Jobcenter triumphiert: Frau muss 42.000 Euro Bürgergeld zurückzahlen

Fünf Jahre lang kassierte eine Frau Bürgergeld, obwohl sie bereits eine russische Altersrente erhielt – das Bundessozialgericht verlangt nun die Rückzahlung von über 42.000 Euro.

Eine Frau zog 2004 von Russland nach Deutschland. Sie beantragte hier Grundsicherung und bekam sie auch. Fünf Jahre lang überwies das Jobcenter Leistungen, übernahm zusätzlich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Alles wirkte unauffällig – bis das Jobcenter durch Hinweise von Dritten aufmerksam wurde und herausfand, dass die Frau bereits seitdem sie 50 Jahre alt ist eine Altersrente aus Russland erhielt.

Erst auf Nachfrage legte sie entsprechende Unterlagen vor. Danach folgte eine der härtesten Konsequenzen, die das Sozialrecht kennt: Das Jobcenter machte die komplette Leistungsbewilligung rückgängig und verlangte jeden Cent zurück. Insgesamt: 42.155,88 Euro. 

Die Frau klagte, allerdings vergeblich. Nach zwei Instanzen landete der Fall vor dem Bundessozialgericht (BSG). Das hat ein Grundsatzurteil gefällt (Az. B 7/14 AS 10/21 R). 

Die Richter urteilen eindeutig

Das BSG bestätigte die Rückforderung. Der entscheidende Punkt: Die russische Altersarbeitsrente gilt sozialrechtlich wie eine deutsche Altersrente. Schließlich wurde sie durch einen öffentlichen Träger bezahlt, ist an eine Altersgrenze gebunden und soll den Lebensunterhalt im Alter sichern.

Damit hat, wer eine solche Rente bezieht, keinen Anspruch auf Bürgergeld. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Rentenbezieher nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden müssen und deshalb nicht in das System der Grundsicherung gehören. Und: Die Rente muss im Antrag zwingend angegeben werden unabhängig von der Höhe.

Dass russische Renten häufig niedrig ausfallen und das Rentenalter früher liegt, spiele keine Rolle, so das Gericht. Entscheidend sei allein: Ist die Leistung vom Typ her eine Altersrente, die den Lebensunterhalt sichern soll? Im Fall der Klägerin: Ja.

Warum das Gericht der Frau grobe Fahrlässigkeit vorwirft

Die Klägerin argumentierte, sie habe wegen Sprachbarrieren nicht verstanden, dass sie ihre Rente angeben müsse. Auch diese Begründung wiesen die Richter ab und stellten klar: Wer Formulare nicht versteht, muss sich qualifizierte Hilfe holen. Wer eine laufende Rente bezieht, kann sich nicht darauf berufen, diese sei „irgendwie nicht gemeint“ gewesen. Andernfalls handelt man grob fahrlässig. 

Auch das Argument, die Sozialbehörde hätte früher „merken können“, dass etwas nicht stimme, akzeptierte das Gericht nicht. Die Richter machten vielmehr klar: Es gibt keinen Anspruch darauf, dass Behörden eigene Versäumnisse ausgleichen. Und: Der Sozialhilfeträger war nicht verpflichtet, rückwirkend einzuspringen, weil er damals keine Kenntnis von der Rentenauszahlung hatte.

Auch Versicherungsbeiträge müssen zurückgezahlt werden 

Die Rückforderung setzt sich zusammen aus 34.307 Euro Bürgergeld und rund 7849 Euro Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die das Jobcenter für sie abgeführt hatte. In Summe ergibt das den Rückforderungsbetrag von knapp 42.200 Euro.

Was Betroffene jetzt beachten müssen

„Der Fall ist kein Einzelfall, sondern wegweisend“, erklärt Sozialrechtsexperte Utz Anhalt: „Wer eine ausländische Altersrente erhält – egal, ob russisch, ukrainisch oder aus einem anderen Staat – muss prüfen, ob diese Leistung einer deutschen Altersrente vergleichbar ist.“

Zudem schützen Sprachprobleme nicht vor Rückforderungen: Wer Anträge unterschreibt, trägt Verantwortung – auch bei Verständnisschwierigkeiten.

Fehlangaben können nicht nur teuer werden, sondern auch strafrechtliche Folgen haben: Bei vorsätzlichem Verschweigen droht ein Verfahren wegen Leistungsbetrugs. Die obersten Sozialrichter haben bestätigt: „Transparenz zahlt sich aus – im wörtlichen Sinn. Das BSG verlangt keine Perfektion, aber ehrliche und vollständige Angaben“, so Experte Anhalt.

Für Bürgergeld-Empfänger bedeutet das:

Wer irgendeine Art von Altersleistung bezieht, sollte vor einem Antrag dringend klären, ob sie mit einer deutschen Rente vergleichbar ist. Denn im Zweifel kann dies den gesamten Anspruch auf Bürgergeld ausschließen – inklusive der Pflicht, alles zurückzuzahlen.

Für Jobcenter bedeutet es:

Die Prüfung ausländischer Renten bleibt kompliziert, aber: Das Gericht hat eine klare Linie geschafft, wann ein Leistungsausschluss greift.

Und für die Betroffene? Für sie endet ein jahrelanger Rechtsstreit – mit einer fünfstelligen Rechnung.