In einer Arbeitswelt, die zunehmend von Konkurrenzdruck geprägt ist, erlebt ein altbekanntes Phänomen eine Renaissance: Schadenfreude. Besonders unter der Generation Z, die gerade erst in den Arbeitsmarkt eintritt, scheint das sogenannte „Fail Watching“ – das heimliche Vergnügen am Scheitern von Kollegen – zuzunehmen, schreibt das britische Magazin „Metro“.
Eine aktuelle Umfrage von EduBirdie zeigt laut „Forbes“, dass 34 Prozent der Gen Z zugeben, sich insgeheim über die Fehler anderer zu freuen. Doch was steckt hinter diesem Verhalten? Experten erklären, warum „Fail Watching“ mehr als nur Boshaftigkeit ist.
Schadenfreude als psychologisches Ventil
Der Begriff „Fail Watching“ beschreibt das bewusste Beobachten von Kollegen in der Hoffnung, dass sie Fehler machen. Wie die Urban Dictionary laut „Forbes“ definiert, ähnelt es dem Konzept des „People Watching“, jedoch mit einem Fokus auf das Scheitern. Der deutsche Begriff „Schadenfreude“ fasst dieses Phänomen treffend zusammen: Freude am Unglück anderer. Dieses Gefühl wird unter anderem oft von Narzissten empfunden.
Psychologen wie Dr. George Sik erklären, dass dieses "Fail-Watching-Verhalten" oft als Abwehrmechanismus dient, um das eigene Selbstwertgefühl zu regulieren, schreibt „Metro“. Dieses wird in der Psychologie als "downward social comparison" bezeichnet, erklärt Dr. Sik.
„Wenn wir unsicher über unsere eigene Leistung oder unseren Status sind, kann das Beobachten eines stolpernden Kollegen einen kurzfristigen Schub für unser Selbstwertgefühl auslösen.“ Es sei eine Art Erleichterung, die signalisiert: „Ich habe vielleicht eine schwere Woche, aber zumindest geht es mir nicht so schlecht.“
Die Rolle von Social Media und der Leistungsdruck
Ein entscheidender Faktor für die Verbreitung von „Fail Watching“ unter Gen Z ist der ständige Leistungsdruck, der durch soziale Medien verstärkt wird. „Forbes“ berichtet auch, dass die junge Generation mit einer herausfordernden Arbeitskultur kämpft. Stellenabbau und Budgetkürzungen sowie Restrukturierungen belasten Arbeitnehmer zunehmend.
Obwohl das Vergnügen am Scheitern anderer kurzfristig beruhigend wirken kann, birgt es langfristig Risiken. Dr. Sik warnt: „Das Vertrauen auf die Fehler anderer für das eigene Selbstwertgefühl schafft eine fixe Denkweise. Man wird besessen von externer Bestätigung“ und vernachlässigt die eigene Entwicklung. Dies könne dazu führen, dass echte Spitzenkräfte Abstand nehmen und man selbst in der beruflichen Entwicklung stagniert, schreibt „Metro“.
"Fail Watching": Wie Unternehmen und Mitarbeiter gegensteuern können
„Fail Watching“ gedeiht besonders in Arbeitsumgebungen mit hohem Druck und geringer Vertrauenskultur. Drew Povey, Berater für Führungskräfteentwicklung, betont, dass dieses Verhalten in Unternehmen, „in denen Fehler bestraft werden, Transparenz entmutigt wird und Wettbewerb über Zusammenarbeit steht, wächst“. Die Folgen sind gravierend: Mitarbeiter verstecken Probleme, statt sie zu lösen, die Zusammenarbeit leidet und die Produktivität sinkt.
Doch es gibt Wege, diese Negativspirale zu durchbrechen:
- Unternehmen können durch transparente Kommunikation, faire Arbeitsverteilung und eine lernorientierte Fehlerkultur Vertrauen schaffen.
- Anerkennungsprogramme und Schulungen können ebenfalls dazu beitragen, den Fokus von Schuldzuweisungen auf Verbesserung zu lenken.
- Auf individueller Ebene empfiehlt Dr. Sik Strategien wie „upward empathy“ – also sich daran zu erinnern, dass man selbst genauso scheitern könnte.
- Auch bewusstes Unterstützen von Kollegen statt Schadenfreude kann helfen.