Das Plakat gegen die Omas gegen Rechts geht zu weit

  1. Startseite
  2. Politik
  3. AfD

Kommentare

Ein Kommentar von Dieter Priglmeir © hep

Ein AfD-Plakat in der Erdinger Innenstadt diffamiert die Omas gegen Rechts. Die Rechtssprechung muss nun über die Inhalte entscheiden, ob sie strafrelevant sind. Geschmacklos sind sie auf alle Fälle. Ein Kommentar.

Die Omas gegen Rechts teilen aus – und sie müssen einstecken können. Das gehört zur politischen Auseinandersetzung. Doch dieses Plakat geht zu weit. Die von der AfD angeführte Meinungsfreiheit ist kein Freifahrtschein für Beleidigung und Diffamierung. Ihre Grenze erreicht sie dort, wo eine Aussage sich nur noch in widerlichen Schmähungen erschöpft.

Die Zeilen stammen laut Wolfgang Kellermann aus den Sozialen Netzwerken – und dort hätten sie bleiben sollen. Wenn schon Schund, dann bitte auf dem Display derer, die ihn freiwillig konsumieren. Aber nicht in riesigen Lettern mitten in der Innenstadt, wo Kinder auf dem Weg zum Christkindlmarkt mit geschmacklosen Inhalten konfrontiert werden.

Sollen wirklich Plakate, in denen von „Völkermord“, „Messerstechern“ und „Vergewaltigern“ die Rede ist, unweit von Christbäumen und Weihnachtssternen stehen? Man darf hoffen, dass diese Frage in die Bewertung der Stadtverwaltung noch einfließt. Traurig genug, dass die drei AfD-Mitglieder im Stadtrat solchen Darstellungen offenbar ihren Segen geben.

Auch wir haben überlegt, ob wir das Plakat überhaupt abbilden sollen. Wollen wir diesen Menschen wirklich noch ein Forum bieten? Liebe Leserinnen und Leser, diesmal müssen Sie leider mit uns da durch. Denn wir wollen erklären, warum die Omas gegen Rechts so getroffen sind.

Wir reden hier von Menschen, die aus den Erzählungen ihrer Eltern wissen, wie gefährlich es wird, wenn eine vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei das Sagen bekommt. Menschen, die ihren Eltern einst vorwarfen, „wie habt ihr das nur so weit kommen lassen?“ – und nun selbst tatenlos zusehen sollen? Menschen, die ehrenamtlich (nein, sie werden nicht bezahlt, von wem denn auch) handeln, um ihren Kindern und Enkeln solche Entwicklungen zu ersparen. Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet und Familien großgezogen haben und jetzt ihren Enkeln erklären müssen, was dieses Plakat ihnen unterstellt: „Nein, deine Oma hat natürlich nichts mit Messerstechern und Vergewaltigern gemein.“ Und wie infam es ist, Migranten pauschal mit solchen Straftaten gleichzusetzen, steht noch einmal auf einem anderen Blatt.

Der Wahlkampf hat gerade erst begonnen. Gut möglich, dass dieses Plakat – und andere Geschmacklosigkeiten – wieder auftauchen. Diese Verrohung ist schrecklich. Der einzige Trost: Immerhin bleibt die Möglichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger am Wahlkampfstand ihre Meinung dazu sagen.