„Mit KI Anschläge eher verhindern“ – CDU-Spitzenkandidat fordert Handyüberwachung auf Weihnachtsmärkten

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

In Sachsen-Anhalt könnte die AfD erstmals den Ministerpräsidenten stellen. Sven Schulze (CDU) will das mit KI und einer 4-Tage-Woche in der Schule verhindern.

Magdeburg – In Sachsen-Anhalt könnte bald der erste AfD-Ministerpräsident ins Amt gewählt werden. Das zeigen aktuelle Umfragen. 2026 wählt das Land, CDU-Altmeister tritt nicht mehr an. Stattdessen will Sven Schulze den Vormarsch von AfD-Mann Ullrich Siegmund aufhalten. Und das mit einigen ungewöhnlichen Plänen. Im Interview erzählt er von KI als Mittel zur Terrorabwehr und einer 4-Tage-Woche in der Schule.

Sven Schulze von der CDU will der nächste Ministerpräsident Sachsen-Anhalts werden. Um Anschläge wie auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt 2024 künftig zu verhindern, will er auf mehr Überwachung setzen – auch mit KI. © IMAGO / Sylvio Dittrich/ Ippen/ Schmitt(Montage)

AfD könnte Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt stellen – wie die CDU dagegen ankommen will

Herr Schulze, politisch scheint Sachsen-Anhalt gerade zu kippen – verändert sich auch Ihr Alltag, werden Sie angefeindet?

Ich bin hier geboren und stolz auf meine Heimat. Man wundert sich oft, wie Sachsen-Anhalt von außen dargestellt wird. Ich erlebe gerade das Gegenteil von Anfeindung, nämlich großen Zuspruch der Menschen. Und das schon zehn Monate vor der Wahl, so etwas gibt es sonst kaum. Die Menschen wissen, was am 6. September auf dem Spiel steht, Sachsen-Anhalt ist kein Experimentierfeld.

In Umfragen ist die AfD klar auf Platz eins – Sie sprachen mal von einer Momentaufnahme. Ein Irrtum?

Wie in ganz Ostdeutschland ist die CDU auch hier gerade nicht stärkste Kraft in den Umfragen. Wir können es bei der Wahl aber werden. Auch vor der letzten Landtagswahl lagen wir in Umfragen hinten und haben dann gewonnen. Dafür müssen wir uns jetzt stärker auf die Inhalte konzentrieren. Das ist unsere Stärke und das ist die Schwäche der AfD. Die AfD erzählt den Menschen, mit Radikalität in der Migrationspolitik wären alle Probleme gelöst – was für eine Fehleinschätzung.

CDU-Spitzenkandidat und amtierender Wirtschaftsminister Sven Schulze (Mitte) im Gespräch mit Anne Merholz (Mitglied der Chefredaktion, links) und Hauptstadtkorrespondent Moritz Maier (rechts).
CDU-Spitzenkandidat und amtierender Wirtschaftsminister Sven Schulze (Mitte) im Gespräch mit Anne Merholz (Mitglied der Chefredaktion, links) und Hauptstadtkorrespondent Moritz Maier (rechts). © Ippen/ Schmitt

Mit welchen Inhalten wollen Sie punkten?

Zum einen sprechen wir über das Leben im ländlichen Raum und Strukturen, die wir erhalten müssen. Wir sprechen auch darüber, wie wichtig eine gute Kinderbetreuung auf dem Land ist. Wir brauchen auch eine Verwaltungsreform, unser Land muss effektiver, schlanker und schneller werden. In manchen Teilen ist das schon gut gelungen, in anderen müssen wir nachziehen.

Wo?

Wir müssen bei den einfachen Dingen schneller werden, das gilt für jeden Antrag eines Bürgers im Bürgerbüro genauso wie für jede Genehmigung unserer mittelständischen Unternehmen im Land. Auch in der Bildung müssen wir ansetzen, ich will, dass die praktische Ausbildung in der Schule mehr Raum findet. Schüler, die nicht vorhaben zu studieren, könnten künftig vier Tage in die Schule gehen und den fünften Tag in die Praxis. Etwa auch im Rahmen bezahlter Praktika. Nicht jeder muss Abitur machen. Wir brauchen den Mut, solche Dinge anzugehen.

CDU-Spitzenkandidat: „Video- und Handyüberwachung“ für mehr Sicherheit auf Weihnachtsmärkten

Die CDU regiert seit 2002 - Sie hätten all das doch schon umsetzen können.

Von Rainer Haseloff zu mir findet gerade ein Generations- und damit auch ein Themenwechsel statt, das ist ganz normal. Wir als CDU hinterfragen uns immer kritisch. Und es gibt Dinge, die in der Vergangenheit funktioniert haben, aber irgendwann reformiert gehören. Etwa im Bereich innerer Sicherheit, da müssen wir auf technische Neuerungen reagieren.

Das heißt?

KI bietet uns neue Möglichkeiten im Bereich Datengewinnung und Videoüberwachung. Wir sitzen zu diesem Interview hier in Magdeburg, wo vor einem Jahr der schreckliche Anschlag auf den Weihnachtsmarkt erfolgte. KI soll uns künftig genau da helfen und herausfinden, ob jemand kein normaler Besucher ist, sondern einen Ort vorab oft ausspäht.

Wie soll das funktionieren?

Darüber befinde ich mich gerade in intensiven Gesprächen mit der Innenministerin. Es geht um moderne Technik, um Ausweitung von Video- und Handyüberwachung, die wir uns ansehen. Die Hoffnung: Auch mit KI werden wir Anschläge künftig eher verhindern.

Um das umsetzen zu können, brauchen Sie nach der Wahl eine Mehrheit. Aber neben der AfD wollen Sie auch mit der Linken nicht zusammenarbeiten. Bleiben Sie dabei?

Ich kämpfe für die Themen der CDU und für Sachsen-Anhalt. Es ist falsch, sich jetzt schon Gedanken über die Machtoptionen für danach zu machen.

Die Menschen dürfte es aber schon interessieren, mit wem Sie regieren wollen, bevor sie ihr Kreuz setzen.

Ich habe in der Vergangenheit schon gesagt, dass es für mich nicht vorstellbar ist, dass neben mir am Kabinettstisch jemand mit AfD- oder Linken-Parteibuch sitzt. Keiner weiß jetzt, wie das Ergebnis aussehen wird, deshalb will ich lieber für meine Themen kämpfen, denn das wird eine Schicksalswahl für ganz Deutschland.

Apropos Deutschland: Die CDU-geführte Bundesregierung ist im Dauerstreit, zuletzt bei der Rente. Stabilisiert Schwarz-Rot das Land überhaupt noch?

Im Vorfeld der Bundestagswahl wurde oft gesagt, dass die Wahl die letzte Chance für das Land sei. Wenn das stimmt, muss man diese jetzt auch nutzen. Teilweise läuft es ja sehr gut, etwa im außenpolitischen Auftreten des Kanzlers, ebenso in der deutlichen Reduzierung der Migration. Die Zahlen gehen unter Innenminister Dobrindt massiv zurück.

Aber?

Jetzt geht es darum, innenpolitisch zu punkten, gerade erlebe ich in Berlin zu viel Streit. Wir müssen schneller in die Umsetzung kommen und können uns stetig steigende Staatsausgaben nicht mehr leisten.

Weniger Streit, das hat auch Merz im Wahlkampf versprochen … Wird der Kanzler für Sie im Wahlkampf zur Belastung?

Das Bild einer Regierung liegt nie nur an einer Person. Alle Verantwortlichen müssen bereit für Kompromisse sein und ja, die sind oft schmerzhaft. Aber wir müssen uns auf das Ziel konzentrieren: Ein Deutschland, das reformiert gehört. Ich bin als Ingenieur viele Jahre in der Welt unterwegs gewesen und weiß, Deutschland hat wirtschaftlich noch immer beste Voraussetzungen. Wir nutzen sie im Moment aber nicht. Berlin muss sich um unsere Wirtschaft kümmern und nicht darum streiten, wer zur Verfassungsrichterin gewählt wird.

Würde sich die Krawatte demnächst am liebsten als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident richten: CDU-Spitzenkandidat Sven Schulze
Würde sich die Krawatte demnächst am liebsten als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident richten: CDU-Spitzenkandidat Sven Schulze © Ippen/ Schmitt

Was schlagen Sie zum Schutz der deutschen Schlüsselindustrien vor?

In Sachsen-Anhalt haben wir eine starke Chemieindustrie, die aber nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren kann. Wir brauchen niedrigere Energiepreise. Wirtschaftsministerin Reiche gibt mit der Gasumlage, den Netzentgelten und dem Industriestrompreis gute Impulse.

Intel plante eine milliardenschwere Chipfabrik in Magdeburg, die nun flachfällt. Der Hightech-Park ist trotzdem für viel Geld erschlossen worden. Können Sie als künftiger Ministerpräsident garantieren, dass dort andere Firmen Arbeitsplätze schaffen?

Schon jetzt wäre es für mich als amtierender Wirtschaftsminister kein Problem, den Hightech-Park zu füllen. Wir wollen dort aber Unternehmen mit viel Wertschöpfung und Technologien ansiedeln, die jahrzehntelang notwendig sind. Ein Beispiel ist das Unternehmen FMC, da bringen wir die Finanzierung gerade auf den Weg, auch mit anderen führen wir bereits Gespräche. Klar ist: Der Hightech-Park wird seinem Namen gerecht werden. Mir ist angesichts der aktuellen Wirtschaftslage aber auch wichtig zu sagen, dass meine Priorität gerade ist, bestehende Arbeitsplätze und Betriebe zu erhalten. Denn im Gegensatz zur AfD habe ich tatsächlich umsetzbare Vorstellungen in Sachen Wirtschaft und verspreche nicht einfach das Blaue vom Himmel.