Knapp 2800 Beamte und Beamtinnen in NRW sind länger als ein halbes Jahr dienstunfähig gemeldet. 115 von ihnen fehlen seit über drei Jahren, weitere 41 sogar seit mehr als fünf Jahren. Nur 1552 Beamte mussten sich allerdings bisher amtsärztlich untersuchen lassen. Insgesamt geht jeder sechste Ausfalltag bei den 282.000 verbeamteten Staatsdienern in NRW auf Langzeiterkrankte zurück.
Dies geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der FDP an den Unterausschuss Personal des Landtags hervor, die FOCUS online vorliegt.
Schulressort besonders betroffen
Fast die Hälfte der längeren Krankschreibungen in NRW entfällt auf das Schulressort mit 1388 Fällen. Das Ministerium bewertet dies als überschaubar: „Im Verhältnis zu den landesweit rund 170.600 verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern entspricht dies einem Anteil von 0,036 Prozent“, erklärte ein Sprecher gegenüber der "Rheinischen Post".
772 Lehrkräfte mussten den Amtsarzt aufsuchen. Im Justizressort waren es knapp 80 Prozent von insgesamt 550 Langzeitkranken, im Finanzministerium weniger als die Hälfte von 241 Fällen, im Innenministerium 39 Prozent von 568 Langzeitkranken.
Amtsärztliche Untersuchungen: Viele Beamte umgehen Pflicht
Zwischen 2023 und 2025 wurden knapp 1600 Beamte nach einem Amtsarztbesuch aus dem Dienst entlassen. Im gleichen Zeitraum klagten 64 Landesbeamte auf eine medizinische Begutachtung – darunter eine Lehrerin aus Duisburg, die 16 Jahre krankgeschrieben war.
Aktuell sorgt ein Fall in Köln für Aufsehen: Ein Lehrer ließ sich ein Jahr lang krank schreiben, trat aber gleichzeitig in mehreren Kochshows auf. Mögliche Disziplinarmaßnahmen reichen von Verweis, Gehaltskürzung, Versetzung bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Beamtenstatusgesetz und die Pflicht zur amtsärztlichen Untersuchung
Das Beamtenstatusgesetz sieht vor, dass länger erkrankte Beamte, die drei Monate binnen eines halben Jahres keinen Dienst verrichten, zu einem Besuch beim Amtsarzt verpflichtet werden können. In der Praxis hängt diese Entscheidung jedoch vom Dienstherrn ab.
Die niedrige Zahl amtsärztlicher Besuche bei Polizeibeamten in NRW erklärt das Innenministerium mit mehreren Faktoren. Verfahren bei Polizeidienstunfähigkeit (PDU) werden oft ausgesetzt, wenn eine Rückkehr innerhalb von sechs Monaten wahrscheinlich ist. Auch bei lebensbedrohlichen Erkrankungen wird teilweise auf eine Untersuchung verzichtet.
CDU-Innenminister will Polizeidienststellen sensibilisieren
Nach Ansicht von NRW-Innenminister Herbert Reul müssen die Polizeidienststellen stärker auf Langzeiterkrankte achten. Das LAFP soll berichten, warum zahlreiche Dauerausfälle noch nicht mit dem Ausscheiden aus dem Dienst geendet haben. „Weiter wird sichergestellt, dass Nebentätigkeiten während der Krankheit bereits in der Erstgenehmigung zu untersagen sind“, erklärt Reul.
FDP fordert landesweite Standards
FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel kritisiert die geringe Zahl amtsärztlicher Untersuchungen und fordert einheitliche, landesweite Standards im Umgang mit Langzeitkrankheitsfällen. „Es kann nicht sein, dass diese Klientel so einfach durch das System hindurchschlüpfen kann“, so Witzel.
SPD fordert Ursachenanalyse und gleiche Maßstäbe
Auch Stefan Zimkeit, SPD-Fraktionssprecher für Personal und Landesverwaltung, fordert klare Regeln: „Wenn so viele Landesbeamtinnen und Landesbeamte langzeiterkrankt sind, muss die Landesregierung die Ursachen prüfen.“ Zimkeit kritisiert die ungleichen Quoten der Amtsarztbesuche und fordert einen einheitlichen Maßstab, um Willkür zu vermeiden.