Konfrontation im Rentenstreit: Die Union klärt heute bei ihrer Fraktionssitzung die Fronten für die Abstimmung im Bundestag. Für Merz und Spahn geht es um viel.
Berlin – Für Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seinem Fraktionschef Jens Spahn schlägt heute die Stunde der Wahrheit: Bei der Fraktionssitzung der Union wird sich herausstellen, ob es für das Rentenpaket der schwarz-roten Koalition eine ausreichende Mehrheit im Bundestag geben wird. Bei der heutigen Sitzung sollen die CDU- und CSU-Abgeordneten reinen Wein einschenken: Stimmen sie am Freitag im Bundestag dem Rentenpaket zu – oder lehnen sie es ab?
Während Merz felsenfest zu den Rentenplänen mit der SPD steht, sind viele in der Unionsfraktion partout dagegen, vor allem Abgeordnete der Jungen Union (JU). Vor der Fraktionssitzung der Union heute liegen die Nerven blank. Vor allem, weil gestern ein Schreiben der Jungen Union an die Presse ging, das eine regelrechte Abrechnung mit der SPD und deren Rentenplänen darstellt. Auch dem Münchner Merkur von Ippen.Media liegt das Papier vor.
Rentenstreit in der Union: Vor Fraktionssitzung verfasst Junge Union Abrechnung mit der SPD
Das Gesetz, das Milliardenkosten nach sich ziehe, sei „nicht zustimmungsfähig“, hieß es in dem Schreiben der Jungen Union, in dem es den Abgeordneten der Jungen Gruppe der Unionsfraktion freigestellt wird, wie sie sich angesichts der Lage bei der Bundestags-Abstimmung zur Rente verhalten.
Wie er im Bundestag zur Rente abstimmen will, wollte JU-Chef Johannes Winkel am Montag nach einer Sitzung des CDU-Vorstands auf Nachfrage nicht sagen. Jedoch sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: Winkel habe in der CDU-Vorstandssitzung sein Nein zum Rentenpaket in seiner jetzigen Form bekräftigt. Der CDU-Abgeordnete habe „sein Abstimmungsverhalten deutlich gemacht, dass er dem so nicht zustimmen kann“, sagte Linnemann, der selbst für Zustimmung zum Rentenpaket wirbt.
Darum geht es im Rentenstreit
Die jungen Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion stören sich im Rentenpaket an einem Punkt: Zwar akzeptieren sie ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031, lehnen wegen befürchteter Milliardenkosten aber ab, dass es auch danach noch höher angesetzt wird als das Gesetz vorschreibt. Darauf pocht vor allem die SPD in der Koalition, aber auch Kanzler Merz setzte sich zuletzt für das höhere Rentenniveau ein.
Bei Merz-Schlappe in Fraktionssitzung heute droht politisches Chaos und Ende für Spahn
Zuckerbrot und Peitsche hatte die CDU-Parteiführung in der vergangenen Woche eingesetzt, um die jungen Abgeordneten bei der Rente auf Linie zu bringen. Fraktionschef Jens Spahn macht offenbar in Einzelgesprächen mit den Abweichlern Druck. Merz und CSU-Chef Markus Söder hielten parallel zwar am Rentenpaket fest, verhandelten im Koalitionsausschuss mit SPD-Chefs Lars Klingbeil und Bärbel Bas aber noch ein paar Extrapunkte hinein. Erstens: Ein 10-Milliarden-Aktienpaket für die Rente der Jungen. Zweitens: eine früher eingesetzte Reformkommission mit einem reservierten Platz für die Junge Union. Und drittens: ein Entschließungsantrag, mit dem die Regierung parallel zum Rentengesetz die feste Absicht kund tut, der jungen Generationen nicht die ganze Rentenlast aufzubürden.
Kommt es trotz dieser Bemühungen zum Scheitern der Renten-Abstimmung, wären die Folgen für Merz und Spahn wohl verheerend. Es droht politisches Chaos und ein Scheitern der Koalition aus SPD und Union. Für Jens Spahn dürfte es um die politische Karriere gehen.
Schon bei der Richterwahl hatte Spahn in den Augen vieler versagt, indem er zu spät erkannt hatte, wie massiv der Widerstand in der CDU/CSU gegen Kandidatin Brosius-Gersdorf war. Viele Abtrünnige kann sich die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD auch beim Rentenpaket nicht leisten. Sie hat nur eine dünne Mehrheit von zwölf Stimmen im Bundestags. Allein die Abgeordneten der Jungen Union stellen aber 18 Mann und Frau.
Kanzler Merz setzt vor Fraktionssitzung heute auf Zustimmung der Jungen Union
Kanzler Merz hatte am Freitag in einem Statement gesagt, er habe „begründete Hoffnung“, dass die Junge Union merke, dass es der Regierung ernst sei mit einer künftigen umfassenden Reform des Rentensystems. „Ich setze auf Zustimmung“, sagte der Kanzler.
Bei Carmen Miosga am Sonntagabend erklärte Spahn, eine Mehrheit für das Rentengesetz sei „im Werden“. Die Bild berichtete, dass die jungen Abgeordneten einen gesichtswahrenden Ausweg aus dem verfahrenen Rentenstreit suchen. Möglich sei, dass einige junge CDU-Abgeordnete zwar mit Ja stimmen, aber eine persönliche Erklärung dazu abgeben. Auch eine Enthaltung bei der Bundestags-Abstimmung zur Rente schwebt wohl im Raum.
Für die Fraktionssitzung der CDU/CSU am heutigen Freitag ist also alles offen – Merz und Spahn könnten danach beruhigt aufatmen oder vor gewaltigen Problemen stehen: Im Bundestag abgestimmt werden soll über das Rentenpaket schon am Freitag (4. Dezember), daran heilten Merz und Klingbeil zuletzt eisern fest. (Quellen: ARD, Ntv, Bild eigene Recherche) (smu)