Strategiepapier des Ministers - 230 Milliarden Euro für Deutschlandfonds: So will Habeck unsere Wirtschaft retten

Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein 14-seitiges Strategiepapier erarbeitet, in dem Maßnahmen für die kommenden Jahre zusammengefasst sind, mit denen die lahmende deutsche Wirtschaft wieder angekurbelt werden könnte. Es trägt den Titel „Impuls für eine Modernisierungsagenda“ und wurde heute in Berlin von Wirtschaftsminister Robert Habeck selbst vorgestellt.

Die Strategie ist bisher mehr eine Wunschliste des Grünen-Politikers.

Große Schwäche der Habeck-Agenda: Umsetzung scheint utopisch

Damit sie komplett oder teilweise umgesetzt wird, müsste erst das Bundeskabinett und später auch die Parlamentskammern Bundestag und Bundesrat zustimmen. Für manche Vorschläge Habecks wie die Eröffnung weiterer Sondervermögen wäre auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag, also die Zustimmung zumindest der wichtigsten Oppositionspartei CDU/CSU notwendig – was gerade in der derzeitigen Lage rund ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl utopisch klingt.

Insofern ist jetzt schon fraglich, ob und wie viel aus dem Strategiepapier wirklich umgesetzt werden kann. Es taugt deswegen wohl mehr als eine Art Liste von Maßnahmen, mit denen die Grünen in der Zeit vor der nächsten Wahl noch punkten wollen und die sie in mögliche Koalitionsverhandlungen danach mitnehmen könnten. Dazu müssten die Eckpunkte des Programms aber auch von der gesamten Partei noch beschlossen werden.

Das Wichtigste: Der Deutschlandfonds

Herzstück der von Habeck vorgeschlagenen Reformen sind Investitionen. Diese seien aber, so beklagt der Minister, mit einem rigiden Haushaltskurs nicht machbar. Die Bundesregierung muss sich laut Grundgesetz an die Schuldenbremse halten und hat deswegen nur wenig Spielraum jedes Jahr für Investitionen in neue Technologien, Infrastruktur oder Bildung. Habeck will das auf zwei Weisen ändern.

Investitionsprämien für Unternehmen

Die simpelste Maßnahme, die er vorschlägt, ist eine Investitionsprämie. Jedes Unternehmen, egal ob ein Riese wie SAP und Volkswagen oder ein neu gegründetes Startup, soll vom Staat zehn Prozent der Kosten einer Investition ersetzt bekommen. Ausgenommen davon sind lediglich Gebäudeinvestitionen, also etwa der Ankauf neuer Büroräume oder Fabrikhallen.

Gefördert werden hingegen etwa neue Maschinen, Anlagen, Fahrzeuge, Patente, Markenrechte, Lizenzen, Unternehmensbeteiligungen und ähnliches, was im klassischen Sinne als Investition gilt. Die genauen Grenzen der Förderung beschreibt das Papier noch nicht. Dafür soll die Prämie auf fünf Jahre begrenzt sein. Gewährt wird sie, indem sie mit der Steuerschuld eines Unternehmens verrechnet wird und nur die Differenz zwischen Steuern und Prämie direkt vom Staat ausgezahlt wird. Das hält auch in der Theorie den bürokratischen Aufwand für beide Seiten gering. Da Investitionen per Definition langfristig Gewinne steigern sollen, erhofft sich Habeck, dass die Kosten für die Prämie „moderat“ sind, nennt aber keine genauen Zahlen.

Die Idee einer Investitionsprämie ist nicht neu. Seit 1990 wird für Investitionen in den neuen Bundesländern bereits eine Investitionszulage vom Staat gezahlt. Die Zulage hat andere Kriterien als die von Habeck vorgeschlagene Prämie und liegt derzeit bei 12,5 Prozent der Kosten. Andere Länder wie Frankreich und die USA führten in der Corona-Krise Steuererleichterungen für Investitionen ein, die Habecks Vorschlag vom Grundsatz her ähneln.

230 Milliarden Euro Investitionen vom Staat

Die Prämie würde aber nur unternehmerische Investitionen fördern. Habeck stellt aber zurecht fest, dass auch der Staat viel Geld ausgeben muss. Straßen, Schienen und auch Wasserstraßen sind in einem immer bedenklicheren Zustand, beim Ausbau schnellen Internets und Mobilfunks hinkt Deutschland hinterher und auch bei der Bildung hakt es. Habeck schätzt die Kosten, um die Defizite bis 2030 zu beheben, auf rund 230 Milliarden Euro. 100 Milliarden davon seien für den Verkehr notwendig, 70 Milliarden für Kitas, Schulen und Hochschulen und 60 Milliarden für die digitale Infrastruktur und Verwaltung.

Diese enormen Kosten – pro Jahr knapp 40 Milliarden Euro – lassen sich aus dem derzeitigen Bundeshaushalt und den für Bildungsinvestitionen zuständigen Landeshaushalten nicht finanzieren. Habeck selbst sagt in dem Strategiepapier nicht direkt, wie diese Investitionen finanziert werden sollen. Es gäbe aber sowieso nur zwei Möglichkeiten: Entweder einigen sich die Ampel-Parteien mit CDU/CSU auf eine Reform der Schuldenbremse, bei der langfristig wertsteigernde Investitionen ausgenommen sind, oder die genannten Parteien müssten ein neues Sondervermögen auflegen. Beides erscheint derzeit unrealistisch.

Wie ordnen Ökonomen den Deutschlandfonds ein?

Grundsätzlich sind Deutschlands Wirtschaftswissenschaftler vorsichtig optimistisch. Die Investitionsprämie sei „gut begründet“, findet etwa Ifo-Chef Clemens Fuest – solange sie unbürokratisch umgesetzt werde. Der Deutschland-Fonds im Allgemeinen „kann Investitionen anregen“, sagt auch Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Aber eine strukturelle Verbesserung des Standortes Deutschland sähe er darin nicht.