Trotz Pleite verteidigt die SPD ihren Kurs: Der Wähler will‘s einfach nicht kapieren

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Erklärungsversuche nach dem Wahl-Desaster: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl. Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Kay Nietfeld/dpa/Klaus Haag

Die Reaktion der SPD auf ihr Europawahl-Desaster zeigt: Die Scholz-Partei hält trotzig an ihrem Kurs fest und für die Verliererampel führt der Weg weiter in den Untergang. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Die SPD habe im Europawahlkampf auf die richtigen Themen „Frieden“ und „soziale Gerechtigkeit“ gesetzt, behauptet nach dem historischen Absturz tapfer ihr Generalsekretär Kevin Kühnert – und will nun die „Wahlkampagne“ überprüfen. Das klingt schwer nach: Wir haben unsere Politik nicht gut genug erklärt. Nichts könnte das Drama der SPD besser illustrieren als die trotzige Reaktion auf das Desaster: Begriffsstutzig sind nach Auffassung der Spitzengenossen die Wähler, nicht aber die Parteistrategen. Deshalb will die SPD auch nicht ihre Politik ändern, sondern nur ihre Erzählweise. Doch hat es einen Grund, wenn die Arbeiter heute mehrheitlich die AfD wählen und nicht mehr die SPD. Die einstige Arbeiterpartei kümmert sich lieber um Bürgergeldempfänger und Asylbewerber als um die fleißigen Arbeitnehmer, deren kratzbürstige Anwältin sie mal war. Kühnert sieht im Ergebnis der Europawahl eine „Kränkung des Stolzes der Sozialdemokratie“. Falsch. Es ist die SPD, die heute die Malocherehre mit Füßen tritt, wonach jede Arbeit ehrenvoller ist, als die Hand für ein Taschengeld vom Staat aufzuhalten.

So wird das nichts mehr mit der alten Tante SPD

Und weil die SPD an ihrem Unglück ja unmöglich selbst schuld sein kann, zeigt ihr General mit dem Finger auch noch auf FDP und Grüne. Mit ihnen zu regieren sei in den Augen der Wähler eine „Kontaktschande“, sagt Kühnert. Nein, so wird das garantiert nichts mehr mit der alten Tante SPD.

Für die nach Neuwahlen dürstenden Wähler gibt es wenig Hoffnung, dass Olaf Scholz sich erbarmt und seinem Kollegen Macron nacheifert, der als Konsequenz aus dem eigenen Debakel Parlamentsneuwahlen ausgerufen hat. Der Kanzler will die dafür nötige Vertrauensfrage nicht stellen – und die Union wagt kein Misstrauensvotum, damit sich die wankenden Ampelkoalitionäre nicht noch enger aneinander klammern. Die Wahlkatastrophe habe – Achtung, keine Ironie - eine „beruhigende Wirkung auf den Zusammenhalt“ der Ampel, sagt Grünen-Fundi Jürgen Trittin. Aus Angst vor dem politischen Tod könne jetzt kein Ampelpartner ausscheren. Das mag für den Moment stimmen. Doch wird der Weg in den Untergang gerade für die in der Todeszone angekommene FDP mit jedem weiteren Tag in der Verliererampel unumkehrbarer.

Georg Anastasiadis

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