Heute ein „Lost Place“: Warum eine der berüchtigtsten Bahnen Deutschlands hier nicht mehr fährt
Von Angst vor Zügen bis zu Abenteuern auf Holzbänken: Die Katzbachbahn hinterlässt bleibende Erinnerungen.
Östringen – Ursprünglich für die Katzbachbahn errichtet, wurde das Eichelberger Viadukt 1988 in einen Rad- und Wanderweg umgewandelt. Es erzählt sowohl dramatische als auch witzige Geschichten aus vergangenen Zeiten.
Ende des 19. Jahrhunderts entschied man, das Tal über den Katzbach bei Östringen im Kreis Karlsruhe für die Bahnstrecke zwischen Odenheim und Hilsbach zu überbrücken. Im Jahr 1900 rollte die Katzbachbahn schließlich über das fertige Eichelberger Viadukt.
Früher hatten die Menschen noch Angst vor Zügen
Zu dieser Zeit fürchteten sich viele Dorfbewohner noch vor dem ungewohnten Anblick eines Zuges. So heißt es in einem Buch über die Regionalkultur der Gegend: „Die älteren Einwohner betrachteten nicht ohne Scheu und Angst das unheimliche, schwarze Ungetüm, das die Steigung empor schnaufte und über die große Brücke verschwand. Es ist sogar vorgekommen, dass sich der eine oder andere ein Billet gekauft hatte, um endlich eine Reise in einen Nachbarort zu unternehmen, dann aber vor dem ankommenden Zug Reißaus nahm.”

Da haben sie etwas verpasst. Denn bei der Fahrt mit der Katzbachbahn sah man eine der landschaftlich schönsten Strecken durch den Kraichgau. Allerdings besaß die Bahn eine spartanische Ausstattung: Man saß auf Holzbänken und in vielen Waggons gab es Pappdeckel statt Fenster. Außerdem mussten die Fahrgäste das Heizmaterial für den Holzofen mitbringen. Während der Heizer die Kohlen schaufelte, stob ein Funkenregen aus dem Schornstein der Bahn, weshalb sie auch liebevoll „Feuriger Elias” genannt wurde. Um Brände am Bahndamm zu verhindern, fuhr ein Arbeiter an trockenen Tagen auf der Plattform des letzten Waggons mit und löschte entstandene Feuer.
„Bummelt langsam, entgleist auch gern“
Die Bummelbahn war bekannt für ihre Langsamkeit. Die Badische Lokal Eisenbahn AG (Bleag), die sie betrieb, hatte deshalb keinen guten Ruf. Die Abkürzung „Bleag“ stand im Volksmund für: „Bummelt langsam, entgleist auch gern.“ Eine besonders dramatische Entgleisung ereignete sich am frühen Morgen des 18. November 1953 kurz vor dem Viadukt: Es quietschte, krachte und die Lokomotive rutschte vom Gleis, während der hintere Waggon umkippte. Nur wenige Meter weiter und der Zug wäre in die 15 Meter tiefe Katzbachschlucht gestürzt. Glücklicherweise wurde in der fast voll besetzten Bahn niemand verletzt.

In den 1960er-Jahren begann der Niedergang der Katzbachbahn: Sinkende Fahrgastzahlen führten zur Demontage der Gleise. Heute spannt das Viadukt, das nicht mehr als Eisenbahnbrücke dient, seine drei mächtigen Bögen still über das grüne, idyllische Katzbachtal. Der steinerne Riese kann nun von Radfahrern und Wanderern erkundet werden, und erinnert „Lost Place”-Fans an eine Zeit, in der die Eisenbahn noch das Rückgrat des Verkehrs war.
Lust auf weitere Bahngeschichten? Anders als die Katzbachbahn über das Viadukt, fährt diese Bahn in Baden-Württemberg, eine der ältesten Deutschlands, immer noch. Und diese drei Bahnstrecken zählen zu den schönsten in dem Bundesland.