Schwedens Rente profitiert von einer „gigantischen“ Rendite des Staatsfonds. Auch Deutschland sollte darauf setzen, um „wirklichen Wohlstand“ für Rentner zu erreichen, fordert ein Ex-Minister.
Berlin – Die Rente ist unter Druck – finanziell, aber auch politisch: Die schwarzrote Bundesregierung streitet über eine Reform der Alterssicherung und will dabei Forderungen der Union mit denen der SPD vereinen. Resultat ist das Rentenpaket, das die Garantie des Rentenniveaus von 48 Prozent enthält, gleichzeitig mit der Aktivrente Erwerbsarbeit im Alter fördern möchte. Fachleuten geht das Paket nicht weit genug – im Gegenteil. Zahlreiche Ökonomen fordern gar einen Stopp der Pläne – wegen besagter Garantie.
Die Debatte dreht sich jedoch primär um die erste Säule der Rente – die umlagefinanzierte, gesetzliche Versicherung. Ausnahme ist die Frühstartrente, die Kindern den Einstieg in die private Vorsorge ebnen soll. Jedoch ist das keine Lösung für aktuelle Probleme – und laut Fachleuten ohnehin zu wenig. Dabei sind genau die anderen beiden Säulen der Alterssicherung entscheidend.
Stärkere Renten: „Wirklichen Wohlstand“ nur durch Betriebsrenten und private Altersvorsorge
„Wirklichen Wohlstand für Rentnerinnen und Rentner dauerhaft erreichen wir nur, wenn wir in der Masse über die zweite und dritte Säule, also über Betriebsrenten und private Altersvorsorge, echte Renditechancen erwirtschaften“, sagte etwa Jörg Kukies, der nach dem Ampel-Aus zwischenzeitlich Bundesfinanzminister war. Zudem war er Deutschlandchef von Goldman Sachs.
„Egal, wie gut wir die erste Säule machen, sie wird niemals Rendite erwirtschaften, weil ja kein Geld angelegt wird“, sagte Kukies im Interview mit Gabor Steingart. Stattdessen zahlen Erwerbstätige und Unternehmen im Umlageverfahren in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Diese zahlt wiederum Menschen im Ruhestand ihre Renten aus.
Ex-Finanzminister und Top-Manager Kukies lobt Schweden-Rente für „gigantische“ Rendite
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte zwischenzeitlich ein „Generationenkapital“ geplant. Dabei sollte ein Teil der gesetzlichen Rente über den Kapitalmarkt finanziert werden. Durch den Koalitionsbruch ist jedoch das damalige Rentenpaket gescheitert. In der aktuellen Regierung unter Kanzler Friedrich Merz spielt es keine Rolle mehr.
Kukies betonte im Interview mit Steingart jedoch die Chancen der kapitalmarktorientierten Altersvorsorge – und erwähnte das Rentensystem Schwedens dabei als Vorbild. „Ich habe neulich mit dem Chef der schwedischen Pensionskasse gesprochen, der hat über mehrere Jahrzehnte durch stark eigenkapital- und aktienbasierte Anlagen neun Prozent Rendite für Rentnerinnen und Rentner in Schweden erwirtschaftet“, sagte Kukies. „Wenn man sich das einfach mal anguckt, über die Jahrzehnte, den Zinseszinseffekt, der ist gigantisch.“
Schweden legt einen Teil der gesetzlichen Rente in Fonds ein – staatlicher Fonds sticht hervor
Wie das deutsche beruht auch das schwedische Rentensystem auf den drei Säulen der staatlichen Rente, Betriebsrenten sowie freiwilliger privater Vorsorge. Die Besonderheit liegt jedoch in der Kombination aus umlagefinanzierter und kapitalgedeckter Rente. 18,5 Prozent des Bruttogehalts fließen in die Altersvorsorge, je zur Hälfte von Arbeitgeber und -nehmer getragen.
2,5 Prozent des Gehalts werden dabei in die kapitalgedeckte Prämienrente, 16 Prozent in die Umlagefinanzierung. Über die Anlage der 2,5 Prozent können die Schweden individuell entscheiden. Wer keine Wahl trifft, dessen Beiträge landen automatisch im staatlichen AP7-Fonds. Das ist bei fast der Hälfte der Arbeitnehmer der Fall. Seit der Gründung im Jahr 2000 erzielte der Fonds laut Handelsblatt eine jährliche Rendite von 9,8 Prozent. Im AP7 sind derzeit rund 112 Milliarden Euro.
Schweden-Rente als Vorbild – Kapitalmarkt-Anlage bietet auch Chancen für eigene Wirtschaft
Schweden ist eines der Lieblingsbeispiele von Politikern und Medien bei der Debatte um mögliche Renten-Vorbilder. Doch unabhängig von der Altersvorsorge selbst hat die Kapitalanlage einen Effekt. Das Fehlen dieses Anteils hat laut dem früheren Goldman-Sachs-Manager Kukies Folgen für inländische Investitionen.
Das geringe Eigenkapital liege „auch am deutschen Rentensystem“, so Kukies. Das Geld im Umlagesystem stehe dem Kapitalmarkt nicht zur Verfügung. „Die kapitalmarktbasierte zweite und dritte Säule des Systems sind ein Schwachpunkt unserer Volkswirtschaft“, so der ehemalige Manager. „Wir sind einfach zu schwach auf der Brust, was das Volumen von Eigenkapitalfinanzierung angeht.“