Hauptstadt spendiert 29-Euro-Ticket: Berlin dreht Bayern eine lange Nase

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Extrawurst für die Nutzer des Nahverkehrs in Berlin: Die Entscheidung der Hauptstadt für ein 29-Euro-Ticket kommentiert Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur. © Christoph Soeder/dpa/Klaus Haag

Mit dem Sonderweg, den Berlinern ein regionales 29-Euro-Ticket zu finanzieren, riskiert die Hauptstadt nicht nur die Solidarität der anderen Länder sondern auch die Zukunft des Deutschlandtickets. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Das ist nicht die feine Berliner Art: Mit Geld, das sie nicht hat und per Länderfinanzausgleich von anderen Bundesländern kassiert, spendiert die Bundeshauptstadt den Berlinern künftig ein 29-Euro-Nahverkehrsticket. Der Rabatt gilt, was soll der Geiz, für alle, nicht nur für sozial Schwache. Im besonders teuren Oberbayern hingegen gibt es solche Schnäppchen nicht: Hier müssen die Bürger 49 Euro für das (bundesweit gültige) Verkehrsticket berappen und zusätzlich über den Länderfinanzausgleich kräftig mitzahlen für die Vergünstigungen, die der schwarz-rote Berliner Senat aus durchsichtigen Gründen den Wählerinnen und Wählern in der Hauptstadt einräumt. Genauso ist es auch bei den Kitas: Berliner zahlen nichts – Münchner haben dieses Glück nur, wenn sie weniger als 15 000 Euro im Jahr verdienen. Mit großzügiger Geste gönnt sich die Hauptstadt Wohltaten, die gewissenhafter wirtschaftende Regierende anderswo ihren Bürgern vorenthalten.

Berlin überstrapaziert die Solidarität mit der Pleite-Hauptstadt

Mit ihrem Konkurrenzprodukt zum 49-Euro-Ticket riskiert die Bundeshauptstadt nicht nur das Scheitern des zwischen allen Ländern mühsam verabredeten bundesweit gültigen Verkehrstickets. Sie überstrapaziert auch die im Rest der Republik geübte Solidarität mit der Pleite-Hauptstadt. Der Länderfinanzausgleich-Hauptzahler Bayern etwa strich unter Edmund Stoiber einst sogar das Blindengeld, um aus den roten Zahlen rauszukommen. Derlei Sorgen plagen Arm-aber-sexy-Berlin offenbar nicht: In einer weiteren Extratour will der neue Regierende CDU-Bürgermeister Kai Wegner zum großen Ärger seiner Bundespartei jetzt auch noch die deutsche Schuldenbremse kippen helfen. Darüber könnte man im Grundsatz ja reden, aber nicht, wenn das Ziel sein soll, künftig noch ungenierter Wohltaten auf Pump zu verteilen. Immerhin des Beifalls der Grünen und Linken in Berlin und darüber hinaus darf sich Wegner damit sicher sein.

Georg Anastasiadis

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