„Jeder andere Demokrat wäre besser“: Biden pocht auf Kandidatur – An Ukraine-Front wächst die Sorge

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Nach seinem jüngsten Patzer auf dem Nato-Gipfel wachsen die Zweifel am US-Präsidenten. Sogar ukrainische Soldaten blicken beunruhigt nach Washington – doch Biden will weitermachen.

Washington, D.C. – Es war ein Versprecher, der um die Welt ging. Als US-Präsident Joe Biden auf dem Nato-Gipfel in Washington seinen ukrainischen Amtskollegen ankündigen wollte, nannte er ihn ausgerechnet „Präsident Putin“. Wolodymyr Selenskyj lächelte den Vorfall weg und erklärte mit Blick auf den russischen Präsidenten knapp: „Ich bin besser.“ Doch der jüngste Vorfall schürt weitere Zweifel an der geistigen Fitness des US-Präsidenten an. Zweifel, die inzwischen auch die ukrainischen Soldaten an der Font erreicht haben und beschäftigen.

An der Front im Ukraine-Krieg wächst der Zweifel an Biden – „Jeder andere Demokrat wäre besser“

„Ich glaube, dass Biden sofort (aus dem Wahlkampf, Anm. d. Red.) entfernt werden sollte“, sagte ein Junior Lieutenant aus der 63. Mechanisierten Brigade mit dem Namen Pavlo dem Portal The Kyiv Independent. Pavlo ist mit seiner Einheit in der Donbas-Region an der Front stationiert und sorgt sich mit seinen Kameraden über den weiteren Verlauf des Krieges, sollte Donald Trump bei der Wahl im November die Rückkehr in Weiße Haus gelingen. Biden hält der Soldat vor allem wegen seines Alters nicht für den geeigneten Kandidaten, um Trump Paroli zu bieten. „Jeder andere Demokrat wäre besser als er“, sagte Pavlo klar.

 US-Präsident Joe Biden und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einer Pressekonferenz im Rahmen des Nato-Gipfels in Washington.
Als „Präsident Putin“ kündigte US-Präsident Joe Biden (r.) Wolodymyr Selenskyj an. Die Sorge über Bidens geistige Fitness wächst auch in der Ukraine. © LUDOVIC MARIN/AFP

US-Wahlkampf erreicht Ukraine-Front – Sorge um Militärhilfen für Ukraine-Krieg nach Trump-Rückkehr

Die politischen Vorgänge im US-Wahlkampf bleiben auch den ukrainischen Einheiten an vorderster Front nicht verborgen. Im Gegenteil ist es für die Soldaten von großer Bedeutung, wer in den kommenden vier Jahren der Präsident der Vereinigten Staaten sein wird. Die USA sind der größte Geldgeber der Ukraine im Krieg gegen Russlands. Seit der russischen Invasion im Februar 2022 steht Washington im Kampf gegen Putin an der Seite Kiews und lieferte unter anderem das Luftabwehrsystem Patriot und den Kampfpanzer Bradley. Ausrüstung, welche die Männer und Frauen an der Front dringend brauchen und täglich benutzen.

„Trotz seines Alters und der Tatsache, dass er aktiver sein muss, ist er ein Freund der Ukraine, während Trump ein Populist ist“, sagt Oleh, ein Drohnenoperator aus der 110. Mechanisierten Brigade The Kyiv Independent. Biden stellt für den ukrainischen Soldaten jedoch nur eine Zwischenlösung dar. Er „ist leider schon alt“ und „wir brauchen jemanden, der aktiver, produktiver und jünger ist“, sagte Oleh weiter.

Biden pocht trotz erneuter Patzer auf Kandidatur bei US-Wahl 2024 – „Wir werden gewinnen“

Biden war nach dem Ende des Nato-Gipfels für eine Wahlkampfveranstaltung in den US-Bundesstaat Michigan gereist. Trotz immer lauter werdenden Rücktrittsforderungen hatte der US-Präsident sich dort kämpferisch gezeigt. „Wir müssen diese Arbeit zu Ende bringen. Und ich verspreche Ihnen, dass es mir gut geht“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP Biden.

Bei einer Rede in der Metropole Detroit sagte der US-Präsident: „Es gab zuletzt viele Spekulationen. Was wird Joe Biden tun, wird er im Rennen bleiben, wird er aussteigen? Hier ist meine Antwort: Ich kandidiere und wir werden gewinnen.“

Kamala Harris als Plan B gegen Trump bei US-Wahl 2024: Biden will nicht für Stellvertreterin verzichten

Fraglich ist ohnehin, wer Joe Biden nach einem möglichen Rückzug als Präsidentschaftskandidat der Demokraten ersetzen könnte. Knapp vier Monate vor der Wahl wäre das Unterfangen eine nahezu unlösbare Aufgabe. Bidens Vize-Präsidentin Kamala Harris wäre die offensichtliche Wahl, doch der US-Präsident erklärte bereits in einer Pressekonferenz am Freitag, nicht zugunsten seiner Stellvertreterin zurückziehen zu wollen.

Trump oder Biden? Es wird spannend im US-Wahlkampf

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Auf die Frage einer Journalistin, ob Biden Harris die Kandidatur überlassen würde, wenn Umfragen ihr bessere Chancen auf einen Erfolg gegen Trump ausrechnen würden, erwiderte Biden: „Nein, außer sie (Bidens Wahlkampfteam, Anm. d. Red.) kämen zu mir und sagten: ‚Es gibt keinen Weg, dass Sie gewinnen können‘.“ Es gäbe jedoch keine Umfrage – führte Biden weiter aus – die das aussagen würde. Als Biden Harris bei einer vorangegangenen Pressekonferenz das Vertrauen aussprechen wollte, hatte er sie irrtümlicherweise „Vizepräsident Trump“ genannt.

Ukrainische Soldaten hoffen auf US-Wähler – „Russland wird andere NATO-Länder angreifen“

An der Front im Donbas ruht die Hoffnung derweil auf den US-amerikanischen Wählerinnen und Wählern. Mykola Melnyk, Senior Lieutenant der ukrainischen Armee, sagte im Gespräch mit The Kyiv Independent, dass die Ukraine auch die Interessen der USA im Krieg gegen Russland beschützen würde. „Entweder kämpfen die USA mit uns und nicht hinter unserem Rücken, oder die Ukraine wird verlieren und Russland wird andere NATO-Länder angreifen und dann müssen die Amerikaner ihre Soldaten in Särgen begraben“, sagte Melnyk. Das sollten die Wähler sich vor der US-Wahl bewusst machen, forderte der Soldat. (fd)

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