Gehören Sie dazu? Ab wann Ihre Bank Sie für „reich“ hält

Haben Sie ein abbezahltes Eigenheim? Dann haben Sie bereits eine gute Chance, zu den reichsten zehn Prozent in Deutschland zu gehören. Ab rund 450.000 Euro Nettovermögen ist das der Fall, also all Ihrem Besitz abzüglich Schulden. 

Für Ihre Bank sind Sie deswegen aber kein besonders begehrenswerter Kunde. Den Instituten ist Ihr Vermögen völlig egal. Logisch, denn mit einem abbezahlten Haus kann eine Bank kein Geld mehr verdienen. Wichtig für sie: Wie viel Geld haben Sie flüssig zur Verfügung? Nur diese Summe kann angelegt werden und nur über Geldanlagen verdienen die Institute Provisionen.

Bankkunden in drei Kategorien eingeteilt

So werden Bankkunden üblicherweise in drei Kategorien eingeteilt. Als „reich“ (zu Englisch: „affluent“) gelten Sie dabei schon ab einem liquiden Nettovermögen von 100.000 Euro. Im Deutschen würden wir dafür eher den Ausdruck „wohlhabend“ benutzen. Ab einer Million Euro sind Sie ein „High-Net-Worth-Individual“, im deutschen Sprachgebraucht ein „Reicher“. Und wenn Sie gar mindestens 30 Millionen Euro zur Verfügung haben, dann sind Sie ein „Ultra-High-Net-Worth-Individual“ oder ein „Superreicher“.

Das Logo der Deutschen Bank leuchtet an der Fassade der Unternehmenszentrale. Die Deutsche Bank legt an diesem Donnerstag Zahlen für das erste Quartal 2024 vor.
Das Logo der Deutschen Bank leuchtet an der Fassade der Unternehmenszentrale. Arne Dedert/dpa

Die Zahl dieser Personen in Deutschland steigt stetig. Der Global Wealth Report der Boston Consulting Group schätzt die Gruppe der Superreichen mit mehr als 100 Millionen Dollar Vermögen – darunter auch nicht-liquides - mittlerweile auf 3300 Personen. Hinzu kommen 550.000 Dollar-Millionäre, 30.000 mehr als noch vor einem Jahr. Dabei sind das nicht einmal die begehrtesten Kunden für Banken. Sie halten vor allem nach den Menschen eine Klasse darunter, den „Wohlhabenden“, Ausschau. 

Banken schätzen Wohlhabende am meisten

Der Grund dafür ist eine pure Kosten-Nutzen-Rechnung. Generell gilt, je weniger Geld Sie anlegen, desto mehr lässt sich Ihre Geldanlage automatisieren. Wer 100 Euro jeden Monat ansparen möchte, der braucht keinen persönlichen Berater. Da reicht ein Online-Portal mit ein paar grundlegenden Informationen zur Geldanlage und einer automatisierten Auswahl an Fonds. Die Margen liegen hier entsprechend meist bei weniger als einem Prozent, was weder in relativen noch in absoluten Zahlen viel Geld ist.

Wenn Sie aber mehr als 100.000 Euro anlegen, dann lohnen sich für Banken auch diese geringen Margen schon. Hier lässt sich oft schon 1 Prozent oder mehr pro Jahr als Provision erzielen. Aber: Mit der Summe der Geldanlage steigt auch der Bedarf nach persönlicher Beratung und grundsätzlich tragen Millionäre derzeit gerade weniger Geld zur Bank

Kosten der Beratung zehren an der Marge

Wer hohe sechsstellige Summen anlegt, der will das oft nicht mehr automatisiert über eine Online-Plattform machen, sondern verlangt nach Hilfe. Die Aufgabe des Beraters ist dann, die Geldanlage passend auf die Lebenssituation des Kunden zuzuschneiden. 

Wer ein Single-Leben führt, kann mehr zurücklegen und risikoreicher agieren als jemand, der eine mehrköpfige Familie zu versorgen hat. So zehren die Beratungskosten an der Marge und verringern diese effektiv.

08.04.2020, Berlin, Deutschland, GER - Logo einer Sparkassen Filiale. *** 08 04 2020, Berlin, Germany, CEF logo of a sav
sparkasse_logo_fin_vt.jpg imago images/Marius Schwarz

Bei Reichen und Superreichen steigen die Kosten weiter, weil hier immer komplexere Geldanlagen notwendig werden und immer mehr Sonderwünsche hinzukommen, die sich ärmere Kunden gar nicht leisten könnten. Am Ende gibt es also einen Sweetspot, an dem die Einnahmen aus Provisionen und die Kosten für die Beratung ein für Banken optimales Verhältnis erreichen – und das ist bei den „Wohlhabenden“ mit einer Geldanlage im sechsstelligen Bereich der Fall.

Bei Übernahmen kommt es auf die Kunden an

Dabei geht es nicht einmal nur darum, dass Banken offensiv darum werben, solche Kunden für sich zu gewinnen. Tatsächlich sind sie auch eine wichtige Verhandlungsmasse bei Übernahmen im Bankenbereich.

Aktuell versucht etwa die italienische UniCredit die deutsche Commerzbank zu übernehmen. Eine Frage dabei ist der Preis für das deutsche Institut. Dabei werden verschiedene Kunden verschieden gewichtet. „Affluents“ genießen dabei einen höheren Stellenwert – nicht nur wegen der möglichen Provisionen, die Sie versprechen, sondern auch wegen Ihrer Treue. 

Als guter Kunde können Sie Konditionen verhandeln

Wohlhabende, Reiche und Superreiche wechseln deutlich seltener die Bank als zum Beispiel Firmenkunden, die immer Ausschau nach den besten Konditionen halten oder ärmere Kunden ohne Geldanlage, die auch keinen besonderen Grund haben, einer bestimmten Bank ewige Treue zu schwören. Die Einnahmen aus dem Anlagegeschäft mit wohlhabenden Kunden sind also nicht nur üppig, sondern auch verlässlich.

Als Kunde können Sie dieses Wissen übrigens ausnutzen. Wenn Sie in eine der genannten Kategorien fallen und damit für Ihre Bank ein wertvoller Kunde sind, sollten Sie etwa im Falle eines Kredites härter um bessere Konditionen von der Zinsrate bis zum Kreditrahmen verhandeln. Unter Umständen können Sie auch Rabatte bei bestimmten Gebühren, etwa für Kreditkarten oder die Kontoführung aushandeln. Übertreiben Sie es dabei aber nicht mit Ihren Forderungen, sondern schauen Sie vorsichtig, wie weit Sie gehen können.