Bunker-Killer: Ukraine interessant als Käufer von neuer Langstreckenrakete aus Südkorea

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Der neueste Schrecken für Nordkorea – die Hyunmoo-5. Die Rakete kann verschieden schwere Sprengköpfe tragen und verschiedene Reichweiten erzielen. Ein Käufer dieser Waffe könnte die Ukraine sein. © IMAGO/Yonhap News

Südkorea hat seine Raketenartillerie verstärkt und provoziert Nordkorea zum nächsten Schritt im Rüstungswettlauf – die Ukraine kann davon profitieren.

Kiew – Zwar bestünden keine Anzeichen dafür, dass Seoul versucht, ballistische Raketen mit größerer Reichweite zu entwickeln oder einzusetzen, schreibt Joseph Dempsey. Aber der Analyst des International Institute for Strategic Studies (IISS) sieht dennoch in der Entwicklung von Südkoreas Programm für ballistische Raketen, „dass das Land in der Lage ist, potenziellen regionalen Bedrohungen besser zu begegnen“, wie er schreibt. Südkorea macht sich in Asien jetzt stark – und gegen die Invasionsarmee von Wladimir Putin könnte die Ukraine davon profitieren.

Hyunmoo-5 heißt die Rakete, die mehr als 3.500 Kilometer zurücklegen können soll, wie das Magazin Defense Express schreibt. Moskau würde für Kiew damit voll im Fadenkreuz liegen – die Entfernung zwischen beiden Kapitalen beträgt keine 2.000 Kilometer. Laut Dempsey habe Südkorea Anfang Oktober dieses Jahres in Seoul sein neues mobiles ballistisches Raketensystem vorgestellt. Obwohl die eigentliche Rakete verborgen blieb, soll die Größe des neunachsigen Transporters darauf hinweisen, dass die vermeintliche Feststoffrakete größer sei, als alles, was Südkorea zuvor entwickelt habe.

Neuer Akteur im Ukraine-Krieg: Südkorea will Zurückhaltung gegenüber Wladimir Putin überdenken

Die Waffe soll so groß sein, wie eine Minuteman-III-Atomrakete, schreibt das Magazin Futurezone. Mit einer Länge von 15 bis 16 Metern, einem Durchmesser von 1,6 Metern und einem Gewicht von 36 Tonnen soll die Hyunmoo-5 so groß sein wie eine Interkontinentalrakete, wie Futurezone. schreibt, und die US-Variante Minuteman-III dazu vergleicht mit ihren 18 Metern Länge, 1,7 Metern Durchmesser und 35,3 Tonnen Gewicht.

„Südkoreas Streitkräfte aus im Inland entwickelten ballistischen Raketen und Marschflugkörpern sind möglicherweise die am meisten unterschätzte Waffengattung Asiens.“

Futurezone-Autor Gregor Gruber sieht die Rakete in einer eigenen Klasse verortet und bezieht sich auf einen Blogger auf X (vormals Twitter) namens „Mason“. Der schreibt offenbar öfter über die südkoreanische Rüstung und sieht In der Hyunmoo-5 eine „Ultra Powerful Ballistic Missile“ (UPBM), also eine „ultrastarke ballistische Rakete“ im Gegensatz zu einer „Intercontinental Ballistic Missile“ (ICBM). Laut Futurezone soll die südkoreanische Rakete unter Umständen auch nur 300 Kilometer weit fliegen können.

So oder so könnte die Waffe der Ukraine helfen. Südkorea hat jedoch angeblich zumindest öffentlich und offiziell Waffenverkäufe an die Ukraine abgelehnt – wobei Südkorea seit dem offensiven Auftreten Nordkoreas in der Region Kursk offenbar ins Grübeln kommt. „Die militärische Unterstützung aus Südkorea könnte von logistischer Unterstützung wie Kommunikationsausrüstung, Flugzeugteilen, Zelten, Lebensmitteln, Lastwagen und allem Mechanischen bis hin zu tödlichen Waffen wie Kleinwaffen, Panzerabwehrwaffen und Langstreckenraketen reichen“, sagt Seth Krummrich. Der britische Independent hat den ehemaligen Oberst der US-Armee zitiert, weil offenbar Südkorea seine Zurückhaltung gegenüber Wladimir Putin aufgeben beziehungsweise zumindest überdenken will.

Kims Herausforderung: Südkoreas Hyunmoo-5 mit einer Reichweite von 3.000 bis 5.500 Kilometern

Laut dem Blatt lägen aktuell alle Optionen auf dem Tisch – offenbar hätte Südkorea auch die Möglichkeiten, die Ukraine mit Raketen aufzumunitionieren. „Südkoreas Streitkräfte aus im Inland entwickelten ballistischen Raketen und Marschflugkörpern sind möglicherweise die am meisten unterschätzte Waffengattung Asiens“, schreibt Debalina Ghoshal.

Ähnlich dem US-amerikanischen Tomahawk und den russischen Kalibr, verfügt auch Südkorea über Raketen, die bis zu 1.500 Kilometer weit gegen Landziele fliegen können, wie die Analystin des Thinktank Ausralian Strategic Policy Institute (ASPI) schreibt. Außerdem besitzt das Land daneben eine Reihe ballistischer Raketen verschiedener Reichweite und Nutzlastkapazität. Ihr zufolge soll eine der in Kürze erscheinenden Waffen von U-Booten aus gestartet werden können – die andere Waffe, die sie angekündigt hatte, ist jetzt die von Land aus zu startende Hyunmoo-5 mit einer geplanten mittleren Reichweite zwischen 3.000 und 5.500 Kilometern.

Südkorea verfügt über zwei Familien von Raketen – neben den Hyunmoo die Haeseong. Die Raketenwaffe ist für Korea offenbar so entscheidend, weil sie sich möglicherweise rund 6.000 Geschützen der Nordkoreaner im Grenzgebiete erwehren müssten, sollte der Verteidigungsfall eintreten. Präzisionsschläge hätten deshalb in den vergangenen Jahren in der südkoreanischen Militärdoktrin eine entscheidende Rolle eingenommen, schreibt Missile Threat – das Raketenprogramm des Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS).

Südkoreas Ziele: Raketenbunker sowie die Kommandobunker der nordkoreanischen Führung

„Zwei zentrale Strategien der Republik Korea – „Kill Chain“ und „Korea Massive Punishment and Retaliation“ (KMPR) – stützen sich in hohem Maße auf präzisionsgelenkte Munition und Überwachung, um einen nordkoreanischen Angriff zu erkennen, zu verhindern und/oder darauf zu reagieren. Diese Strategien arbeiten Hand in Hand mit der neu entstehenden Architektur der koreanischen Luft- und Raketenabwehr (KAMD), die darauf abzielt, militärische Werte zu schützen und südkoreanische Verluste zu minimieren“, schreibt das CSIS.

Die Hyunmoo-5 sollte die Krone dieser Raketen-Phalanx darstellen – und einen Sprengkopf von acht Tonnen tragen, schreibt Joseph Dempsey. Nordkorea hätte auf diese Zuladung hingearbeitet, um Nordkoreas „schwierige Ziele“ zu zerstören, wie Dempsey schreibt, vermutlich sieht Seoul die in Nordkoreas Bunkeranlagen, vor allem Raketenbunker sowie die Kommandobunker der nordkoreanischen Führung. „Der acht Tonnen schwere Sprengkopf der Hyunmoo -5 besteht vermutlich nicht nur aus hochexplosiven Sprengstoffen und könnte auch eine dichte Metallvorstufe oder Tandemladungen zur besseren Durchschlagskraft und Zielzerstörung enthalten“, so der Analyst.

Nordkoreas Engagement stiftet Unfrieden: Die Zurückhaltung der Südkoreaner ist passé

Die unterschiedlichen Angaben zur Reichweite der Rakete resultieren aus der Möglichkeit der verschiedenen Zuladung. Die weiteren Distanzen ergeben sich lediglich aus einem gering gewichtigen Sprengkopf. Timothy Wright argumentiert, dass mit der Hyunmoo-5 das langjährige Ziel der „Raketensouveränität“ Südkoreas Wirklichkeit werden könnte.

Jüngst hatten sich Südkorea und die Vereinigten Staaten unter der Regierung von Joe Biden darauf geeinigt, die 40 Jahre alte Beschränkung der maximalen Reichweite von Seouls ballistischen Raketen aufzuheben, wie der Analyst des IISS schreibt. Diese aus dem Jahr 1979 bestehende Regelung hätte Seoul zwar Zugang zu US-Raketentechnologie ermöglicht, dem Land aber Beschränkungen der Reichweite und Nutzlast von ballistischen Raketen auferlegt. Diese Regelung hat sich mit Nordkoreas ausuferndem Raketenprogramm offenbar als überlebt gezeigt. Die Zurückhaltung der Südkoreaner hatte offenbar tatsächlich wenig langfristigen Frieden schaffen können.

Schwelender Krisenherd Asien: Die Hyunmoo-5 wird eine neue Dynamik in den Konflikt hineintragen

Die Hyunmoo-5 wird also eine neue Dynamik in den schwelenden Konflikt hineintragen. Da Südkorea jetzt schwere Sprengköpfe entwickeln und transportieren kann, um Tunnel und unterirdische Depots zu pulverisieren, wird Nordkorea die Rüstungsspirale weiter drehen – aus deren Perspektive weiter drehen müssen. Die neue Fähigkeit Südkoreas sollte dessen Position im militärischen Gleichgewicht auf der koreanischen Halbinsel erheblich stärken, vermuten Analysten. Vermutlich wird die Hyunmoo-5 das Gleichgewicht eher erschüttern. Seoul spekuliert jetzt erneut, inwieweit sie die Ukraine unterstützen könne, um sich selbst zu helfen – indem Nordkorea in Russland in die Schranken verwiesen wird.

Die größte Stärke der südkoreanischen Streitkräfte ist definitiv, dass sie ihre Waffen prinzipiell selbst produzieren – gerade hat der Nato-Partner Polen beschlossen, seine künftigen Panzerkräfte mit dem südkoreanischen K2 Black Panther auszurüsten und sich gegen die klassischen Nato-Lieferanten beispielsweise aus Deutschland positioniert. Südkorea könnte für die Nato auch zum Mentor der Luftabwehr und Raketenartillerie werden.

„Es ist durchaus möglich, dass Südkorea angesichts seiner vertieften Beziehungen zu anderen Ländern durch von den USA nicht vermittelte Waffenverkäufe ein wenig mehr Autonomie im internationalen Umfeld erlangt“, schreiben Hunter Slingbaum und Kaitlyn König. Die beiden Autoren des US-Thinktank Stimson Center rechnen aktuell damit, dass sich Südkorea als Waffen-Exporteur auf dem globalen Markt positionieren will und in der Ukraine den ersten Angriffspunkt sieht.

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