Experten und Politiker äußern sich - „Einfältig“ oder „genau der richtige Ansatz“? Die Reaktionen auf den Habeck-Plan
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat einen neuen Anlauf für die Förderung von Unternehmen mit staatlichen Mitteln unternommen. Er schlug am Mittwoch eine „unbürokratische Investitionsprämie“ von zehn Prozent des Investitionsvolumens vor. Das Geld solle aus einem „Deutschlandfonds“ von Bund und Ländern kommen und besonders auch an „Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe“ gehen. Scharfe Kritik folgte nicht nur vom Koalitionspartner FDP prompt.
In Betracht kommen für die Förderung sollen laut Bundeswirtschaftsministerium alle Investitionen der Unternehmen mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen. Die Prämie würde im Jahr der Investition mit der Steuerschuld des Unternehmens verrechnet. „Ist sie höher als die Steuerschuld oder macht das Unternehmen gar keine Gewinne, wird die Differenz beziehungsweise die komplette Prämie ausgezahlt“, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten „Modernisierungsagenda“ des Ministers.
Die Maßnahme soll demnach auf fünf Jahre befristet werden. Das daraus resultierende größere Wirtschaftswachstum würde dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung „nur moderat“ ansteigen würde. Der Vorschlag ist eine klare Positionierung gegen die FDP und deren Vorsitzenden, Finanzminister Christian Lindner, der vor allem auf Haushaltsdiziplin pocht.
FDP nennt Habeck-Plan „einfältig“ - BSW fürchtet „ideologisch verbohrten Finanzminister“
FDP-Vize Wolfgang Kubicki bezeichnete Habecks Pläne umgehend als „einfältig“. Der Grüne habe nicht dargelegt, woher das Geld kommen soll, sagte er der „Rheinischen Post“. Habeck gehe es offenbar hauptsächlich darum, dem Finanzminister die Schuld an der deutschen Wirtschaftsschwäche zuzuschieben, weil dieser die Schuldenbremse einhalten wolle. Statt sich „alten Ideen eines schuldenfinanzierten Suvbentionsfonds zu widmen“, sollte Habeck lieber vereinbarte Maßnahmen wie den Bürokratieabbau umsetzen, sagte die FDP-Abgeordnete Carina Konrad der Nachrichtenagentur AFP.
Aus der SPD kam hingegen Zuspruch. „Der Vorschlag von Robert Habeck für einen Investitionsfonds kann ein Element sein“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der „Rheinischen Post“. Auch Christian Leye vom Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) begrüßte die Idee. „Jedoch fehlt mir die Vorstellungskraft, wie er sich mit diesem Vorschlag beim ideologisch verbohrten Finanzminister durchsetzen kann“, fügte er hinzu.
Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, hält die Pläne für kaum realisierbar. Er schaue sich gern an, was Habeck vorstelle - vor allem aber auch, „welche Chance auf Umsetzung das in der Regierung hat“, sagte er dem Nachrichtenportal t-online. „Wir brauchen kein weiteres Projekt, das auf der Umsetzungshalde landet.“ Inhaltlich plädierte Dittrich eher dafür, „Steuern und Lohnzusatzkosten zu senken“.
Experten uneins: „Finanzierung ungeklärt“ versus „genau der richtige Ansatz“
Wirtschaftsexperten sind sich bei der Bewertung der Vorschläge uneins. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sieht die Pläne Habecks sehr kritisch. „Den meisten Unternehmen mangelt es nicht an Geld, sondern an Vertrauen, Zuversicht und Projekten, in die sie lohnenswert investieren können“, sagte er im SWR.
Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kritisiert vor allem, dass „die Finanzierung ungeklärt bleibt“. Das IW beziffert den Bedarf auf rund 460 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre. „Doch so viel wie die Regierung investieren muss, kann sie gar nicht einsparen.“
Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, erklärte hingegen, die Idee eines Investitionsfonds sei „genau der richtige Ansatz“. Moritz Schularick vom Kiel Institut für Weltwirtschaft begrüßte, das Konzeptpapier bringe „dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft“.
Habecks „Modernisierungsagenda“ mit dem Titel „Update für die Wirtschaft“ enthält insgesamt sieben Punkte. Dazu gehören auch Vorschläge zum Bürokratieabbau, zur Stromkostensenkung, eine Offensive für neue Handelsverträge sowie Vorschläge, damit in Deutschland mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen.