340 Euro für die Tonne CO₂ – „Bis Ende des Jahres brauchen wir Klarheit“
Erst zu Beginn des Jahres ist die CO₂-Abgabe gestiegen. Bis 2026 soll sie weitersteigen – soweit der Plan. Danach aber kann es erst richtig teuer werden.
Berlin – Der Gaspreis steigt wieder. Treiber dieser Entwicklung sind zum Beispiel die angepasste Mehrwertsteuer und ein Angriff des Irans auf Israel, der Mitte April stattgefunden hatte. Ein viel unsicherer Faktor aber ist die sogenannte CO₂-Abgabe – zumindest ab 2027. Noch weiß niemand, welche Mehrkosten auf Deutsche zukommen werden.
Preiserhöhung bei der CO₂-Abgabe – weitere Erhöhungen geplant
Ein kurzer Rückblick: Seit dem 1. Januar 2024 müssen Kunden, deren Energieversorgung CO₂ verursacht, 45 Euro pro Tonne ausgestoßenem Kohlenstoffdioxid zahlen. Die Einnahmen dienen unter anderem zur Finanzierung der Kosten der EEG-Umlage. Diese Erhöhung war von langer Hand geplant, weitere Stufen stehen ebenfalls schon fest. Im Jahr 2025 zum Beispiel soll der Preis auf 55 Euro steigen, bis 2026 dann auf bis zu 65 Euro. Wie die Bundesregierung angab, soll das dafür sorgen, dass Bürger langfristig auf klimafreundliche Alternativen umsteigen, zum Beispiel Wärmepumpen oder Elektroautos.

Danach – also ab 2027 – ist vorgesehen, dass die CO₂-Emissionen von Verkehr und Gebäudewärme über ein europäisches Emissionshandelssystem geregelt sein sollen. Das große Problem dabei: Niemand weiß, wie das genau aussehen wird.
Europaweite CO₂-Abgabe sorgt für Unsicherheit
Diese Unsicherheit sorgt aktuell für Alarmstimmung bei deutschen Energieexperten. Eine nicht durchkalkulierte Erhöhung des CO₂-Preises berge hohe Preisrisiken. Der Energiekonzern EWE zum Beispiel sieht aktuell keine andere Wahl, als das Preisrisiko auf die Kunden zu legen. „Mit einigen Kunden haben wir Gaslieferverträge, die bis ins Jahr 2027 hineinreichen“, zitierte das Handelsblatt Stefan Dohler, den Vorstandsvorsitzenden von EWE.
EWE hat bei einigen Kunden entsprechende Klauseln in die Gaslieferverträge geschrieben, die dafür sorgen, dass sie das „Preisrisiko für die CO₂-Komponente“ tragen. Mit einer höheren Abgabe müssten auch die CO₂-Preise steigen. Allerdings sei nicht klar, wer ab 2027 das Risiko übernimmt.
Europa übernimmt den Emissionshandel für Deutschland
Ab 2027 liegt die CO₂-Abgabe in den Händen der EU, die dann ein Ausstoßlimit für Treibhausgase bei Wärme und Verkehr festlegen kann. Das Ausstoßlimit läuft über Zertifikate, die die Unternehmen kaufen müssen, um ihren CO₂-Ausstoß zu kompensieren. Der Hintergrund dieser Zertifikate ist der Europäische Emissionshandel (EU-ETS), der bereits seit 2005 existiert und für Kraftwerke, große Industrieanlagen, den Luft- und Seeverkehr gilt.
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Eine Obergrenze legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissionen diejenigen Anlagen, die zum Emissionshandel verpflichtet sind, ausstoßen dürfen. Alle EU-Mitgliedstaaten haben dem Umweltbundesamt zufolge eine entsprechende Menge an Zertifikaten ausgegeben, teilweise über Versteigerungen. Weil Unternehmen diese Zertifikate frei handeln dürfen, hatte sich im EU-ETS ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen gebildet. Für beteiligte Unternehmen soll das einen Anreiz bieten, ihre Emissionen zu senken.
Sobald also die EU ab 2027 den deutschen Emissionshandel regelt, würde ein zweites EU-ETS den Rahmen setzen. Durch den freien Handel stehe eine individuelle Preisentwicklung der CO₂-Abgabe bevor. Kauft ein Unternehmen mehr Zertifikate als notwendig und merkt dann, dass es einen geringeren CO₂-Ausstoß hat als erwartet, kann es überschüssige Zertifikate verkaufen. Eine Tonne CO₂ kann bis 2030 zwischen 50 und 340 Euro kosten, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf Branchenprognosen.
„Spätestens Ende dieses Jahres brauchen wir Klarheit“ – CO₂-Abgabe verunsichert Wirtschaft
Eine genaue Angabe sei aktuell nicht möglich, weil die EU die erlaubte Emissionsobergrenze noch nicht kommuniziert hat. Der Schritt sei erst zum 1. Januar 2025 geplant. Bis dahin herrscht eine große Unsicherheit an den Märkten. Wer jetzt schon als Versorger hohe CO₂-Kosten für 2027 einpreist, könnte am Ende wesentlich teurer werden als die Konkurrenz, wer dagegen mit zu niedrigen Kosten kalkuliert, könnte auf den Kosten sitzen bleiben.
Wer sich bei Banken vor diesem Risiko absichern will, wird ebenfalls enttäuscht. Entsprechende Terminkontrakte für den EU-ETS-2-Handel gibt es noch nicht, weil auch die Banken nicht wissen, wie die Preisentwicklung aussehen wird. Für den EWE-Vorsitzenden Dohler ist hier nur eine Lösung möglich: Die EU muss für Aufklärung sorgen. „Je früher die Rahmenbedingungen klar sind, desto besser können sich alle auf den neuen Emissionshandel einstellen. Spätestens Ende dieses Jahres brauchen wir Klarheit.“ Ab 2025 soll immerhin ein Klimageld die Bürger entlasten.