EU-Staaten rüsten Marine auf: Sind die Seestreitkräfte Russlands Feuerkraft gewachsen?

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Durch den Ukraine-Krieg rückt auch die deutsche und europäische Marine zunehmend in den Mittelpunkt. Wie schützt man die heimischen Gewässer vor Putin?

Brüssel – In den nächsten fünf Jahren soll die Verteidigungsbereitschaft Europas deutlich erhöht werden. Beim Frühjahrsgipfel der Europäischen Union wurde beschlossen, dass allein in den kommenden vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro in die Verteidigungsindustrie investiert werden sollen. Ein wunder Punkt in der europäischen Verteidigung sind die Gewässer. Die russische Schattenflotte macht schon jetzt in der Ostsee immer wieder Probleme.

Zuletzt wurde vor der Küste Estlands ein Öltanker festgesetzt, der zur Schattenflotte von Wladimir Putin gehören soll. Die deutsche Ost- und Nordsee sind schon länger auch wegen des Sparkurses der Bundeswehr unzureichend geschützt, wie der Spiegel berichtet. Dabei können Putins U-Boote gleich von drei Seiten in die europäischen Gewässer eindringen.

Russlands Zugänge zu den europäischen Gewässern

Zum einen Richtung Arktis über die sogenannte GIUK-Lücke (Greenland-Iceland-UK-Gap). Zum anderen hat Russland selbst einen direkten Zugang zur Ostsee über St. Petersburg im finnischen Meerbusen. Als Letztes bleibt dem Kreml noch der Zugang zum Mittelmeer über die Straße von Gibraltar und den Bosporus bei Istanbul.

  • Ostsee: Bei St. Petersburg über den finnischen Meerbusen
  • Nordsee: GIUK-Lücke nahe der Arktis
  • Mittelmeer: Über den Bosporus-Kanal und die Straße von Gibraltar

Russland in der Arktis und der Ostsee: Die EU muss ihre Gewässer besser schützen

Vor allem das Randmeer des Arktischen Ozeans, die Barentssee, rückt als strategisch wichtiges Meer zunehmend in den Mittelpunkt. Die Barentssee liegt im Norden von Norwegen und nördlich von Westrussland, östlich der GIUK-Lücke. Hier hat Russland noch ungehinderten Zugang zu den Meeren der Europäischen Union. Deshalb wird auch für Putin die Arktis und die Region um Grönland wieder interessant.

St. Petersburg hingegen ist direkt vor der Tür der beiden Nato-Länder Finnland und Estland. Den Bosporus könnte die Türkei für Russland sperren. Somit bleibt nur die GIUK-Lücke und die Barentssee. Doch die EU hat ohnehin schon Schwierigkeiten, die eigenen Gewässer zu überwachen, wie die zahlreichen Sabotage-Akte Russlands durch die Schattenflotte gezeigt haben. Immer wieder wurden Strom- und Tiefseekabel durchtrennt. Experten vermuten hinter der Sabotage eine gezielte hybride Kriegsführung Russlands, wie der Deutschlandfunk berichtete.

Russlands Schattenflotte und Nord-Stream Sabotage offenbaren Sicherheitslücken in der Ostsee

Und auch die mutmaßlich ukrainische Sabotage der Nord-Stream Gas-Pipeline unterstreicht, wie prekär es um die deutsche und europäische Verteidigung der eigenen kritischen Infrastruktur steht. Die GIUK-Lücke wird aktuell vor allem von der Fregatte „HDMS Triton“ überwacht, die seit 1990 die eisigen Gewässer im Norden patrouilliert. Das dänische Kriegsschiff wechselt sich mit vier anderen Schiffen der Marine Dänemarks ab. Seit Beginn dieses Jahres will die Nato mit ihrer Operation „Baltic Sentry“ die Ostsee zusätzlich überwachen. Mit von der Partie sind auch zwei deutsche Schiffe, die FGS Magdeburg, eine Korvette der K130-Klasse und das Minenjagdboot FGS Dattel der Frankenthal-Klasse.

Doch Russland könnte auch ohne direkte militärische Konfrontation der Europäischen Union schaden. Schon während dem Ukraine-Krieg gelang es der russischen Flotte im Schwarzen Meer eine Seeblockade zu errichten und die ukrainischen Exporte deutlich einzuschränken.

Die Fregatte Hessen kehrt von der Operation Aspides aus dem Roten Meer in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück.
Die Fregatte Hessen kehrt von der Operation Aspides aus dem Roten Meer in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück. Auch Russlands Ostsee-Zugang bei St. Petersburg wird zunehmend von der Nato überwacht. © IMAGO/Sven Eckelkamp

EU-Marine ist Russlands Flotten zahlenmäßig überlegen

Tatsächlich dürfte eine offene Konfrontation für den Kreml zur See mit den europäischen Schiffen nicht infrage kommen. Der Marineexperte Alessio Patalano vom „King‘s College London“ erklärt: „Die europäischen Nato-Staaten haben gegen Russland im besten Fall ein Verhältnis von 8:1 bei maritimen Fähigkeiten, im schlechtesten Fall von 5:1.“ Zahlenmäßig ist Europa Russland auf dem Wasser deutlich überlegen. Doch die Gefahr bleibt. (sischr)

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