zukünftigen Konzernumsätze geringer werden. Im operativen und organisatorischen Bereich sollen über alle Geschäftsfelder hinweg Kosten eingespart sowie Prozesse optimiert werden. Dazu gehört vorrangig die Verschlankung der Verwaltungsfunktionen und eine Transformation des IT- Bereichs.
BayWa-Kommunikationsleiter Dr. Frank Herkenhoff erklärt online: „Im Rahmen des Transformationskonzeptes plant die BayWa AG bis 2027 den Abbau von bis zu 1.300 der aktuellen knapp 8.000 Vollzeitstellen.“ Der Großteil des Stellenabbaus soll nicht in der Fläche stattfinden, sondern insbesondere in den zentralen Verwaltungseinheiten. Rund 40 Prozent der Stellen möchte man hier bis Ende 2027 in Absprache mit dem Betriebsrat streichen. In der Fläche wurde laut Konzernführung das bestehende Standortnetz auf Nachfrage und Profitabilität überprüft. Die Analyse habe ergeben, dass weitere 26 der derzeit gut 400 Standorte auch langfristig nicht wirtschaftlich betrieben werden können und deshalb bis Ende 2027 geschlossen werden.
Weniger Umsatz, weniger Schulden, aber mehr verdienen – so will die BayWa AG bis 2027 aus den roten Zahlen kommen. Welche Mitarbeiter gehen müssen und welche Standorte betroffen sind , darüber möchte die Zentrale in München momentan noch keine Auskunft geben.