Außenminister Amir-Abdollahian ebenfalls tot: Der Iran verliert einen harten Diplomaten
Auch Irans Außenminister Amir-Abdollahian ist bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Wer war der umstrittene Diplomat?
Teheran – Hossein Amir-Abdollahian, geboren 1964 in Damghan, genoss eine lange Karriere im diplomatischen Dienst, in der er wichtige Rollen in der iranischen Außenpolitik übernahm. Bei einem Hubschrauberabsturz kam der amtierende Verteidigungsminister gemeinsam mit seinem Präsidenten Ebrahim Raisi ums Leben. Amir-Abdollahians Positionen waren in vielen Fällen umstritten, sein Tod wirft in der politischen Landschaft des Nahen Ostens dennoch einige Fragen auf.
Hossein Amir-Abdollahian | |
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Geboren: | 23. April 1964 in Damghan |
Gestorben: | 19. Mai 2024 in Varzaqan (Provinz Ost-Aserbaidschan) |
Funktionen: | Iranischer Außenminister (2021-2024), Diplomat, Politiker, Autor |
Auch Irans Außenminister Amir-Abdollahian stirbt bei Helikopter-Unglück
Amir-Abdollahian – der gemäß Al Jazeera gute Beziehungen zum iranischen obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei unterhielt – gab sich in seiner politischen Laufbahn nicht selten den Anschein, als Vermittler auftreten zu wollen und sprach sich zumindest offiziell in internationalen Foren regelmäßig für Diplomatie und politische Lösungen aus. „Krieg und militärische Spannungen nützen keiner Partei“, betonte er, so ABC News, wiederholt in der Öffentlichkeit.
Dies spiegelte sich auch in jüngsten Äußerungen in New York Ende April wider, in denen er den Fokus auf Friedensgespräche und Versöhnung setzte. Medienberichten zufolge betonte Amir-Abdollahian im Rahmen einer Reise, bei der er an mehreren UN-Sitzungen teilnahm, dass eine politische Lösung der Konflikte im Nahen Osten notwendig sei. Andererseits forderte er Israel – kurz nach der Attacke des Irans auf israelisches Gebiet – einseitig auf, seine in seinen Augen begangenen „Kriegsverbrechen“ einzustellen.

Amir-Abdollahian: Hardliner initiiert Wandel zur härteren Politik
Fakt ist: Irans oberster Diplomat Amir-Abdollahian war ein Hardliner und stand dem paramilitärischen Revolutionären Garde Irans nahe. Er konfrontierte den Westen, dem er stets skeptisch gegenüberstand, hart und regelmäßig und war maßgeblich an den indirekten Gesprächen mit den USA über das iranische Atomprogramm beteiligt.
Er verkörperte den Wandel hin zu einer härteren Politik, urteilt ABC News, nachdem der damalige US-Präsident Donald Trump 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen war.

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Unterstützer der harten Linie gegen Massenproteste 2022
Amir-Abdollahian diente unter mehreren Außenministern und hatte verschiedene diplomatische Posten inne, bevor er 2021 Außenminister unter Präsident Ebrahim Raisi wurde. In dieser Funktion unterstützte er die strikte Linie des Regimes, auch angesichts der Massenproteste 2022, die durch den Tod von Mahsa Amini ausgelöst wurden.
Ein UN-Untersuchungsausschuss stellte fest, dass der Iran für die „physische Gewalt“ verantwortlich war, die zu Aminis Tod führte. Die darauffolgende grausame Niederschlagung der Proteste forderte mehr als 500 Todesopfer und führte zu über 22.000 Verhaftungen.

Amir-Abdollahians Bemühungen Irans Isolation zu beenden
Unabhängig seiner harten Linie gegenüber dem Westen hat Amir-Abdollahian auch diplomatische Bemühungen in der Region im Sinne seines Landes vorangetrieben, um die Isolation des Irans zu beenden. Er war etwa an den Bemühungen um eine Entspannung mit Saudi-Arabien im Jahr 2023 beteiligt, die jedoch seit dem Herbst 2024 durch die Spannungen um den Israel-Hamas-Krieg, der mutmaßlich vom Iran mit vorangetrieben wurde, überschattet wurden.
Er blieb stets nahe an der revolutionären Garde und lobte den verstorbenen General Qassem Soleimani, der 2020 bei einem US-Drohnenangriff in Bagdad getötet wurde, überschwänglich. „Sie sollten der Islamischen Republik und Qassem Soleimani danken, weil Soleimani zu Weltfrieden und -sicherheit beigetragen hat“, hatte Amir-Abdollahian gemäß ABC News erklärt. „Wenn es die Islamische Republik nicht gäbe, wären Ihre U-Bahn-Stationen und Versammlungsorte in Brüssel, London und Paris nicht sicher.“

Verstorbener Verteidigungsminister Irans: Drohungen und Attacken gegen Israel
Während des jüngsten Konflikts in Israel traf er sich mit ausländischen Offiziellen und Hamas-Führern und drohte Israel, auch im Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres, wiederholt mit Vergeltung. Auch forderte er ein internationales Komitee zur Untersuchung mutmaßlicher israelischer Verbrechen. Finanziell sowie mit Militärgütern unterstützt der Iran, auch unter Amir-Abdollahian, die Hamas-Aktivitäten bereits seit Jahren.
Erst kürzlich unterstrich der knapp vier Wochen nach seinem 60. Geburtstag verunglückte Politiker seine Aversionen gegenüber Israel und dessen Militäroperationen im Gazastreifen: Erstmals in der Geschichte der Islamischen Republik griff Iran seinen Erzfeind direkt an. Diese Aktion, teilte er laut Spiegel auf einer Pressekonferenz mit, ziele auf eine „legitime Selbstverteidigung und die Bestrafung des israelischen Regimes“ ab.
Verbesserte Beziehungen zu Russland und China
Ebenfalls große Nähe wurde dem verstorbenen iranischen Außenminister, schreibt unter anderem das Portal YNetnews.com, zur libanesischen Terrororganisation Hisbollah und ihrem Anführer Hassan Nasrallah sowie zur politisch-militärischen Bewegung Huthi im Jemen zugeschrieben. Auch arbeitete er zuletzt vermehrt daran, die Beziehungen seines Landes zu Russland und China zu stärken. Waffenlieferungen an Moskau für den Ukraine-Krieg dementierte Amir-Abdollahian, trotz entsprechender Funde im Kriegsgebiet, lange Zeit vehement.
Im Sinne seiner harten Rhetorik und unnachgiebigen Haltung war Amir-Abdollahian, der seine Frau und zwei Kinder hinterlässt und Autor zahlreicher Bücher über Politik und Diplomatie war, bestrebt, den Einfluss Irans in der Region zu festigen. Sein Tod hinterlässt Fragen über die zukünftige Richtung der iranischen Außenpolitik und die Weiterführung seiner oft umstrittenen Strategien. (chnnn)
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