15 Euro Mindestlohn gefordert – Wortbruch-Vorwürfe gegen Scholz: „Es enttäuscht“
Geht es nach der SPD, würde der Mindestlohn auf 15 Euro steigen. Das hätte einen Effekt auf viele Beschäftigte, ruft aber auch die Arbeitgeber auf den Plan.
München – Bundeskanzler Olaf Scholz hat es schon lange vor Beginn des Wahlkampfes getan. Arbeitsminister Hubertus Heil auch. Die SPD-Politiker gaben die 15 bereits offen als Ziel aus. Nicht etwa 15 Prozent bei der Neuwahl, auch wenn Umfragen die Kanzler-Partei seit Monaten etwa in dieser Region verorten. Sondern 15 Euro. Als künftigen Mindestlohn.
Laut dem Wahlprogramm soll diese Untergrenze für die Arbeitsstunde spätestens ab 2026 greifen. Ähnlich äußert sich der verbliebene Ampel-Koalitionspartner. Die Grünen wollen die 15 Euro aber schon 2025 umsetzen, auch für Unter-18-Jährige. Auch Die Linke nennt die Zahl in ihrem Wahlprogramm im Zusammenhang mit dem Mindestlohn.
Mindestlohn von 15 Euro: Laut Zahlen verdienen 10,5 Millionen Menschen weniger
Ob es dazu kommen wird, erscheint höchst fraglich. Denn allenfalls die SPD oder die Grünen scheinen Aussichten auf eine künftige Regierungsbeteiligung zu haben – jedoch nur als Juniorpartner. Sicher ist lediglich ein Anstieg des Mindestlohns zum Jahresbeginn 2025 auf 12,82 Euro – ein Plus von 41 Cent.
Wie viele Beschäftigte in Deutschland von einem Anstieg auf 15 Euro profitieren würden, wollte die Linke-Bundestagsgruppe herausfinden. Die Abfrage beim Statistischen Bundesamt brachte Zahlen hervor, die tief blicken lassen, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, der die Auswertung vorliegt.
Demnach würden 10,5 Millionen Menschen von einer Anhebung des Mindestlohns auf das von SPD, Grünen und Linke propagierte Niveau profitieren. Also jeder vierte Beschäftigte. So viele verdienten zuletzt weniger als 15 Euro in der Stunde. Die letzten verfügbaren Zahlen stammen allerdings vom April 2023.
Mindestlohn: Vor allem in neuen Bundesländern bekommen viele Beschäftigte weniger als 15 Euro
Zwar könnten einige Geringverdiener die 15-Euro-Schwelle mittlerweile infolge von Tarifabschlüssen übersprungen haben. Allerdings wird auch festgehalten, dass 7,4 Millionen der Arbeitnehmer, die im April 2023 weniger als 15 Euro Stundenlohn bekamen, in Firmen arbeiten, die nicht nach Tarif zahlen. In diesen gibt es im Schnitt deutlich seltener Gehaltserhöhungen.
Folglich dürfte nach wie vor ein beträchtlicher Teil der Beschäftigten in Deutschland von einem 15-Euro-Mindestlohn profitieren. Der Anteil ist demnach in den neuen Bundesländern besonders hoch. In Mecklenburg-Vorpommern bekommen 36,6 Prozent der Beschäftigten weniger als 15 Euro pro Stunde, in Thüringen und Sachsen-Anhalt sind es jeweils 34 Prozent, in Sachsen und Brandenburg je 33 Prozent.
Bundesweit ist besonders das Gastgewerbe betroffen. In diesem gehen drei Viertel der 1,7 Millionen Beschäftigten mit weniger als 15 Euro in der Stunde heim. Weit verbreitet sind Geringverdiener auch im Handel, im verarbeitenden Gewerbe und im Gesundheits- und Sozialwesen. Insgesamt sind 31 Prozent der Männer unter der 15-Euro-Grenze unterwegs, bei den Frauen sind es 22,7 Prozent.

Erhöhung des Mindestlohnes auf 15 Euro? Arbeitgeber gehen auf Distanz zu Scholz
Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung dürfte also bei den Forderungen von Scholz, Heil & Co. hellhörig werden. Auch den Arbeitgebern klingeln schon die Ohren. Sie setzen sich zur Wehr. In der SZ monierte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Über die Löhne muss die wirtschaftliche Situation und nicht das Umfrageergebnis einer Partei entscheiden.“
Zudem ergänzte der 61-Jährige, der von 1990 bis 2016 für die CDU im Bundestag saß: „Politische Verzweiflung darf nicht die Arbeit der Mindestlohnkommission bestimmen.“ Die sozialpolitischen Probleme des Landes würden sich nicht mit einem „Staatslohn für Betriebe“ lösen lassen. Und direkt an Scholz gerichtet: „Es enttäuscht, dass das Wort eines Bundeskanzlers nicht mehr zählt.“

Mindestlohnkommission: Arbeitnehmer und Arbeitgeber entsenden je drei Vertreter
Wohl eine Anspielung auf die unabhängige Mindestlohnkommission, die im Zuge des Mindestlohngesetzes eingeführt wurde, um die Anpassung des Mindestlohns zu übernehmen. Denn dieser soll eben nicht auf politischen Entscheidungen fußen. Die jeweils für fünf Jahre berufene Kommission besteht aus je drei Vertretern der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite – aktuell unter anderem Kampeter –, sowie zwei wissenschaftlichen Mitgliedern. Letztere haben jedoch nur beratende Funktion. Vorsitzende ist aktuell Christiane Schönefeld, eine Juristin.
Die nun anstehende Erhöhung des Mindestlohns auf 12,82 Euro wurde bereits im Juni 2023 beschlossen. Es war der Vierte Bericht der Mindestlohnkommission. Der erste sieben Jahre zuvor hatte den Mindestlohn für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro festgelegt. (mg)