Ukraines überraschender Schlag: Versenkung der „Moskwa“ ohne US-Abstimmung
Die Versenkung des russischen Raketenkreuzers „Moskwa“ sorgte 2022 für Unruhe in den USA. Kiew handelte offenbar ohne Absprache mit Washington. Warum?
Washington, D.C. – Der Untergang des russischen Raketenkreuzers „Moskwa“ im April 2022 gilt als einer der spektakulärsten militärischen Erfolge der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Doch während Kiew den Vorfall als Triumph feierte, soll er in der US-Regierung für Unruhe gesorgt haben.
Ein ausführlicher Bericht der New York Times (NYT) legt nahe, dass die Versenkung des Flaggschiffs der russischen Schwarzmeerflotte durch ukrainische Streitkräfte nicht mit Washington abgestimmt war. Demnach seien US- und ukrainische Offiziere zwar gemeinsam bei einer Aufklärungssitzung per Satellit auf das Ziel aufmerksam geworden – doch die Reaktion Kiews erfolgte eigenmächtig.
Ukrainischer Angriff auf „Moskwa“: Unruhe der US-Regierung
Ein ehemaliger US-Militärbeamter wird mit den Worten zitiert: „Die US-Amerikaner sagen: ‚Oh, es ist aber Moskwa getroffen!‘ Und die Ukrainer sagen: ‚Mein Gott. Vielen Dank. Tschüss!‘“ Kurz darauf sei das Schiff versenkt worden. Es handelte sich um einen mit Langstreckenraketen bewaffneten Lenkwaffenkreuzer, der über umfangreiche Luftabwehrsysteme, elektronische Kampfführung und Seezielflugkörper verfügte – ein zentrales Element russischer Seemacht im Schwarzen Meer.
Nach dem Vorfall reagierte die Regierung in Moskau mit Zurückhaltung. Offiziell war zunächst von einem Brand an Bord und einer anschließenden Munitionsdetonation die Rede. Erst später bestätigten die Behörden den Verlust des Flaggschiffs der Schwarzmeerflotte. Eine direkte Schuldzuweisung an die Ukraine erfolgte nicht, obwohl Kiew erklärt hatte, das Schiff mit „Neptun“-Raketen angegriffen zu haben .Russische Staatsmedien berichteten teils verharmlosend über den Vorfall, teils machten sie die westliche Waffenhilfe für die Ukraine verantwortlich. Eine unmittelbare militärische Reaktion blieb zunächst aus. In den Tagen nach dem Vorfall intensivierte Russland jedoch die Raketenangriffe auf ukrainische Städte – darunter auch die Hauptstadt Kiew. Ukrainische Regierungsvertreter deuteten dies als mögliche Vergeltung für die Versenkung der „Moskwa“.
Intransparenz im Ukraine-Krieg: Unklarheit über Schicksal der Besatzung
Der Untergang des russischen Kriegsschiffs „Moskwa“ entwickelte sich zu einem Symbol für die Intransparenz der russischen Führung und die Verzweiflung zahlreicher Familien, die nach Klarheit über das Schicksal ihrer Angehörigen suchten. Internationale Medien berichteten über die Zurückhaltung der Behörden, insbesondere in Bezug auf junge Wehrpflichtige, die sich mutmaßlich an Bord befanden. Offiziell war lediglich von einzelnen Todesopfern die Rede, konkrete Zahlen nannte die russische Regierung nicht. Angehörige äußerten öffentlich Kritik und beklagten die fehlende Aufklärung.
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Medien wie BBC Russian, Radio Free Europe/Radio Liberty und Nowaja Gaseta dokumentierten Fälle von Eltern, die wochenlang vergeblich nach Informationen über ihre vermissten Söhne suchten. Die unklare Informationslage führte auch international zu Kritik an der Informationspolitik Moskaus.
Die Biden-Regierung war nach Angaben der NYT nicht darauf vorbereitet, dass die Ukraine über entsprechende Fähigkeiten für eine solche Operation gegen die russischen Kriegsschiffe verfügte – geschweige denn diese ohne vorherige Abstimmung durchführen würde. Insbesondere die Symbolkraft der Versenkung soll für Nervosität gesorgt haben. „Moskwa“ galt nicht nur als militärisch bedeutsam, sondern auch als politisches Prestigeobjekt vom Kreml.
Kiews Selbstständigkeit und Sorge der US-Regierung vor Eskalation
Während der Angriff auf „Moskwa“ in westlichen Staaten öffentlich als militärischer Coup wahrgenommen wurde, betrachteten ihn führende US-Beamte offenbar mit Sorge. Eine gezielte Ausschaltung eines so prominenten Ziels könnte – so die Befürchtung der USA – eine unkontrollierbare Eskalation des Krieges provozieren.
In den Anfangsmonaten des Krieges agierte die ukrainische Führung zunehmend selbstbewusst und handlungsfähig – teils unabhängig von der Einschätzung ihrer US-amerikanischen Partner. Der damalige Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, Oleksandr Syrskyj, soll den US-Generälen gesagt haben: „Wir kämpfen gegen die Russen. Ihr nicht. Warum sollten wir auf euch hören?“
Doch Syrskyj änderte schnell seine Haltung, da die USA über wertvolle Aufklärungsdaten verfügten – insbesondere über russische Truppenbewegungen, auf die die ukrainischen Einheiten angewiesen sind und auf die sie allein keinen Zugriff gehabt hätten.
US-Hilfe im Ukraine-Krieg: Von loser Allianz zur systematischen Unterstützung
Die Versenkung des Raketenkreuzer „Moskwa“ hat sich zu einer Zeit ereignet, da die USA noch zögerten, der Ukraine weitreichende Offensivfähigkeiten zuzugestehen. Dem NYT-Bericht zufolge entwickelte sich aus einer zunächst losen und zusammengewürfelten Allianz im Verlauf des Ukraine-Kriegs eine zunehmend strukturierte und systematische Partnerschaft zwischen Washington und Kiew.
Bis Ende 2024, als Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl gewann, beliefen sich die Hilfen der Biden-Regierung nach offiziellen Angaben auf insgesamt rund 119 Milliarden Euro. Davon entfielen rund 65,6 Milliarden Euro auf militärische Unterstützung, etwa 50 Milliarden Euro auf finanzielle Hilfen und rund 3,4 Milliarden Euro auf humanitäre Maßnahmen. Die militärischen Hilfen umfassten unter anderem die Lieferung von Artilleriesystemen, gepanzerten Fahrzeugen, Boden-Luft-Raketen und Munition, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine angesichts des anhaltenden Krieges zu erhöhen. (fsa)