Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Totschweigen hilft nicht! Welche politischen Vorsätze wir für 2025 fassen sollten
Die einen jagen Feuerwerkskörper in den Himmel, andere begehen den Jahreswechsel eher besinnlich. Die meisten allerdings fassen gute Vorsätze.
Das geschieht eher im Stillen. Wer nämlich im Kreis von Freunden oder der Familie laut hinausposaunt, keine Zigarette mehr anrühren oder zehn Kilogramm abnehmen zu wollen, steht nicht gut da, wenn es mit der Nikotin-Abstinenz oder dem Sport schon Ende Januar vorbei ist.
Wir leben in politisch bewegten Zeiten. Da könnten Bürger, die sich gern als mündig feiern lassen, durchaus auch politische Vorsätze fassen. Hier ein paar Vorschläge.
Politisch hellwach sein
Nichts geht Politikern leichter von den Lippen als Versprechen, die kaum einzuhalten sind. Auch gab es noch nie so viele „Influencer“, die mit fragwürdigen Methoden und Thesen Meinung zu machen versuchen.
Beispiel: Die Behauptung, „Reiche zahlen keine Steuern“ ist ebenso demagogisch und falsch wie „Alle Bürgergeldbezieher sind faul“. Da gilt es hellwach zu sein – und skeptisch gegenüber allzu lockeren Floskeln.
Sich informieren
Politik ist komplizierter geworden, ist schwerer zu verstehen. Da gibt es nur ein Gegenmittel: sich selbst aus möglichst vielen unterschiedlichen Quellen informieren.
Nie war das leichter als heute. Aber man muss das schon selbst tun. Wer sich beim Medienkonsum nur innerhalb der eigenen „Blase“ bewegt, sieht die Welt leicht nur noch aus einer, also aus verengter Perspektive.
Wählen gehen
Der Satz „Wahlrecht ist Wahlpflicht“ klingt bombastisch. Tatsächlich liegt der Charme einer freien Gesellschaft unter anderem auch darin, sich nicht am politischen Entscheidungsprozess beteiligen zu müssen.
Wer nicht wählt, bestraft nicht die Politiker oder den Staat. Er bestraft sich selbst. Denn jede nicht abgegebene Stimme stärkt letztlich genau die, die man nie und nimmer wählen würde.
Logisch wählen
Man kann Wahlentscheidungen auf unterschiedliche Weise treffen: Es denen da oben zeigen, den eigenen Ärger abreagieren oder sich überlegen, wie man mit dem eigenen Stimmzettel möglichst viel bewirken kann.
Letzteres ist dann der Fall, wenn die Wahl auf eine Partei fällt, die realistische Chancen hat, in der nächsten Regierung vertreten zu sein. „Wutwähler“ erreichen in der Regel nichts Positives.
Die Demokratie nicht als selbstverständlich nehmen
Ein demokratisches System lässt sich nicht ein für alle Mal dauerhaft einrichten. Die Demokratie muss immer wieder gegen die verteidigt werden, die sie aushöhlen oder im autoritären Sinn umgestalten wollen.
Die Weimarer Republik ist nicht zuletzt deshalb gescheitert, weil es zu wenige Demokraten gab, die sie gegen die Extremisten von rechts und links verteidigt haben. Das sollte uns eine Lehre sein.
Sich politisch engagieren
Zu viele Bürger sehen sich als Politik-Konsumenten. Sie schauen sich an, was ihnen angeboten wird, heben oder senken den Daumen.
Das politische Angebot fällt jedoch nicht vom Himmel. Je mehr Bürger sich am Willensbildungsprozess beteiligen – in Verbänden, Initiativen oder Parteien – umso eher kommen unterschiedliche Meinungen und Forderungen zur Geltung.
Position beziehen
Die Behauptung, „man darf in diesem Land nicht alles sagen“, ist kompletter Unsinn. Jede Ansicht – und sei sie noch so ausgefallen – kann geäußert werden, solange sie nicht gegen Gesetze verstößt.
Man muss nur eines wissen: Für manche Äußerungen bekommt man leichter Beifall als für andere. „Man darf nicht alles sagen“ ist deshalb nur eine billige Ausrede für die eigene Feigheit, Position zu beziehen.
Großzügig sein
Der Staat kann – und soll – nicht alles in die Hand nehmen. In unserer Gesellschaft gibt es folglich viele Organisationen und Initiativen, die sich sozial, kulturell oder wissenschaftlich engagieren. Ohne sie und die dort engagierten Ehrenamtlichen wäre unser Land ärmer.
Diese Vereine und Verbände leben unter anderem von Spenden. Wer sie auf diese Weise unterstützt, stärkt unser Gemeinwesen. Da wären mehr Spender wichtig.
Hetzern widersprechen
Der Ton ist rauer geworden. Nicht nur in den sogenannten sozialen Medien, auch bei anderen Gelegenheiten wird mehr zugspitzt, mehr beleidigt, auch mehr gehetzt.
Rassistische, antisemitische Sprüche oder abfällige Äußerungen über Minderheiten können und dürfen nicht unwidersprochen bleiben. Da müssen Anständige deutlich widersprechen, wenn sie sich nicht auf eine Stufe mit Hetzern stellen wollen.
Gewalt nicht kleinreden
„Hate speech“, die Hassrede, nimmt in öffentlichen Diskussionen immer mehr Raum ein. Kein Wunder, dass auch Gewalt zunimmt: gegen politisch Andersdenkende, gegen Ausländer, gegen Juden.
Da sind keine „Aktivisten“ am Werk, sondern Gewalttäter, also Kriminelle. Da darf es keinen Unterschied machen, ob die Gewalttäter Rechtsradikale oder Linksradikale sind. Es gibt keine angeblich „gute“ Gewalt und keine „schlechte Gewalt“. Gewalt als Mittel der Politik ist zu verabscheuen – ganz gleich, welche Motive dahinterstecken.
Nicht umerziehen lassen
Eine Minderheit versucht uns sprachlich umzuerziehen. Das geschieht nicht nur in den öffentlich-rechtlichen Medien, sondern zunehmend auch im Schriftverkehr von Behörden oder Firmen.
Man muss sich beispielsweise von einer Hausverwaltung oder Versicherung nicht als „Liebe Mieter:in“ oder „Kund:in“ ansprechen lassen. Wer da nicht widerspricht, besorgt das Geschäft der woken Ideologen. Man kann auch Rundfunk-Intendanten daran erinnern, dass sie keine Umerziehungsanstalten leiten.
Bei allem zuversichtlich bleiben
2024 war ein Jahr der Krisen und der Krisen. Auch das neue Jahr wird uns vor große Herausforderungen stellen. Totschweigen hilft da nicht. Probleme müssen gelöst werden, sonst vergrößern sie sich schnell.
Dennoch: Die Neigung, das halb gefüllte Glas stets als halb leer zu betrachten und darüber in Wehklagen zu verfallen, drückt nicht nur auf die Stimmung. Sie lähmt zudem ein Land, das wieder in Gänge kommen muss. Das gelingt aber nicht mit einer pessimistischen Grundhaltung. Da ist Zuversicht gefragt.
In diesem Sinn: Prosit Neujahr!