Diesen ARD-Talk zum Online-Shopping würde ich gerne als Retoure zurücksenden

Die Ukraine kämpft um ihr Überleben. Europa um seine Sicherheit. Deutschland ringt um seine Generationengerechtigkeit. Und wir? Wir hecheln pünktlich zum sogenannten Black Friday den Preisrabatten hinterher und kümmern uns, zumindest in allererster Linie, um den eigenen Geldbeutel. 

So zumindest scheint das Menschenbild zu sein, das uns der ARD-Talk "Hart aber fair" unterstellt. Mag Politik noch so aufregend sein in diesen Tagen. Der Montagstalk beschäftigt sich lieber mit Rabatten und Schnäppchen – Geiz ist geiler als unsere Zukunft.

Renate Künast staunt über Online-Shopping: "Wie ein Spiel!"

"Es kommt mir vor wie ein Online-Spiel!", staunt Renate Künast. Da hat man ihr gerade erklärt, wie bei der Schnäppchenjagd im Internet Zeitdruck aufgebaut wird mit künstlicher Verknappung. Ein letztes Produkt, fünf Interessierte schauen es sich gerade an: Da schaltet sich schnell das Gehirn ab und der Zeigefinger klickt auf: Kaufen! 

Neu ist das vielleicht für die Grünen-Politikerin. Denn die hat für Kleidung eigentlich, verrät sie, nur zwei Shops, bei denen sie online einkauft. "Für mich ist das Standbein das analoge Bein."

Louis Klamroth packt bei "Hart aber fair" Retouren aus

Moderator Louis Klamroth darf dann wieder einmal seine beiden analogen Beine in Bewegung setzen. Er besucht einen Retouren-Händler in Sachsen-Anhalt. "Das ist ein Glücksspiel", sagt der, als ihm ein Lastzug vor die Tür fährt. Er weiß nicht, was in den Paketen steckt, die ihm gerade angeliefert werden. Klamroth streift die Handschuhe über, um zumindest für die Kamera beim Entladen anzupacken. 

TV-Kolumne
Der ARD-Talk ein Schnäppchen oder eine Retoure? Ich würde diese "Hart aber fair"-Ausgabe mit Louis Klamroth zurückschicken ARD

"Wir kaufen zwischen 5 bis 20 Prozent des Preises ein", verrät der Händler, "draußen verkaufen wir’s für die Hälfte." Macht also eine Gewinnspanne zwischen 45 und 25 Prozent. Mangel an Nachschub muss er nicht fürchten. Von Jahr zu Jahr steigt die Menge der Retouren.

Deutschland ist "Retouren-Weltmeister"

Konkrete Zahlen bringt dazu Gerrit Heinemann mit in den Talk. 15 Milliarden Euro Umsatz werden mit diesem Geschäft inzwischen gemacht. 95 Prozent der Retouren gehen wieder in den Verkauf, berichtet der Professor für Betriebswirtschaftslehre und Handel. 

Der Fachmann staunt aber auch. "Wir sind Retouren-Weltmeister", berichtet der Professor für Betriebswirtschaftslehre und Handel. Eine rationale Erklärung hat er dafür nicht. "Das ist ein Phänomen des Deutschen."

Wegwerfen ist billiger als Spenden

Eine klare Forderung an die Politik bringt Gero Furchheim mit. Der Präsident des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel beklagt, dass zurückgesendete Waren, die nicht mehr zu verkaufen sind, nicht als Spende weitergegeben werden können. Das verhindert, so Gero Furchheim, das Steuerrecht: "Entsorgen ist manchmal billiger als Spenden – das muss von der Politik dringend geändert werden." "Ich werde da Druck machen", verspricht der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß.

Furchheim will ihm gleich noch ein Rechtsgutachten zu dem Thema mit nach Berlin geben. Das ist dann aber auch schon das konkreteste Ergebnis dieses ARD-Talks. Wenn ich die Möglichkeit hätte: Ich würde diese Ausgabe von "Hart aber fair" gerne als Retoure zurückschicken an den Sender.