EU ringt um Milliarden für Rüstung: Industrie bereit, „Bedürfnisse zu erfüllen“ – unter zwei Bedingungen
Nach Donald Trumps Abkehr von der Unterstützung der Ukraine ringt die EU um einen gemeinsamen Verteidigungsplan. Die Rüstungsindustrie ist bereit. Doch woher kommt das Geld?
Brüssel – Olaf Scholz hatte bereits nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar 2022 die „Zeitenwende“ ausgerufen. Mit der Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump büßen die europäischen Staaten nun den nächsten verlässlichen Partner ein. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten beraten deshalb, wie sie eine neue europäische Verteidigungspolitik organisieren können. Dabei sind auch die Fragen zentral: Wie wird die Rüstungsproduktion in Gang gesetzt? Und woher kommt das Geld?
EU-Gipfel zur Verteidigungspoltik: Europäische Rüstungsindustrie bringt sich in Stellung
Ein Vorschlag zum europäischen Verteidigungsplan sieht eine „Made in Europe“-Klausel enthalten, um europäische Hersteller zu bevorzugen. Einigkeit darüber gibt es laut Tagesschau.de darüber in der EU nicht. Doch die europäische Rüstungsindustrie sieht sich für die Aufrüstung in Europa bereit. So erklärte der Verband der europäischen Luftfahrt-, Sicherheit und Verteidigungsindzstrie (ASD): „Die europäische Verteidigungsindustrie ist bereit und in der Lage, ihre Produktion weiter zu erhöhen, schneller zu liefern und die Europäischen Bedürfnisse zu erfüllen.“
Dazu seien langfristige Aufträge nötig, so die Rüstungsbranche. Zudem sollen die Bestellungen möglichst einfach und harmonisiert stattfinden. Die Rüstungsunternehmen erhoffen sich also eine gemeinsame Bestellung der EU-Staaten, keine kleinteiligen Aufträge. Dazu hat auch EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius einen konkreten Plan, um die Staaten bei der Organisation und Priorisierung zu unterstützen.
Von der Leyen will 800 Milliarden Euro für Aufrüstung der EU – doch Finanzierung ist Streitthema
Entscheidend für die militärische Aufrüstung ist jedoch die Finanzierung. 800 Milliarden Euro würde EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Verteidigung in den kommenden zehn Jahren gerne als zusätzliche Militärausgaben bereitstellen. Von der Leyen sieht dabei einen neuen Fonds von 150 Milliarden Euro vor, der auch für Militärhilfen für die Ukraine genutzt werden soll.
Diesen Plan hatte sie bereits vor dem EU-Gipfel vorgestellt. Die Frage ist dabei jedoch, ob die Mitgliedsstaaten sich darauf einigen können, die EU-Schuldenregeln aufzuweichen.
Von der Leyen hatte mit dem „Plan zur Wiederbewaffnung Europas“ den Vorschlag gemacht, den EU-Staaten die Aufnahme von Krediten zu erleichtern, ohne dass sie gegen die Defizitregeln verstoßen und Strafzahlungen in Kauf nehmen müssen. Das wäre über eine Ausnahmeregel möglich, die „angesichts der außergewöhnlichen Umstände“ erlaubt, Kredite für Verteidigung nicht auf die nationalen Schuldengrenzen anzurechnen. So planen auch Union und SPD, Militärausgaben über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts von den Regeln der deutschen Schuldenbremse auszunehmen.
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Geld für EU-Aufrüstung könnte aus Umschichtung bestehender Mittel kommen
Die Staats- und Regierungschefs könnten sich laut der Wirtschaftswoche auf eine Mischung aus einer nationalen und gemeinsamen Finanzierung einigen. Optionen sind dabei die Beteiligung der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder die Verwendung der gesperrten russischen Vermögenswerte in der EU. Letztere werden auf etwa 300 Milliarden Euro geschätzt.
Die EU-Kommission könnte dabei Mittel aus dem bestehenden Haushalt umwidmen. Ziel sei es, zusätzliche Finanzquellen „unter anderem durch eine größere Flexibilität bei der Nutzung der Strukturfonds“ zu erschließen, zitierte die Wirtschaftswoche aus dem Entwurf der Gipfelerklärung. Es dürften jedoch keine Verteidigungsausgaben aus dem gemeinsamen EU-Budget finanziert werden. Das Geld könne jedoch in die Infrastruktur fließen. Auch 93 Milliarden aus dem Corona-Wiederaufbaufonds könnten dadurch genutzt werden.
Aufrüstung durch EU-Verteidigungsfonds ist unwahrscheinlich
Gemeinsame Schulden der EU zur Aufrüstung – etwa in Form eines umstrittenen Verteidigungsfonds – sind jedoch unwahrscheinlich. Nordeuropäische Staaten lehnen gemeinsame Schulden ab. Damit dürften die Staats- und Regierungschefs vor allem die Umverteilung anderer Mittel und eine nationale Finanzierung bevorzugen. Doch gerade durch Viktor Orban droht auch dabei Uneinigkeit.