Renten-Schock für Auswanderer: Deutschland kassiert, wenn das Ausland nichts besteuert

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) dürfte für viele deutsche Auslandsrentner ein böses Erwachen bedeuten. Die Richter entschieden: Wenn ein Staat Renteneinkünfte steuerfrei stellt, fällt das Besteuerungsrecht auf Deutschland zurück. Damit müssen Tausende Ruheständler, die sich auf ausländische Steuerprivilegien verlassen haben, möglicherweise nachzahlen.

Der Fall: Ein Rentner in Portugal 

Der Kläger, ein ehemaliger Freiberufler, lebt seit 2018 in Portugal. Er erhielt 2019:

  • 193.941 Euro aus einem deutschen berufsständischen Versorgungswerk
  • 254.506 Euro aus einer deutschen Lebensversicherung

Portugal hatte ihm den Status „residente não habitual“ (RNH) gewährt. Damit müssen neu Zugezogene zehn Jahre lang keine Einkommensteuer auf Renten zahlen (für Anträge vor April 2020).

Das deutsche Finanzamt setzte trotzdem 82.521 Euro Einkommensteuer fest. Der Mann wehrte sich mit der Begründung, seine Einkünfte seien in Portugal steuerpflichtig, nur eben mit einem Steuersatz von null Prozent. Der BFH ließ das nicht gelten.

Steuerfrei im Ausland heißt steuerpflichtig in Deutschland

Der BFH argumentiert eindeutig:

  • Portugal befreit Renten mit RNH-Status von der Einkommensteuer.
  • Damit unterliegen die Renten dort nicht der Steuer.
  • Folge laut Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): Deutschland darf besteuern.

Wörtlich spricht der BFH davon, dass das Besteuerungsrecht „zurückfällt“, wenn der Wohnsitzstaat nichts besteuert.

Für das Gericht spielt keine Rolle, ob:

  • die Rente aus gesetzlicher Versicherung stammt,
  • aus einem Versorgungswerk,
  • oder aus einer privaten Lebensversicherung.

Alle Rentenarten sind betroffen, solange sie in Deutschland steuerpflichtig sind und im Ausland steuerfrei bleiben.

Das ist der entscheidende Punkt für Rentner

Viele Länder locken mit Steuervergünstigungen für Zuziehende, etwa Portugal, Teile Italiens, Thailand (früher) oder Malta. Nach dem BFH-Urteil gilt jedoch: Steht im Ausland Steuerfreiheit, greift in Deutschland die Steuerpflicht.

Damit ist das Steuerprivileg im Ausland nichts wert, wenn das DBA eine sogenannte „Subject-to-tax-Klausel“ enthält – und genau das ist bei Portugal der Fall.

Warum gerade Portugal betroffen ist

Portugal galt lange als Steuerparadies für Ruheständler aus Europa. Bis April 2020 konnten Zugezogene sich für zehn Jahre vollständig von der Einkommensteuer auf Renten befreien lassen. Seit 2020 gilt ein Sondersteuersatz von zehn Prozent, aber nur für neue Antragsteller.

Für alle, die vor April 2020 nach Portugal gezogen sind, gilt weiterhin:

  • komplette Steuerfreiheit auf deutsche Renten für zehn Jahre.

Und genau für diese Gruppe schlägt das BFH-Urteil jetzt durch.

Was Auslandsrentner jetzt unbedingt tun sollten

1. Wohnsitzland prüfen:
Gibt es dort eine Besteuerung der Rente oder eine Steuerbefreiung?

2. Doppelbesteuerungsabkommen checken:
Hat das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eine Rückfallklausel wie Portugal?

3. Steuerberater einschalten:
Gerade bei hohen privaten oder betrieblichen Renten kann es um fünf- bis sechsstellige Beträge gehen.

4. Nachweise aufbewahren:
Rentenbescheide, Nachweise der Besteuerung im Ausland, Steuerbescheide.

5. Keine falschen Angaben machen:
Die DRV übermittelt Daten inzwischen digital an deutsche Finanzbehörden.

Was das Urteil praktisch bedeutet

Für betroffene Rentner heißt das:

  • Deutschland darf Steuern nachfordern.
  • Wer seine Rente im Ausland nicht angibt, riskiert Strafzinsen oder steuerstrafrechtliche Konsequenzen.
  • Wer vor April 2020 von Portugal vollständig freigestellt wurde, ist besonders betroffen.

Wahrscheinlich werden jetzt zahlreiche Fälle neu aufgerollt, denn viele Auswanderer sind davon ausgegangen, komplett steuerfrei leben zu können.

Warum das Urteil wichtig ist und über Portugal hinausreicht

Das Urteil gilt nicht nur für Portugal. Der Grundsatz lautet: keine Steuer im Ausland, dann gilt Steuerpflicht in Deutschland.

Das betrifft alle Staaten, deren Doppelbesteuerungsabkommen solche Rückfallklauseln enthalten. Dazu zählen verschiedene europäische Länder und einige klassische Auswandererziele.

Wer in ein Land zieht, das Renten steuerfrei stellt, kann damit in Deutschland steuerpflichtig werden, obwohl er dort keinen Wohnsitz hat.

So viele Rentner könnten davon betroffen sein 

Laut Deutscher Rentenversicherung (Stand 2024):

  • 244.934 deutsche Rentner lassen ihre gesetzliche Rente ins Ausland überweisen
  • 1,4 Millionen ausländische Renten gehen an Empfänger im Ausland

Besonders beliebt sind: Österreich, Schweiz, Spanien, Portugal, USA

In all diesen Ländern gelten unterschiedliche Steuerregeln und nicht immer ist steuerfrei auch wirklich steuerfrei. Das BFH-Urteil sorgt für Klarheit. Und sicher für einen Schreck bei vielen Auswanderern, denn für Tausende deutsche Rentner bedeutet das: Sie müssen damit rechnen, noch einmal zur Kasse gebeten zu werden.