"Putin sagt, was er macht - aus irgendeinem Grund wird es nicht ernst genommen"

Den Krieg in der Ukraine möglichst bald beenden: Das ist eines der erklärten Ziele von US-Präsident Donald Trump. Am Montag sprach er von guten Aussichten auf eine kompromisstaugliche Lösung. An Bord seines Regierungsfliegers, der "Air Force One", sagte Trump: "Ich denke, es gibt eine gute Chance, dass wir einen Deal machen können."

Andere sind da nicht ganz so optimistisch, etwa sein an den jüngsten Verhandlungen beteiligter Außenminister Marco Rubio. Er meinte, es gebe noch "viel zu tun". Klar ist nur: Seit Tagen wird intensiv über einen möglichen Friedensplan für die Ukraine diskutiert. Immerhin herrscht dort seit fast vier Jahren Krieg. 

Major: Putin hat offenbar kein Interesse an Deeskalation

Die Politikwissenschaftlerin und Sicherheitsexpertin Claudia Major sagte im Interview mit der "Zeit", dass Verhandlungen, die zu einem dauerhaften Frieden führen, natürlich erstrebenswert seien. "Das setzt aber voraus, dass es ein ehrliches Interesse an Deeskalation gibt. Das kann ich auf russischer Seite leider nicht erkennen", so die Politologin. 

Diese Einschätzung führt sie auf mehrere Beobachtungen zurück. Moskau eskaliere den Krieg etwa immer weiter und betone öffentlich, dass es ihn noch lange fortsetzen könne.

Russische Soldaten
Russland setzt im Ukraine-Krieg Tausende ausländische Söldner ein (Symbolbild). Uncredited/Russian Defense Ministry Press Service/AP/dpa

"Die russischen Verhandlungsvorschläge, etwa in Istanbul, liefen darauf hinaus, auf diplomatischen Wegen das zu erreichen, was Moskau militärisch nicht schafft: das Ende der souveränen Ukraine", sagte Major der "Zeit". Während die Ukraine einen Waffenstillstand akzeptiert habe, lehne Russland ihn ab. 

Verhandlungen finden laut der Politikwissenschaftlerin zwar statt, etwa über Gefangenaustausche oder den Getreidedeal. Nur eben nicht über ein Kriegsende. "Russland scheint daran kein Interesse zu haben, sondern zu glauben, dass es über ein Fortsetzen des Krieges seine Interessen besser erreichen kann als über Deeskalation."

Witkoff und Kushner treffen sich mit Putin

In den vergangenen Tagen war viel über den sogenannten 28-Punkte-Plan für Frieden in der Ukraine diskutiert worden. Enthüllungen des "Wall Street Journal" (WSJ) zufolge sollen sich Russlands Staatsfondschef Kirill Dmitrijew, der US-Gesandte Steve Witkoff und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner in Miami ausgetauscht haben. 

Es ging dabei offenbar nicht nur um Geopolitik und Frieden, sondern auch um einen russisch‑amerikanischen Wirtschaftsneustart. Inzwischen wurde der ursprüngliche Entwurf des Friedensplans, der der Ukraine weitreichende Zugeständnisse an Russland abverlangte, entschärft. Vertreter der Ukraine und der USA hatten sich beraten.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, wollen sich Witkoff und Kushner am Dienstag in Moskau mit Kreml-Chef Wladimir Putin treffen und über Wege zur Beendigung des Krieges sprechen. Eine Einigung ist trotzdem noch nicht in Sicht. 

"Putin sagt sehr viel, aber es wird nicht ernst genommen"

Major betonte im Gespräch mit der "Zeit", dass Putin deutlicher kommuniziert, als es oft dargestellt wird. "Er sagt sehr viel, er sagt auch sehr klar, was er macht. Aus irgendeinem Grund wird es an vielen Stellen in Deutschland und Europa nicht ernst genommen", so die Politologin.

Der Einsatz militärischer Gewalt sei, so erklärt sie es, aus russischer Perspektive effizient und legitim. "Der Westen nimmt das zum Teil nicht wahr, er spricht diese Sprache nicht mehr." Major heißt das zwar gut. Man dürfe aber nicht die Fähigkeit verlieren, das Gegenüber zu verstehen - gerade auch, wenn es komplett anders denkt als man selbst.

Putin hat seine Forderungen, was den Ukraine-Krieg betrifft, tatsächlich mehrfach deutlich gemacht. Im Dezember 2023, auf seiner Jahrespressekonferenz, sagte er, die Ukraine müsse "demilitarisiert und entnazifiziert", außerdem forderte er einen neutralen Status des Landes. 

Ein halbes Jahr später, während eines Treffens mit Diplomaten im russischen Außenministerium, klang das ganz ähnlich: "Die Position lautet: neutraler, block- und nuklearfreier Status für die Ukraine, ihre Entmilitarisierung und Entnazifizierung", so der Kreml-Chef. 

Moskau scheint an seiner diplomatischen Taktik festzuhalten

In der vergangenen Woche machte er bei einem Besuch in Kirgisistan dann den Rückzug der Ukraine aus den von Russland beanspruchten Gebieten zur Bedingung für die Einstellung der Kämpfe. 

"Wenn sie dies nicht tun, werden wir dies mit militärischen Mitteln erreichen", sagte Putin. Die von den USA und der Ukraine erarbeiteten Friedensvorschläge bezeichnete er lediglich als mögliche Grundlage für Verhandlungen. Das Fazit: Auf dem Schlachtfeld mag Moskau seine Taktik anpassen. Das scheint aber nicht fürs diplomatische Parkett zu gelten. 

Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte laut Reuters, Putin werde Witkoff und Kushner am Dienstag im Kreml empfangen. Er wolle sich aber nicht zu Russlands "roten Linien" äußern. Der Grund: Megafon-Diplomatie sei nicht zielführend.