Wirtschaftsweise rechnet mit Renten-Plan ab: „Macht die Probleme noch größer“
Sozialministerin Bärbel Bas bringt ihren für die Merz-Regierung so wichtigen Renten-Plan ins Kabinett. Doch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer übt scharfe Kritik am geplanten Rentengesetz.
Berlin – Das Rentengesetz, das Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) am Mittwoch (6. August 2025) ins Kabinett einbringt, betrifft heute oder künftig fast jeden im Land. Es geht um ein stabiles Rentenniveau sowie bessere Mütterrenten und wird Milliardenkosten verursachen. Von Seiten vieler Ökonomen wie der Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, kommt deshalb heftige Kritik. Die Reform soll bis zum Jahresende vom Bundestag beschlossen werden.
Rentengesetz: stabiles Rentenniveau sowie bessere Mütterrenten geplant
Mit dem neuen Rentengesetz sollen die Renten dauerhaft etwas höher ausfallen als ohne die Reform. Wie im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vereinbart, soll das heutige Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 festgeschrieben werden. Diese Haltelinie gilt bereits seit 2018, sie wird jetzt verlängert.
Konkret bedeutet das, dass die Renten weiter der Lohnentwicklung folgen und entsprechend steigen. Ohne das neue Gesetz wäre das anders: Das Rentenniveau würde im Vergleich zu den Löhnen sinken – bis 2031 um rund einen Prozentpunkt. Das Rentenniveau ist eine Rechengröße, die Renten nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst ins Verhältnis zum aktuellen Durchschnittslohn setzt.
Für die Reform müssen Milliardensummen zusätzlich in die Rentenkassen fließen. Das Geld soll den Plänen der Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zufolge aber nicht von den Beitragszahlern, sondern aus dem Bundeshaushalt kommen. Das gilt auch für die Finanzierung der geplanten besseren Mütterrenten.
Bisher werden für die Erziehung von ab 1992 geborenen Kindern drei volle Jahre bei der Rente angerechnet. Für Kinder, die davor geboren wurden, sind es bisher nur zweieinhalb Jahre. Das soll mit der Reform auf einheitlich drei Jahre angeglichen werden. Betroffen sind nach Regierungsangaben rund zehn Millionen Menschen, vor allem Frauen – daher der Name.
Wirtschaftsweise Schnitzer: Renten-Pläne „nach hinten gewandt“
Doch das Vorhaben der schwarz-roten Koalition ist vor allem unter Ökonomen umstritten. Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, hat eine eindringliche Warnung an die Merz-Regierung: Mit dem Wunsch, die Rentenanstiege zu stabilisieren, mache man das Problem noch größer, sagte sie im Podcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und nannte die Renten-Pläne „nach hinten gewandt“. Sie spricht sich stattdessen für längere Lebensarbeitszeiten und eine Dämpfung des Rentenanstiegs aus, um die jüngeren Generationen nicht zu überlasten.
„Kein anderes Land in Europa koppelt die jährlichen Rentenerhöhungen ohne Abstriche an den Anstieg der Löhne“, so Schnitzer. „Die allermeisten koppeln die Renten eigentlich nur an die Inflation.“ Auch Österreich – oft als Renten-Vorbild dargestellt – sei in dieser Hinsicht „sehr wenig großzügig“. „Dort gibt es zwar ganz gute Einstiegsrenten, aber dann steigen die halt nur noch wenig“, meint die Ökonomin gegenüber der FAZ. Dadurch sinke das individuelle Rentenniveau, gemessen am Lohnniveau, im Laufe des Ruhestands ab.
Rente: Wirtschaftsweise für längere Lebensarbeitszeit
Mit ihrer Sichtweise ist Schnitzer nicht allein – ihre Kollegen im Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilen ihre Meinung. Auch der Wirtschaftsweise Martin Werding forderte kürzlich gegenüber der Rheinischen Post eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Genauso wie die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Sie sagte gegenüber der Welt: „Wir brauchen kostendämpfende Maßnahmen bei der gesetzlichen Rentenversicherung.“ Die Ökonomin nennt konkret ein höheres Renteneintrittsalter und eine Begrenzung der Steigerungen bei bestehenden Renten. „Mit den Scheinmaßnahmen, die vorgeschlagen werden, wird man diese Herausforderungen nicht stemmen“, so Grimm. Doch die Politik habe „Angst vor der Wut des Wählers“. (lma mit dpa)