Über 700.000 suchten 2023 hier Schutz - Hunderttausende kamen zu uns: Wie die Syrer Deutschland verändert haben
Der seit Jahren andauernde Krieg in Syrien und die damit verbundene Fluchtmigration haben sich deutlich auf die Bevölkerungszahl in Deutschland ausgewirkt. Zum Jahresende 2023 waren hierzulande rund 712.000 syrische Schutzsuchende im Ausländerzentralregister (AZR) registriert, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Syrerinnen und Syrer machten damit 22 Prozent der insgesamt 3,17 Millionen Schutzsuchenden aus und waren nach ukrainischen Staatsangehörigen (31 Prozent) die zweitgrößte Gruppe.
- 712.000 syrische Schutzsuchende Ende 2023 registriert - zweitgrößte Gruppe nach Ukrainerinnen und Ukrainern
- Knapp 1,3 Millionen Menschen mit syrischem Migrationshintergrund leben in Deutschland, 18 Prozent von ihnen sind hier geboren
- Aus Syrien Zugewanderte leben im Durchschnitt seit gut acht Jahren in Deutschland
Ein Großteil der syrischen Schutzsuchenden lebt schon seit längerem in Deutschland: Von den zugewanderten syrischen Schutzsuchenden kam gut die Hälfte (52 Prozent) nach dem Ausbruch des Krieges in Syrien in den Jahren von 2014 bis 2016 erstmals nach Deutschland. Zwölf Prozent der syrischen Schutzsuchenden sind in Deutschland geboren. Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich nach Angaben des AZR unter Berufung auf völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe in Deutschland aufhalten.
Der überwiegende Teil der syrischen Schutzsuchenden verfügte über einen humanitären Aufenthaltstitel und somit über einen anerkannten Schutzstatus (624.000 oder 88 Prozent). In den meisten Fällen handelte es sich dabei um einen Schutzstatus für Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (279.000 oder 39 Prozent aller syrischen Schutzsuchenden) oder um subsidiären Schutz (240.000 oder 34 Prozent).
72.000 Erstanträge auf Asyl von Syrerinnen und Syrern von Januar bis November 2024
Der subsidiäre Schutz greift ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Bei weiteren knapp 81.000 syrischen Schutzsuchenden war der Schutzstatus noch offen (elf Prozent). Rund 7000 (ein Prozent) hatten einen abgelehnten Schutzstatus, etwa weil der Asylantrag abgelehnt wurde oder sie ihren Schutzstatus verloren hatten. Bei 90 Prozent der rund 624.000 syrischen Schutzsuchenden mit anerkanntem Schutzstatus war dieser befristet.
Auch im Jahr 2024 haben Syrerinnen und Syrer Schutz in Deutschland gesucht: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnete für den Zeitraum von Januar bis November dieses Jahres 72.000 entsprechende Erstanträge auf Asyl. Syrische Staatsangehörige stellten in diesem Zeitraum jeden dritten Erstantrag auf Asyl. Sie waren damit die größte Gruppe unter den insgesamt 217.000 Menschen, die in diesem Zeitraum in Deutschland erstmals Asyl beantragten.
Für die gesamte Europäische Union (EU) liegen die Daten bis einschließlich September vor: In diesem Zeitraum gingen laut EU-Statistikbehörde Eurostat 111.000 Erstanträge auf Asyl von Syrerinnen und Syrern ein. Auch EU-weit waren sie damit die größte Gruppe unter den Asylsuchenden (16 Prozent). Mehr als die Hälfte (52 Prozent bzw. 57.000) dieser Anträge wurden in Deutschland gestellt. Insgesamt gab es von Januar bis September 2024 EU-weit knapp 686.000 Erstanträge auf Asyl.
Eingewanderte bei Zuzug im Schnitt 22,9 Jahre alt
Deutlich größer als die Zahl der syrischen Schutzsuchenden ist hierzulande die der Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte. Laut Mikrozensus lebten 2023 in Deutschland knapp 1,3 Millionen Menschen, die selbst (82 Prozent) oder deren beide Elternteile (18 Prozent) aus Syrien eingewandert sind.
Rund 214.000 von ihnen (17 Prozent) besaßen die deutsche Staatsbürgerschaft, etwa durch Einbürgerung. Laut Einbürgerungsstatistik wurden allein im Jahr 2023 gut 75.000 Syrerinnen und Syrer eingebürgert. Sie machten mit 38 Prozent den größten Anteil an allen Einbürgerungen aus.
Ein Großteil der selbst Eingewanderten kam laut Mikrozensus im Zuge der großen Fluchtbewegung ab 2014 nach Deutschland: 62 Prozent sind zwischen 2014 und 2016 zugezogen. Im Schnitt lebten die aus Syrien Eingewanderten im Jahr 2023 seit 8,2 Jahren in Deutschland. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise waren sie durchschnittlich 22,9 Jahre alt.
Die meisten Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte lebten in Nordrhein-Westfalen (374.000, 29 Prozent). Gut jede zehnte Person (elf Prozent) lebte in Niedersachsen, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg (je neun Prozent).
57 Prozent der Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte sind männlich
Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren 2023 durchschnittlich 25,8 Jahre alt. Zum Vergleich: Personen mit Einwanderungsgeschichte insgesamt hatten ein Durchschnittsalter von 37,7 Jahren.
57 Prozent aller Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren männlich, 43 Prozent weiblich. Auch aufgrund des vergleichsweise niedrigen Altersdurchschnitts waren 774.000 oder 61 Prozent der 1,3 Millionen Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte ledig, 461.000 waren verheiratet (36 Prozent).
Ein Fünftel der Syrer in Deutschland noch in (Aus)-Bildung
Rund 863.000 Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte waren 2023 im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren. Davon waren 42 Prozent bzw. 362.000 Personen erwerbstätig, acht Prozent bzw. 66.000 erwerbslos und die Hälfte (50 Prozent bzw. 435.000) Nichterwerbspersonen, etwa weil sie noch in (Aus-)Bildung waren, weil sie krankheitsbedingt nicht arbeiten konnten oder weil sie keine Arbeitserlaubnis hatten.
Der Anteil der Nichterwerbspersonen ist deutlich höher als bei der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte insgesamt (27 Prozent) oder der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte (17 Prozent) im jeweiligen Alter von 15 bis 64 Jahren. Ein Grund dafür ist, dass sich ein hoher Anteil der Bevölkerung mit syrischer Einwanderungsgeschichte aufgrund des niedrigen Durchschnittsalters noch in (Aus-)Bildung befindet.
So waren 19 Prozent aller 15- bis 64-Jährigen mit syrischer Einwanderungsgeschichte noch in Schule oder Ausbildung. Zum Vergleich: Dies traf auf elf Prozent aller Personen mit Einwanderungsgeschichte bzw. zehn Prozent aller Personen ohne Einwanderungsgeschichte in dieser Altersgruppe zu.
Gut ein Fünftel der Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte im Alter zwischen 15 und 64 Jahren verfügte 2023 über einen berufsqualifizierenden Abschluss (22 Prozent bzw. 190.000), davon besaßen 106.000 einen akademischen Abschluss. 59 Prozent bzw. 513.000 Personen mit syrischer Einwanderungsgeschichte hatten keinen berufsqualifizierenden Abschluss. 19 Prozent befanden sich noch in (Aus-)Bildung.