15 Euro Mindestlohn für Erntehelfer: Kostenschock bei Obst und Gemüse droht – „wird unbezahlbar“

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Ein baldiger Mindestlohn von 15 Euro alarmiert Landwirte: Obst und Gemüse werde unbezahlbar. Denn Ernte-Saisonarbeiter müssen voll entlohnt werden.

Berlin/Adelzhausen – 15 Euro Mindestlohn für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft: Dieses Thema bewegt deutsche Gemüse- und Obstbauern. Die Landwirte fürchten, dass sie dann auf ihren Erdbeeren und Himbeeren, Äpfeln und Birnen, Gurken und Zucchini sitzen bleiben – weil sie durch explodierende Lohnkosten zu teuer werden.

Mindestlohn von 15 Euro für Saisonarbeiter als Erntehelfer? Landwirte schlagen Alarm

Für Klaus Mahl vom Obsthof Mahl in Adelzhausen in Oberbayern ist das Thema ein „wunder Punkt“, wie er gegenüber Merkur.de von Ippen.Media am Telefon schilderte. Er zahlt seinen rund 100 Saisonarbeitern, die jedes Jahr für ein paar Wochen oder Monate zum Obstpflücken von Rumänien auf seinen Hof kommen, den aktuellen Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro. „Mehr ist nicht drin“, warnt er.

Bei noch höheren Lohn für die Erntehelfer müsse er die Preise für seine Erdbeeren, Himbeeren, Äpfel, Birnen und seinen Spargel deutlich erhöhen. Abkaufen werde sie ihm der Einzelhandel dann aber wohl nicht mehr, befürchtet er.

Erntehelfer arbeiten auf einem Acker. Obst- und Gemüsebauern setzen für die Ernte oft auf Saisonarbeiter aus dem Ausland. Der gesetzliche Mindestlohn bringt sie in Bedrängnis.
Erntehelfer arbeiten auf einem Acker. Obst- und Gemüsebauern setzen für die Ernte oft auf Saisonarbeiter aus dem Ausland. Der gesetzliche Mindestlohn bringt sie in Bedrängnis. © IMAGO/Michael Bihlmayer

Bauernverband warnt vor Mindestlohn: Deutsches Obst und Gemüse nicht mehr konkurrenzfähig

Auch der Bauernverband warnt, dass deutsche Obst- und Gemüsebauern bei einem baldigen gesetzlichen Mindestlohn von knapp 15 Euro nicht mehr mithalten können. Der Einzelhandel werde Obst und Gemüse dann wohl irgendwo anders in Europa einkaufen, schlug Bauernverband-Präsident Joachim Rukwied in einem WDR-Interview Alarm. In Spanien bekommen die Erntehelfer rund 8 Euro, in Polen 7 Euro pro Stunde – in Deutschland soll es mit 15 Euro bald doppelt so viel sein.

Bauernband-Präsident Joachim Rukwied forderte deshalb, den Lohn für Saisonarbeiter auf 80 Prozent des Mindestlohns zu begrenzen. Der neue Landwirtschaftsminister der Merz-Regierung, Alois Rainer von der CSU, zeigte sich zunächst offen dafür. Er ließ den Vorschlag in seinem Ministerium prüfen.

Landwirtschaftsminister: Mindestlohn darf für Saisonarbeiter bei Ernte nicht geringer ausfallen

Jedoch: Der Mindestlohn darf auch für saisonale Erntehelfer nicht gekürzt werden, gab das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch (16. Juli) gegenüber Merkur.de bekannt. „Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn sind nicht möglich. Dies ergibt sich zum Beispiel aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes“, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums gegenüber unserer Redaktion. Der Mindestlohn sei als „absolute Lohnuntergrenze“ gesetzlich verankert, das gelte auch für kurzfristig Beschäftigte und Saisonkräfte. Bauernverband-Präsident Rukwied hatte zuvor argumentiert, dass Saisonarbeiter ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland hätten und deshalb eine geringere Entlohnung gerechtfertigt sei.

Kürzung des Mindestlohns für Saisonarbeiter in Landwirtschaft? Obstbauer sieht Probleme

Obstbauer Klaus Mahl sieht in einer Kürzung des Mindestlohns für Saisonarbeiter auf seinem Betrieb ohnehin nicht die Lösung. „Das Problem lässt sich so nicht langfristig beseitigen“, glaubt er. Würde die Landwirtschaft weniger als den Mindestlohn bezahlen, andere Branchen aber nicht, würden die guten Leute unter den Saisonarbeiter sofort in andere Sparten abwandern, glaubt er.

Zurück blieben die wenig motivierten und ineffektiven Arbeiter, die er teilweise jetzt schon wieder nach Hause schicken müsse, weil sich ihre Arbeit nicht rentiere bei dem Stundenlohn, die er ihnen gesetzlich zahlen muss. Seit es den Mindestlohn gäbe, blieben seine Saisonarbeiter auch nicht mehr zwei, drei Monate als Erntehelfer auf seinem Hof, so wie früher. Nach sechs bis acht Wochen würden sie oft wieder abreisen – „weil dann das Geld langt“, so Mahl.

Mindestlohn von 15 Euro: Landwirtschaftsminister Rainer will Landwirtschaft unterstützen

Was ist die Lösung? Landwirtschaftsminister Alois Rainer räumte gegenüber Merkur.de ein: „Die schrittweise Erhöhung des Mindestlohns stellt viele Höfe vor großen Herausforderungen.“ Besonders dort, wo noch echte Handarbeit gefragt sei wie beim Obst- und Gemüseanbau. Obstbauer Mahl befürchtet langfristig Einbußen von 350.000 Euro durch steigende Lohnkosten, die er unmöglich durch höhere Preise für seine Beeren und Äpfel ausgleichen könne: „Das wird für den kleinen Mann dann irgendwann unbezahlbar.“

Von CSU-Landwirtschaftsminister Rainer hieß es gegenüber unserer Redaktion, man wolle die landwirtschaftlichen Betriebe anderweitig unterstützen: „Wir reduzieren die Bürokratiekosten, wir erwarten, dass die sozialversicherungsfreie Kurzzeitbeschäftigung auf 90 Tage erhöht wird, senken die Stromsteuer, schaffen die Gasspeicherumlage ab und entlasten auch wieder beim Agrardiesel.

Obstbauer warnt vor Folgen des Mindestlohns in der Ernte – „hört sich böse an“

Obstbauer Klaus Mahl dagegen glaubt, um seinen Betrieb konkurrenzfähig zu halten, muss er „technisieren, modernisieren und die schwächsten unter den Erntehelfer wieder nach Hause schicken – das hört sich böse an, ist aber so“. (smu)

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