„Malen rosa Wölkchen“ – Wirtschaftsverband der Grünen watscht Merz‘ Milliardenplan ab
Union und SPD wollen ein massives Sondervermögen durch den Bundestag bringen. Die Co-Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsvereinigung der Grünen äußert scharfe Kritik.
Berlin – Schlechte Nachrichten für Union und SPD. Nachdem man sich auf ein massives Investitionspaket für die Infrastruktur und die Verteidigung Deutschlands geeinigt hatte, wollte man den gemeinsamen Plan eigentlich noch in der aktuellen Legislaturperiode durch den Bundestag bringen. Weil für die notwendige Anpassung der Schuldenbremse, die Militärausgaben von der Regelung ausnehmen soll, eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig wäre, war man auf die Stimmen der Grünen angewiesen. Doch die wollen dem Investitionsvorhaben nicht zustimmen.
Der Grund: Das von CDU-Chef Friedrich Merz auf den Weg gebrachte Paket greife vor allem beim Thema Klimaschutz zu kurz, erklärte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge am Montag (10. März). Ähnlich sieht das die Co-Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsvereinigung der Grünen, Heike Discher. In einer Stellungnahme erklärte sie gegenüber fr.de von IPPEN.MEDIA, dass vor allem bei den Themen Nachhaltigkeit und Klima „noch einiges kommen“ müsse.
„Da muss noch einiges kommen“ – Grüne Wirtschaftspolitikerin kritisiert Merz‘ Milliardenplan
Das Papier, auf das sich Merz, CSU-Chef Markus Söder und die beiden SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken geeinigt hatten, enthalte „wirtschaftspolitisch eine Reihe guter Ansätze“, so Discher. So etwa bei den Energiepreisen, die den Ideen des Bundeswirtschaftsministeriums unter Robert Habeck (Grüne) entsprechen würden. Doch gerade beim Klima urteilt sie: „Da muss noch einiges kommen.“
„Bei Nachhaltigkeit und Klima aber malen die Koalitionäre rosa Wölkchen“, kritisiert Discher. In ihrer Stellungnahme erklärt sie gegenüber unserer Redaktion, dass konkrete Maßnahmen für den Umweltschutz weitestgehend fehlen würden. Für das Investitionspaket in die Infrastruktur, das über die nächsten zehn Jahre 500 Milliarden Euro an Ausgaben vorsieht, könne Treibhausgasminderung ein wichtiger Maßstab sein. Eine Große Koalition aus Union und SPD müsse „den Dialog mit der Wirtschaft suchen, um Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit zusammen zu bringen“, fordert Discher.
Die Wirtschaftsvereinigung der Grünen
Die Wirtschaftsvereinigung der Grünen besteht aus mehr als 250 Unternehmen und Personen aus der Wirtschaft. Als eingetragene Interessenvertreterin im deutschen Lobbyregister arbeitet die Wirtschaftsvereinigung der Grünen mit der Grünen-Partei zusammen. Ein Teil der Partei ist sie jedoch nicht. Die Wirtschaftsvereinigung setzt sich für eine Verbindung von Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit ein. Vergleichbar ist der Verband mit dem Wirtschaftsrat der CDU und dem Wirtschaftsforum der SPD.
Im Deutschlandfunk kündigte Merz bereits an, beim Thema Klimaschutz auf die Grünen zugehen zu wollen. Am Sonntag (9. März) erklärte der mögliche nächste Bundeskanzler, in das entsprechende Gesetz zur Umsetzung der Investitionen, „natürlich auch Maßnahmen für den Klimaschutz aufnehmen“ zu wollen.
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Kritik am Sondervermögen von Merz-Union und SPD – mehr Strukturreformen gefordert
Neben der Klimaschutzmaßnahmen kommen laut Discher auch „nötige Strukturreformen“ in dem geplanten Sondervermögen zu kurz. „Von der Verwaltungsmodernisierung über das Energiesystem bis zur Sozialversicherung, also Pflege-Rente-Gesundheit“, erklärt die Co-Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsvereinigung der Grünen. Sollte hier nicht gehandelt werden, werde dies Lohnnebenkosten in die Höhe treiben und die Qualität der Versorgung drücken.
„Statt Strukturreformen finden sich in dem Papier Geschenke wie die Mehrwertsteuersenkung für Einzelinteressen wie Gastronomie oder die Mütterrente, die letztlich von uns allen bezahlt werden müssen“, so Discher. Dies lasse mit Blick auf die kommende Regierung und das Infrastruktur-Sondervermögen „Übles ahnen“.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußerte sich zu notwendigen Strukturreformen. Vorstand und Präsidium der CDU hätten den Anspruch formuliert, dass das geplante 500 Milliarden Euro schwere Infrastrukturpaket „mit massiven Strukturreformen einhergehen muss“, sagte Linnemann am Montag (10. März) in Berlin. Das Land brauche eine große Verwaltungsreform, eine „Staatsmodernisierung“ und einen „Bürokratierückbau“. Das müsse alles kommen, forderte Linnemann. Dies werde allerdings erst in Koalitionsverhandlungen mit der SPD ausgehandelt.
„So wäre das Sondervermögen ein Schwindel“ – Grüne Wirtschafts stellen Forderungen an Union und SPD
Als weitere Forderung erklärt Discher in ihrer Stellungnahme, dass die geplanten Investitionen nicht für „bereits geplante Maßnahmen“ eingesetzt werden dürften. Sollte die GroKo das Sondervermögen nicht für zusätzliche Investitionen nutzen, entlaste das Paket lediglich den Kernhaushalt. Damit stelle die Milliardeninvestition „konsumtive Geschenke von CDU und SPD je an ihre Klientel auf Kosten kommender Generationen“ dar. „Sollte das der Fall sein, so wäre das Sondervermögen ein Schwindel, der dem Standort Deutschland schadet, statt nützt.“
Linnemann hat bereits auf die von den Grünen angekündigte Ablehnung des Sondervermögens reagiert. Er wolle „heute noch“ Gespräche mit der Noch-Regierungspartei führen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Stellung nehmen wolle er zu den Forderungen der Partei allerdings nicht. Dies könne Gespräche erschweren. In diesem Zuge kündigte er an, dass Union und SPD darauf achten würden, dass es Planungsbeschleunigung und Strukturreformen geben werde. Dafür sei eine Arbeitsgruppe in den anstehenden Koalitionsverhandlungen geschaffen worden. (nhi)