MSCI World: Er kann sein großes Versprechen nicht mehr halten

„Breit gestreut – nie bereut“, pflegte die leider inzwischen verstorbene Börsen-Oma Beate Sander immer zu sagen. Ich hatte das Glück, mehrere Male mit ihr zu sprechen und war fasziniert von ihrer Leidenschaft für Börse und Aktien. Sie schaffte es, wichtiges Börsenwissen in prägnante Sätze zu packen. Neben „Breit gestreut“ ist mir noch in Erinnerung geblieben „Hüte Dich vor den gefährlichen vier: Euphorie, Angst, Panik und Gier“. 

Zu einem Synonym für breit gestreutes Investieren ist der MSCI World geworden. Immerhin beinhaltet der Index knapp 1400 Aktien aus 23 Ländern. Schon mehrfach hatte ich geschrieben, dass sich Anleger von diesen Zahlen nicht täuschen lassen sollten. Denn zum einem bildet der Index trotz seines Namens nicht die gesamte Welt ab, sondern beschränkt sich auf die Industrieländer. Schwellenländer wie China oder Indien fehlen. Zum anderen haben Tech-Werte mit einem Anteil von über 26 Prozent ein sehr hohes Gewicht. Aktien aus dem Gesundheitsbereich machen dagegen gerade einmal knapp neun Prozent aus.

Über den Autoren

Clemens Schömann-Finck ist Finanz-Experte und steht hinter dem Youtube-Kanal "René will Rendite". Bei FOCUS online beleuchtet er aktuelle Themen rund um Börse und Geldanlage. Abonnieren Sie hier seinen Newsletter für mehr Finanz-Infos.

In Wahrheit ist aber die Konzentration des Index noch viel höher. Tatsächlich reichen gerade einmal 100 Aktien, um die Performance des MSCI World abzubilden. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als 20 Jahren (weiter reichen die Daten nicht zurück, die ich gefunden habe).

Konzentration MSCI World
Der MSCI World besteht aus rund 1400 Aktien. Es reichen aber gerade einmal 100 Werte aus, um ihn abzubilden Bloomberg

Der Grund liegt in der Dominanz der Tech-Riesen wie Microsoft und Nvidia. Da der MSCI World nach Marktkapitalisierung gewichtet, wächst mit dem Börsenwert auch der Anteil dieser Aktien am Index. So kommt Nvidia allein auf 5,7 Prozent. Nimmt man noch Microsoft und Apple dazu liegt der Anteil dieser drei Aktien bei 14,7 Prozent.

Wer also denkt, er investiere mit dem MSCI World wirklich breit gestreut und das Schicksal eines einzelnen Unternehmens spiele keine große Rolle, liegt falsch. Die Performance hängt an deutlich weniger Aktien, als es den Anschein hat.

Doch ist das schlimm? Eine klare Antwort auf die Frage gibt es leider nicht. Erst einmal ist wichtig zu wissen, dass 100 Aktien natürlich immer noch eine gewisse Diversifikation bieten und die hohe Bewertung der Tech-Aktien nicht von ungefähr kommt. Denn die Gewinne der Unternehmen sind in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen, wie diese Grafik zeigt. Sie vergleicht den Gewinn je Aktie der „Magnificent Seven“ mit anderen Unternehmen, in diesem Fall aus dem S&P 500. 

Gewinn je Aktie S&P 500
Die "Magnificent Seven" verdienen deutlich mehr als die anderen Unternehmen im S&P 500 Bloomberg

Auf der anderen Seite steckt darin natürlich auch ein Risiko. Denn was ist, wenn die KI-Wette nicht aufgeht? Sollten die Anleger Zweifel daran bekommen, dass sich die Milliarden-Investitionen in teure Rechen-Zentren lohnen, wird es bei den Tech-Werten heftig rumpeln und entsprechend der gesamte Index leiden. 

Deswegen allerdings den börsenwertgewichteten MSCI World zu meiden und stattdessen auf das gleichgewichtete Pendant zu setzen (darin hat jede Aktie höchstens einen Anteil von 0,17 Prozent) halte ich für keine gute Idee. Man kann auch „über-diversifiziert“ sein. Denn Klumpen-Risiken sind auch Klumpen-Chancen. In den vergangenen Jahren blieb der MSCI World Equal Weighted teils deutlich hinter dem MSCI World zurück. Auf Sicht von zehn Jahren betrug die Durchschnittsrendite nur 7,9 versus 11,2 Prozent. 

Wie immer gilt: Jeder muss sich mit seinem Investment wohl fühlen. Gute Geldanlage darf nicht den Schlaf kosten. Wenn Sie sich unwohl mit der hohen Konzentration im MSCI World fühlen, dann kann der Equal Weighted-Index eine Alternative sein. Seit kurzem gibt es von Invesco einen passenden ETF dafür (ISIN IE000OEF25S1). Die Performance ist zwar schlechter, aber noch immer ausreichend, um über die Jahre fürs Alter anzusparen. 

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