Planet Merkur verbirgt offenbar einen Schatz in seinem Inneren – „etwas Besonderes ist passiert“
Unter der dunklen Grafitkruste des Planeten Merkur könnte sich ein Schatz verbergen, zeigt eine neue Studie. Die könnte auch für Exoplaneten relevant sein.
München – Der Planet Merkur ist der sonnennächste Planet in unserem Sonnensystem – was für gleich zwei Probleme sorgt: Wegen seiner Sonnennähe ist er nur schwer zu beobachten und gleichzeitig auch nur schwer für Raumsonden erreichbar. Das macht Merkur zum am wenigsten erforschten Planeten des inneren Sonnensystems. Doch nun ist ein Forschungsteam zu einer interessanten Erkenntnis gelangt: Offenbar befindet sich unter der Oberfläche des kleinen Planeten eine mehrere Kilometer dicke Schicht aus Diamanten.
Die dunkle Oberfläche des Planeten Merkur und die große Dichte seines Kerns verblüffen die Forschung bereits seit vielen Jahren. Dank der Nasa-Raumsonde „Messenger“ weiß man, dass es auf der Merkur-Oberfläche große Mengen von Grafit – ein Mineral aus Kohlenstoff – gibt. Daher geht die Forschung davon aus, dass es auf dem Planeten vor langer Zeit einen Kohlenstoff-reichen Magma-Ozean gab. Als der Planet im Laufe der Zeit abkühlte, entstand aus dem Ozean die Grafitkruste, die die Oberfläche des Merkur überzieht. Durch Meteoriteneinschläge könnten aus dem Grafit Diamanten an der Oberfläche entstanden sein.
Unter der Oberfläche des Planeten Merkur: Dicke Diamanten-Schicht
Doch wie sieht es unter der dunklen Oberfläche aus? Um das herauszufinden, hat ein Forschungsteam aus China und Belgien unter anderem Experimente mit hohem Druck und hoher Temperatur durchgeführt. „Im Labor versuchen wir, die extremen Drücke und Temperaturen im Inneren eines Planeten nachzuahmen. Das ist manchmal eine große Herausforderung; man muss die Geräte an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Die Versuchsaufbauten müssen sehr präzise sein, um diese Bedingungen zu simulieren“, erklärt Yanhao Lin ein Wissenschaftler, der an der aktuellen Forschung beteiligt war, gegenüber Phys.org.
In einer Studie, die im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurde, geht das Forschungsteam um Lin davon aus, dass an der Kern-Mantel-Grenze (core-mantle boundary, kurz CMB) des Merkur eine 15 bis 18 Kilometer dicke Diamant-Schicht existiert. In dieser Region soll die aktuelle Temperatur nah an der Schwelle sein, an der Grafit zu Diamant wird.
Diamanten-Schicht im Merkur würde auch das starke Magnetfeld erklären
Das würde auch erklären, warum das Magnetfeld des Planeten Merkur ungewöhnlich stark ist für seine Größe, wie Lin erklärt: „Der Kohlenstoff aus dem geschmolzenen Kern wird beim Abkühlen übersättigt, bildet Diamant und schwebt zum CMB. Die hohe Wärmeleitfähigkeit des Diamanten trägt dazu bei, dass die Wärme effektiv vom Kern in den Mantel übertragen wird, was zu einer Temperaturschichtung und Konvektionsänderung im flüssigen äußeren Kern des Merkurs führt und somit die Erzeugung seines Magnetfelds beeinflusst.“
Im Gespräch mit Phys.org betont Lin: „Vor vielen Jahren bemerkte ich, dass der extrem hohe Kohlenstoffgehalt des Merkurs bedeutende Auswirkungen haben könnte. Dadurch wurde mir klar, dass in seinem Inneren wahrscheinlich etwas Besonderes passiert.“ Der Forscher ist überzeugt: Die neuen Erkenntnisse aus der Studie könnten auch für das Verständnis anderer Gesteinsplaneten ähnlicher Größe und Zusammensetzung relevant sein.
„Die Prozesse, die zur Bildung einer Diamantschicht auf dem Merkur geführt haben, könnten auch auf anderen Planeten stattgefunden haben und ähnliche Signaturen hinterlassen haben“, ist sich Lin sicher. Ein anderes Forschungsteam hat herausgefunden, dass der Planet Merkur möglicherweise heute noch schrumpft. (tab)