Lange Freiheitsstrafe nach langem Martyrium im Isarwinkel: Richterin spricht Klartext
Im Vergewaltigungsprozess gegen einen 58-Jährigen ist das Urteil gefallen. Die Richterin sah die Tat als erwiesen an. Der Täter hingegen zeigte keine Einsicht.
Bad Tölz-Wolfratshausen/München – Das Landgericht München II hat am Dienstag einen Mann wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Beleidigung zu sechs Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der 49-Jährige hatte im Juni vergangenen Jahres seine Freundin eine Nacht lang in deren Wohnung in einer Gemeinde im Isarwinkel brutal misshandelt. Zu der Strafe kommt noch eine offene Bewährung aus einem anderen Prozess. Somit dürfte der 49-Jährige die nächsten acht Jahre weggesperrt sein.
Richterin findet klare Worte
Zweieinhalb Stunden lang, verteilt über zwei Tage, beteuerte der Angeklagte in seinem letzten Wort seine angebliche Unschuld. Doch die Strafkammer unter dem Vorsitz von Regina Holstein sah es als erwiesen an, dass der Ingolstädter die 58-Jährige über Stunden malträtiert hatte. Der Mann hingegen bestritt über elf Verhandlungstage die Vorwürfe. Die Initiative zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr sei von ihr ausgegangen, behauptete er.
Die Richterin nahm sich in ihrer Urteilsbegründung den 49-Jährigen ungewöhnlich intensiv zur Brust. „Unserer Auffassung nach haben sie in dieser Juni-Nacht 2023 den größten Fehler begangen. Doch das können sie sich selber nicht eingestehen“, sagte Holstein. Der Mann schaute sie empört an. Doch die Richterin sprach noch länger Klartext. Unter Bezug auf Aussagen früherer Freundinnen bezeichnete sie den Ingolstädter als Mann mit zwei Gesichtern. Er komme gut mit Frauen ohne Selbstbewusstsein klar. Wenn er sich an Partnerinnen wage, die spannender seien, werde er aggressiv und versuche, die Frauen in Schach zu halten, führte sie aus.
Frau kann erst in den Morgenstunden fliehen
Im Fall des Opfers war er wohl an eine Frau des letzteren Typus geraten. Als er am Tat㈠abend in ihrer Wohnung angekommen war und zunächst auf sie warten musste, fand er einige Kassenzettel für Tage, an dem sie ihm nichts von einer Shopping-Tour durch München berichtet hatte. Das machte ihn furchtbar ärgerlich. In seiner Übellaunigkeit zwang er die 58-Jährige nach ihrer Rückkehr zu Boden. Er schlug und beschimpfte sie. Die Frau versuchte, ihn zu beruhigen. „Er war nicht mehr er selbst. Ich musste weg aus der Küche“, erinnerte sie sich als Zeugin vor Gericht.
Doch ihr Freund machte immer weiter, beleidigte sie als „Dorfhure“ und „Dorfnutte“. Sie bekam Todesangst, doch die Flucht gelang ihr erst in den frühen Morgenstunden, nachdem er eingeschlafen war. Davor hatte er sie vergewaltigt. Vor einigen Jahren hatte der Mann schon einmal in ähnlich gewalttätiger und demütigender Weise eine Frau missbraucht. Danach saß er eine dreijährige Gefängnisstrafe ab. Insgesamt brachte es der 49-Jährige auf 13 Vorstrafen.
Angeklagter verwickelt sich in Widersprüche
In seinem Schlusswort hatte sich der Mann immer wieder in Widersprüche verstrickt und war auf äußere Umstände eingegangen, die für das Verfahren belanglos waren. Zum Schluss hatte er sich sogar zu der Behauptung verstiegen, sein Opfer gehöre zu dem Clan einer mobilen ethnischen Minderheit, die sich in der Gemeinde niedergelassen hätte.
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Die Richterin ließ sich nicht von seinem Vortrag beeindrucken und fragte ihn lediglich, warum er denn in der Tatnacht nicht einfach nach Hause gefahren sei. Schließlich habe er mit der Frau doch Schluss machen wollen. So zumindest lautete eine seiner Behauptungen. Die Richterin lieferte die Antwort gleich mit. „Da schau ich mal, was mit der Frau noch geht“, habe er sich wohl gedacht, während er laut Richterin noch in einer anderen Beziehung steckte und bereits ein Auge auf eine dritte Frau geworfen hatte.
Zusammen mit der Strafkammer brummte sie dem Angeklagten auch noch Schmerzensgeld und Schadenersatz in Höhe von 15 000 Euro auf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Vermutlich wird der Verteidiger in Revision gehen. (wal)