Kommt der Diesel-Hammer? Russland-Sanktionen treiben Preise in Europa

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Sanktionspakete und der Ukraine-Krieg lassen die Exporte von Diesel aus Russland zurückgehen. Europäischen Kunden droht die Kostensteigerung.

Brüssel/Moskau – Die amerikanischen Strafmaßnahmen gegen Russland zeigen ihre Wirkung nicht nur im Zielland selbst. Auch europäische Verbraucher spüren die Folgen – besonders beim Tanken. Wie die Financial Times meldete, sind die Dieselkosten in Europa am 19. November stark gestiegen. Preisvergleichsportale für Kraftstoffe bestätigten diese Entwicklung. Binnen zwei Tagen stiegen die Kraftstoffkosten von rund 1,62 Euro auf 1,66 Euro.

Montage kleiner Kreis (4).jpg © Sebastian Kahnert/Julia Demaree Nikhinson/dpa (Montage)

Nach Angaben der Financial Times bereiteten sich die Händler auf die am vergangenen Freitag wirksam gewordenen amerikanischen Sanktionen vor, was den plötzlichen Preissprung auslöste. Unter dem Druck Washingtons waren die beiden größten russischen Erdölunternehmen Rosneft und Lukoil gezwungen, ihre Raffinerien und zugehörigen Betriebe in Europa zu schließen oder zu veräußern. Diese Maßnahmen verstärkten die Befürchtungen vor Lieferengpässen.

Trumps Friedensinitiative bringt trotz zeitweiser Preiserholung keine dauerhafte Marktberuhigung

Zeitweise sanken die Kraftstoffpreise trotz der Strafmaßnahmen. Eine ADAC-Auswertung der vergangenen Woche ergab, dass die Dieselkosten in Deutschland im Wochenvergleich um 7 Cent nachgaben. Reuters meldete ebenfalls sinkende Preise, die vermutlich auf Donald Trumps Verhandlungen für ein Ende des Ukraine-Konflikts zurückzuführen waren. Eine Zustimmung der Ukraine zu diesem Friedensvorschlag ist derzeit aber ungewiss. Da viele eine komplette Aufgabe der Ukraine fürchten, droht dem amerikanischen Vorschlag das Scheitern. Die Zweifel an den Märkten sind entsprechend ausgeprägt.

Besonders die Erdölpreise reagierten mit deutlichen Rückgängen auf die US-Pläne. Vorher waren sie aufgrund der gegen Rosneft und Lukoil verhängten Strafmaßnahmen stark angestiegen. Bei Diesel zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Obwohl die europäischen Referenzpreise leicht sanken, zahlen Verbraucher laut Reuters im Vergleich zu 2022 noch immer acht Prozent mehr an der Zapfsäule.

Reuters führt diese verschiedenartige Entwicklung bei Erdöl und Diesel auf mehrere Faktoren zurück. Die weltweite Dieselproduktion liege etwa erheblich unter dem Niveau der Vorjahre. Außerdem fiel mit Russland der nach Amerika zweitwichtigste Diesellieferant weitestgehend weg. Dazu tragen auch die fortgesetzten ukrainischen Attacken auf russische Raffinerien bei. Schließlich verstärkten die Strafmaßnahmen gegen Rosneft und Lukoil, die zusammen etwa 37 Prozent der russischen Dieselausfuhren abwickelten, den Preisauftrieb.

Neue EU-Strafmaßnahmen im Januar gegen Putins Diesel – weiterer Preistreiber?

Mit Beginn des neuen Jahres droht eine weitere Zuspitzung der Lage. Zum 21. Januar tritt ein komplettes EU-Importverbot für Erzeugnisse aus russischem Rohöl in Kraft. Davon betroffen sind auch Diesel und Benzin, die in Drittländern aus russischen Rohstoffen produziert wurden. Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) bleiben entsprechende Erzeugnisse aus Kanada, Norwegen, der Schweiz, Großbritannien und den USA jedoch von dem Verbot ausgenommen.

Nach Reuters-Angaben trifft dies hauptsächlich Raffinerien in der Türkei und Indien. Diese bezogen bisher russisches Erdöl zu niedrigen Preisen und verarbeiteten es zu Produkten wie Diesel weiter. Diese Lücke wird im nächsten Jahr geschlossen. Dies könnte aber bedeuten, dass rund 13 Prozent aller europäischen Dieseleinfuhren durch den Wegfall der Produkte aus diesen Staaten entfallen. Indien zeigt jedoch zumindest teilweise Bewegung. Große Konzerne verzichten zunehmend auf den Erwerb russischen Erdöls.

Strafmaßnahmen gegen Russland – Amerika profitiert vermutlich am meisten

Als Hauptprofiteur dieser Entwicklungen dürften sich die Vereinigten Staaten erweisen. Nicht nur werden die USA als größter Diesellieferant wahrscheinlich mehr Geschäfte abwickeln. Durch die Abwicklung der Lukoil- und Rosneft-Geschäfte in der EU könnten amerikanische Firmen zusätzliche Raffinerien übernehmen. Laut Wirtschaftswoche können amerikanische Unternehmen sogar mit äußerst niedrigen Kaufpreisen rechnen.

Die meisten europäischen Niederlassungen der russischen Erdölgiganten müssen bis 13. Dezember veräußert werden. Für Bulgarien wurde die Frist wegen Lukoils marktbeherrschender Position bis 29. April 2026 verlängert. Washington schloss sogar den Schweizer Konkurrenten Gunvor wegen vermuteter Kreml-Verbindungen vom Erwerb aus. Der amerikanische Konzern Chevron erwägt hingegen zusammen mit der Carlyle Group den Kauf der russischen Auslandsbeteiligungen, so die Wirtschaftswoche. (Quellen: Financial Times, ADAC, Reuters, Deutsche Industrie- und Handelskammer, Wirtschaftswoche) (nhi)