1,4 Millionen Pensionäre kosten Deutschland fast so viel wie 20 Millionen Rentner

134,4 Milliarden Euro fließen dieses Jahr aus dem Bundeshaushalt an die Rentenversicherung. Der Zuschuss macht damit schon rund 27 Prozent aller Ausgaben aus. In Zukunft könnte der Posten noch weiter ansteigen. Nicht umsonst wird also eine Reform der Rente seit Jahren heiß diskutiert. Höhere Beiträge für Erwerbstätige sind bereits beschlossen, ein höheres Renteneintrittsalter sowie ein geringeres Rentenniveau stehen zur Diskussion. Um die Renten zu finanzieren, werden am Ende also alle den Gürtel enger schnallen müssen.

Doch daneben zahlt der Staat auch seinen ehemaligen Beamten hohe Ruhestandsgehälter. Für die Pensionen flossen im vergangenen Jahr bereits rund 90 Milliarden Euro. Weil auch die Zahl der Beamten im Ruhestand steigt, dürfte auch diese Summe in den kommenden Jahren weiter wachsen. Doch die Ausgaben für die Staatsbediensteten werden von Politikern selten im selben Maße diskutiert. Wir wollen sie deswegen etwas genauer beleuchten. Warum kosten 1,4 Millionen Pensionäre den Staat fast genauso viel wie 20 Millionen Rentner? Warum wachsen die Kosten für Pensionäre viel stärker als für Rentner? Was tut der Staat bereits dagegen und welche Maßnahmen wären noch möglich?

1. Warum sind die Ausgaben für Pensionäre so hoch?

Das Renten- und das Pensionssystem sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Für die Rente zahlen Sie im Arbeitsleben jahrzehntelange Beiträge. Aus den Beiträgen aller Versicherten werden die Renten im selben Jahr ausgezahlt. Der hohe Bundeszuschuss dient dazu, die Differenz zwischen den Beiträgen und den auszuzahlenden Renten zu stopfen. Er enthält zudem die Gelder für versicherungsfremde Leistungen, also Zahlungen der Rentenversicherungen, die nicht originär aus Beiträgen finanziert werden. Dazu gehört zum Beispiel die Hinterbliebenenrente, die Erwerbsminderungsrente, die Grundsicherung im Alter, die Mütterrente, Frührenten und so weiter.

Beamte zahlen während ihres Arbeitslebens keine Beiträge. Sie erhalten schließlich auch keine Rente. Stattdessen sind sie auf Lebenszeit dem Staat verpflichtet und dieser wiederum verpflichtet sich, sie lebenslang zu versorgen. Diese Versorgung wird über die Pension abgebildet, die keine Rente, sondern eine Weiterführung des Gehalts im Ruhestand sein soll. Entsprechend ist sie für das Individuum deutlich höher. Standardmäßig liegt sie nach 40 Dienstjahren bei 71,75 Prozent des letzten Gehaltes. Der durchschnittliche, pensionierte Beamte kassierte im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt brutto 3240 Euro pro Monat. Hinzu kommen auch hier Hinterbliebenenrenten für die Angehörigen verstorbener Beamter.

Für einen Beamten muss der Staat im Schnitt pro Jahr also rund 39.000 Euro ausgeben. Diese Summe findet sich aber nicht im Bundeshaushalt wieder, denn die wenigsten Beamten sind vom Bund angestellt. Der zahlte im vergangenen Jahr nur für rund 427.400 Beamte Pensionen, also rund 30 Prozent aller Staatsbediensteten. Die Mehrheit der Beamten wird von den Bundesländern angestellt. Lehrer sind hier weit vorne, aber auch Polizisten, Richter und andere Justizangestellte werden auf Landesebene entlohnt. Entsprechend finden sich hier mit 845.000 Personen auch die meisten Pensionäre. Die Kommunen bilden mit 111.000 Pensionären die drittgrößte Gruppe, die restlichen 22.400 Pensionäre sind bei den Sozialversicherungen beschäftigt.

2. Warum wachsen die Ausgaben für Pensionäre stärker als für Rentner?

Noch 2007 zahlte der Staat für Pensionen nur rund 45 Milliarden Euro. In 18 Jahren haben sich die Ausgaben also in etwa verdoppelt. Die Rentenzuschüsse sind in der Zeit zwar auch gestiegen, aber geringer. Hier ging es von rund 84 auf eben 134 Milliarden Euro nach oben. Das ist absolut gesehen zwar mehr als bei den Pensionen, relativ sind es aber nur rund 60 Prozent. Bereinigt um die Inflation stiegen die Kosten für Renten sogar nur um 20 Prozent an, für Pensionen aber um rund 60 Prozent.

Der Grund dafür ist simpel: Wie bei den Rentnern, so wächst auch die Zahl der Pensionäre durch den demographischen Wandel stark. Als die Generation der Babyboomer in den 1960er-Jahren in die Schulen und Kindergärten kam, mussten die Bundesländer entsprechend mehr Lehrer und Erzieher anstellen. Die wiederum sind in den vergangenen 15 Jahren in den Ruhestand getreten. Der Effekt ist damit etwas eher als bei den Renten, eben weil die neuen Beamten damals schon älter waren als die Babyboomer, die sie versorgten. Ehemalige Lehrer machen denn auch mit 33 Prozent den größten Anteil aller Pensionäre heute aus.

Eine zweite große Gruppe sind Pensionäre, die es in Zukunft gar nicht mehr geben wird, nämlich die der ehemaligen Bundespost und der Bundesbahn. Seit beide Betriebe in den 1990er Jahren privatisiert wurden, arbeiten dort keine Beamten mehr. Alle, die diesen Status zuvor aber inne hatten, haben sich damit auch eine lebenslange Pension verdient. Sie machen mit 279.100 Personen oder 20 Prozent aller Pensionäre die zweitgrößte Gruppe aus.

Durch diese beiden Gruppen, aber auch den allgemeinen demografischen Wandel, hat sich die Zahl der Pensionäre laut Statistischem Bundesamt von 2000 bis 2020 um rund 54 Prozent erhöht. Demgegenüber ist die Zahl der Rentner nur leicht gestiegen. Von 23,1 Millionen Menschen im Jahr 2000 ging es auf 25,9 Millionen im Jahr 2021 nach oben. Das sind gerade einmal 12 Prozent mehr. Der große Anstieg wird hier in den kommenden Jahren zeitversetzt erfolgen.

3. Wie werden sich die Kosten für Pensionen entwickeln?

Dass Pensionäre ihren Höchststand früher erreichen als Rentner, wird auch dazu führen, dass die Kosten hier früher gipfeln. Bei Lehrern etwa ist der Zenit bereits überschritten. 2024 wurden nur 14.800 Lehrer neu pensioniert. Das war der niedrigste Wert seit 2003. In anderen Bereichen könnte die Zahl der Pensionäre aber noch stark wachsen, da jetzt die Jahrgänge der geburtenstarken 1960er-Jahre das Pensionsalter erreichen. Das betrifft zum Beispiel alle ehemaligen Beamten von Bundesbahn und Bundespost. Die wurden nach der Privatisierung dort weiter als Beamte eingesetzt und haben entsprechend Pensionsansprüche erworben. Da aber seit Mitte der 1990er-Jahre in beiden Betrieben niemand mehr verbeamtet wurde, wird die Zahl der Pensionäre hier auch perspektivisch sinken.

Auf der anderen Seite gibt es aber Faktoren, die die Pensionskosten auch danach weiter anwachsen lassen werden. So hat insbesondere der Bund in den vergangenen Jahren die Zahl seiner Beamten deutlich erhöht. Das betraf insbesondere den Zoll und Finanzbehörden. Aber auch die jetzt geplante Aufstockung der Bundeswehr trägt dazu bei, denn jeder Berufssoldat ist auch ein Beamter. Mehr Soldaten bedeutet also auch mehr Pensionen in der Zukunft. So kalkuliert das Bundesfinanzministerium damit, dass die Kosten für die Pensionen von Bundesbeamten von 19,8 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 30,6 Milliarden Euro im Jahr 2060 steigen werden. Das sind zwar rund 50 Prozent mehr, abzüglich der Inflation wäre die Steigerung aber bei etwa Null.

4. Was macht der Staat, um die Pensionen zu finanzieren?

Vieles, was für eine Rentenreform diskutiert wird, gilt auch für Pensionen. So wird derzeit Regelpensionsalter analog zum Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre erhöht. Zwar sammeln Beamte dadurch mehr Dienstjahre, da die Bezüge aber sowieso nach 40 Dienstjahren gedeckelt sind, ergeben sich dadurch kaum Mehrkosten. Allerdings gelten für manche Beamtengruppen wie Soldaten, Polizisten, Zollmitarbeiter und Beamte in Justizvollzugsanstalten eine geringere Altersgrenze.

Das Pensionsniveau wurde bereits 1998 von der damaligen Rot-Grünen Bundesregierung abgesenkt. Zuvor lag es bei maximal 75 Prozent, seit Umsetzung des Gesetzes 2001 gilt der heutige Höchstsatz von 71,75 Prozent. Zudem versuchen Bund, Länder und Kommunen bei der Anrechnung von Dienstjahren so strikt wie möglich vorzugehen. So werden Ausbildungszeiten und solche in der Wehrpflicht oder im Zivildienst nicht mehr voll berücksichtigt. In vielen Berufen wurden zudem die Besoldungsstufen umgebaut, so dass weniger Beamte hohe Stufen am Ende ihrer Laufbahn erreichen – denn schließlich ist die letzte Stufe ausschlaggebend für die Höhe der Pensionen. Das Bundesverfassungsgericht hatte allerdings erst vergangene Woche geurteilt, dass zumindest Berlin dabei gegen das Grundgesetz verstoßen habe.

Der Bund und einige Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben zudem Versorgungsfonds und -rücklagen eingerichtet. Dort werden seit Jahren Haushaltsmittel eingezahlt, um Renditen zu erwirtschaften, mit denen die Pensionen künftig bezuschusst werden sollen. Für den Bund startet das ab 2032. Im Prinzip setzt der Bund also bei den Pensionen das von der Ampel-Koalition auch für Renten geplante Generationenkapital bereits um.

Zu guter Letzt werden weniger Staatsbedienstete auch verbeamtet. Während die Zahl der Beamten von 2000 bis 2024 nur um sechs Prozent anstieg, ging es bei den Angestellten im Öffentlichen Dienst um rund 13 Prozent nach oben.

5. Was könnte der Staat noch tun, um die Pensionsausgaben zu begrenzen?

Analog zu einer möglichen Rentenreform wird die gleiche Diskussion auch über Pensionen geführt – nur weniger öffentlich, weil halt viel weniger Menschen davon betroffen sind. Grundsätzlich würden Änderungen am Rentensystem wie etwa ein höheres Renteneintrittsalter auch auf Pensionen übertragen. Diese Diskussion betrifft Beamte also genau wie Angestellte. Auch überlegt der Staat, die Pensionen stärker von der Besoldungsentwicklung zu entkoppeln. So könnten Tariferhöhungen, die die Angestellten des Öffentlichen Dienstes aushandeln, etwa nur noch zeitversetzt oder schwächer auf Pensionen übertragen werden.

Das ist aber ein heikler Punkt, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vergangener Woche zeigt. So gilt laut Grundgesetz das Alimentationsprinzip, wonach der Staat Beamten eben bis zu ihrem Lebensende einen angemessenen Lebensunterhalt zahlen muss. Was angemessen ist, ist dabei immer auch Interpretationssache. Für die Besoldung hat das Gericht aber zuletzt enge Grenzen gesetzt. Das dürfte auch jede Absenkung von Pensionsansprüchen erschweren.

Zuletzt hat der Staat auf die Pensionen insofern Einfluss, als das er frei entscheiden kann, wie viele Beamte er überhaupt einstellt. Je weniger Beamte es gibt, desto weniger Ruhestandsgehälter müssen in Zukunft gezahlt werden. Der Staat könnte also einfach seine Behörden verkleinern. Das wiederum würde aber die Lebensqualität in Deutschland deutlich senken, denn dann würde es etwa an Lehrern, Polizisten und Richtern fehlen – von denen schon heute oft nicht genug vorhanden sind.