Die Quietsche-Ente im OP

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Chefarzt Dr. Heiko Wendorff zeigt eine Quietsche-Ente, die ihm während eines Eingriffs an der vorderen Halsschlagader wichtige Infos über den Gesundheitszustand des Patienten geben kann. © Foto: Kreisklinik

Seit April ist Dr. Heiko Wendorff Chefarzt der Abteilung Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin der Kreisklinik Ebersberg. Eine der Erkrankungen, die er mit seinem Team behandelt, ist die Carotisstenose – eine Verkalkung der vorderen Halsschlagader. Mit einer Operation können Folgen, schlimmstenfalls ein Schlaganfall, verhindert werden. Während des Eingriffs spielt eine Quietsche-Ente eine wichtige Rolle.

Warum ist es für Sie besonders, an der vorderen Halsschlagader zu operieren?

Dr. Heiko Wendorff: Der Eingriff ist diffizil und fein, aber eben auch sehr wichtig. Operateure müssen dort wirklich sehr sorgfältig arbeiten. Schließlich versorgt die vordere Halsschlagader, oder Carotis, das Gehirn mit Blut. Trotzdem kann man dort mittlerweile unter lokaler Betäubung Eingriffe vornehmen, Engstellen beseitigen und den Kalk ausschälen. Die Carotis wird währenddessen abgeklemmt, das Gehirn bekommt über die Gegenseite Blut und Sauerstoff. Alternativ könnte man auch über die Leiste einen Stent einsetzen, falls dies in Einzelfällen nötig sein sollte. Das Besondere an diesem offenen Eingriff ist aber auch, dass ich mich während des Eingriffs mit den Patienten unterhalte, um zu erkennen, ob ihr Gehirn noch gut mit Blut versorgt ist. Können sie sprechen, heißt das, es ist gut. Außerdem geben wir den Patienten QuietscheEntchen in die Hand. Können sie die Ente in regelmäßigen Abständen drücken, heißt das, dass das Gehirn gut mit Sauerstoff versorgt ist. Das ist die beste Methode! Nach dem Eingriff müssen die Patienten noch zwei Nächte bei uns im Krankenhaus bleiben. Später sollten sie regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchführen lassen.

Wie bemerken Betroffene, dass sie eine Carotisstenose haben?

Dr. Wendorff: Oft haben sie gar keine Symptome und die Verengung der Halsschlagader wird bei einer Ultraschall-Untersuchung zufällig bemerkt. Dort fließt das Blut schlicht und ergreifend nicht normal. Es ist aber nicht immer und sofort ein Eingriff nötig. Bei einer Verengung von 70 Prozent oder mehr sollte man aber handeln. Weil die vordere Carotis das Großhirn mit Blut versorgt, sind Funktionen, die von dort gesteuert werden, auffällig. Am häufigsten sind plötzlicher Sehausfall, kurzzeitige Sehstörungen, Sprachstörungen, Schwäche oder Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen. Meistens ist eine Seite stärker betroffen als die andere. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich am Samstag, 13. Juli, in einem Vortrag darüber informieren, den ich dann im Rahmen des Tags der offenen Tür der Kreisklinik Ebersberg halten werde. Dort stelle ich die Arbeit der Abteilung Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin vor.

Die Symptome, die Sie beschreiben, erinnern zum Teil an Symptome eines Schlaganfalls. Der kann Folge einer Carotisstenose sein. Wie hängt das zusammen?

Dr. Wendorff: Ein Schlaganfall entsteht, wenn ein Teil des Gehirns zu wenig durchblutet und mit Sauerstoff versorgt wird. Ursache kann eine Hirnblutung sein oder ein plötzlicher Verschluss eines Gefäßes oder eines Gefäßastes. Bei einer Carotisstenose können sich an der Engstelle Blutgerinnsel bilden und verschließen. Eine andere Möglichkeit ist, dass das Blut, das dort ja schneller fließt, Plaqueteilchen von der Oberfläche löst, die kleinste Gefäßabschnitte im Gehirn verstopfen. Eine hochgradige Carotisstenose zu beseitigen, kann also einen Schlaganfall verhindern. Er kann schwerwiegende Folgen für Patientinnen und Patienten haben. Etwa 200.000 Menschen in Deutschland erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall.

Sie haben es bereits erwähnt, es sind Verkalkungen oder Plaque, die die Verengungen auslösen. Aber wie entstehen diese Ablagerungen in der Carotis überhaupt?

Dr. Wendorff: Der Hauptbefund bei einer Carotisstenose ist Arteriosklerose, also krankhafte Ablagerungen in den Arterien, die zu Verengungen und Verhärtungen führen. Dafür gibt es vier Risikofaktoren: hoher Blutdruck, erhöhtes Cholesterin, Diabetes mellitus und Rauchen. Das heißt regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, Übergewicht abbauen und das Rauchen einzustellen, können vorbeugen. Aber auch Medikamente gegen den Bluthochdruck oder den Diabetes zuverlässig einzunehmen, ist wichtig. Wenn der Prozess der Arteriosklerose einmal angestoßen ist, lässt er sich nicht mehr vollständig aufhalten. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für die Carotisstenose. Frauen sind vor den Wechseljahren durch ihre Hormone besser vor Arteriosklerose geschützt als Männer. Für die meisten Menschen wird das etwa ab 60 Jahren ein Thema. Ab diesem Alter kann zum Beispiel der Hausarzt oder ein niedergelassener Facharzt (Angiologe, Kardiologe, Gefäßchirurg, Neurologe, Internist) die Halsschlagadern per Ultraschall untersuchen. Das Interview führte Katharina Ober

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