Bürgergeld und Mindestlohn – eine Frage der Gerechtigkeit
Kanzler Scholz stellt sich an die Seite von Finanzminister Lindner. Die Mindestlohndebatte könnte er aber anderen überlassen. Ein Kommentar von Mike Schier.
München – Einmal Finanzminister, immer Finanzminister. Vielleicht ist es ja der Prägung von Olaf Scholz im alten Amt geschuldet, dass sich der Bundeskanzler jetzt erstaunlich klar an die Seite seines Nachfolgers Christian Lindner stellt. Ihre Parteizugehörigkeit – hier der Genosse, dort der Liberale – kann eigentlich nicht der Grund sein.
Statt wegen Lindners Pochen auf die Schuldenbremse in die Schnappatmung seiner SPD-Freunde einzustimmen, sagt Scholz: „Jetzt ist erst mal Schwitzen angesagt.“ Offenbar will er verhindern, dass die FDP sein wackeliges Regierungsbündnis endgültig zum Einsturz bringt.
Am Ende müsste – wie schon so oft – ein Ampel-Kompromiss stehen. Und eigentlich wäre die Lösung recht einfach, wenn man eine simple Prämisse zugrunde legt: Fleiß, Einsatz und Leistung sollen sich lohnen. Dann könnten SPD und Grüne die Rente mit 63 behalten, die jenen zusteht, die früh zu arbeiten begonnen und über vier Jahrzehnte Beiträge gezahlt haben.
Fachkräftemangel ist ein Mangel an einfachen Arbeitskräften
Im Gegenzug müsste man aber ran ans Bürgergeld. Zum einen in der Höhe. Zum anderen sollte man die Praxis beenden, dass es automatisch allen Ukraine-Flüchtlingen zusteht. In den ersten Kriegsmonaten war das richtig. Doch nach zwei Jahren im Land sollte es zur Regel werden, dass jeder selbst für sein Auskommen sorgt.
Der oft zitierte „Fachkräftemangel“ ist auch ein Mangel an einfachen Arbeitskräften. Längst merkt man das im Alltag, weil überall Hilfspersonal in Restaurantküchen oder zum Auffüllen von Supermarktregalen fehlt. Für solche Jobs braucht man weder umfassende Schulbildung noch fließende Deutschkenntnisse, sondern nur den Willen, mit anzupacken. Viele Arbeitgeber zahlen deshalb schon freiwillig mehr als den gesetzlichen Mindestlohn.
Kanzler Scholz könnte Mindestlohndebatte anderen überlassen
Olaf Scholz müsste sich also gar nicht in die Mindestlohndebatte einmischen, sondern könnte das der dafür zuständigen Kommission überlassen. Diese wurde 2015 von der SPD-Politikerin Andrea Nahles eingeführt, um den Mindestlohn nicht der Willkür einer politischen Debatte zu überlassen. Ausgerechnet ihre Partei führt diese nun. Scholz sollte sich lieber um den gerechten Abstand kümmern: Diejenigen, die arbeiten, müssen mehr haben als diejenigen, die nichts tun. Dafür gibt es mindestens zwei Stellschrauben. (Mike Schier)