Ukraine-Friedensplan: Europas Gegenvorschlag zum Trump-Entwurf offenbart brisante Details
Die Genfer Friedensgespräche zur Ukraine schreiten voran. Ein neuer Entwurf liegt vor. Was bedeutet das für die Zukunft?
Genf – Am Sonntag, dem 23. November, trafen sich Unterhändler aus der Ukraine, den USA und der EU in Genf, um über Donald Trumps Friedensplan für den Ukraine-Konflikt zu diskutieren. Der ursprüngliche Plan, der 28 Punkte umfasste, orientierte sich stark an den Vorstellungen Wladimir Putins und sorgte sowohl in der EU als auch in der Ukraine für Verwirrung. Nach den Verhandlungen berichtete der US-Außenminister Marco Rubio von „enormen Fortschritten“. Diese Gespräche führten zu einem „grundlegenden Dokument“, das als Grundlage für die weitere Arbeit dienen soll.
Rubio lockerte zudem den Zeitrahmen für eine Einigung. Ursprünglich sollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bis Donnerstag, dem 27. November, dem Plan zustimmen. Rubio erklärte jedoch, dass „ob Donnerstag, Freitag, Mittwoch oder Montag kommende Woche“ angesichts der Situation in der Ukraine zweitrangig sei. Der ukrainische Verhandlungsführer Andrij Jermak bezeichnete das erste Treffen als „sehr produktiv“ und betonte, dass man sich einem gerechten und dauerhaften Frieden nähere.
Das Weiße Haus gab bekannt, dass die ukrainische Delegation den Entwurf als Spiegelbild „ihrer nationalen Interessen“ und „ihrer zentralen strategischen Anforderungen“ sehe. Diese Anforderungen umfassen Sicherheitsgarantien, wirtschaftliche Perspektiven, Schutz der Infrastruktur, freie Schifffahrt und politische Souveränität. Aus Kiew gab es dazu noch keine Stellungnahme.
Trumps Friedensplan für die Ukraine trägt Putins Handschrift
Am 19. November wurden Trumps Pläne für den Friedensplan bekannt, nachdem Medien über geheime Verhandlungen zwischen den USA und Russland berichtet hatten. Der Plan, der Moskau in zentralen Punkten entgegenkommt, überschreitet von Kiew gesetzte rote Linien. Er fordert Gebietsabtretungen in der Ostukraine, eine Begrenzung der Truppenstärke und den Verzicht auf einen NATO-Beitritt. Laut dem Guardian wirken einige Formulierungen wie direkte Übersetzungen aus dem Russischen.
Kritik kam aus der EU und Deutschland. Kanzler Friedrich Merz betonte: „Kriege können nicht beendet werden durch Großmächte über die Köpfe der beteiligten Länder hinweg.“ Ein Ende des Konflikts sei nur möglich, wenn die Ukraine und die Europäer zustimmen. Am 23. November verhandelten die USA, die Ukraine, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien in Genf über den Vorschlag aus Washington.
Das ist der europäische Gegenvorschlag zu Trumps Plan für die Ukraine
Am Sonntagnachmittag veröffentlichte Reuters den Gegenvorschlag der deutschen, französischen und britischen Verhandler. Das ist der Vorschlag im Überblick:
| Trumps ursprünglicher 28-Punkte Plan | Vorschlag der Europäer |
| Ukrainische Armee ist in Friedenszeiten auf 600.000 Soldaten begrenzt. | Ukrainische Armee wird in Friedenszeiten auf 800.000 Soldaten begrenzt werden (Aktuelle Stärke: 850.000). |
| Ukraine darf nicht Teil der NATO werden. | Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO ist möglich. Allerdings gibt es dafür aktuell keine Mehrheit der Mitgliedsstaaten. |
| Donbass, Luhansk und Krim werden russisch, Frontlinien in Cherson and Saporischschja werden eingefroren. | Gebietsaustausch nur ausgehend von derzeitigen Frontlinien. |
| Zuverlässige Sicherheitsgarantien für die Ukraine. USA erhalten Kompensation für Sicherheit. | Robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine, zusätzlich Beistandsgarantie der USA in Anlehnung an Artikel 5 der NATO. USA erhalten Kompensation für Sicherheit. |
| Im Fall eines Friedensschluss soll Russland wieder in globale Wirtschaft und in die G8 integriert werden. | Im Fall eines Friedensschluss soll Russland wieder in globale Wirtschaft und in die G8 integriert werden, Sanktionen sollen allerdings in Phasen und nach individueller Abwägung aufgehoben werden. |
| 100 Milliarden Dollar des von der EU eingefrorenen russischen Vermögens sollen in einen von den USA geführten Wiederaufbaufonds für die Ukraine investiert werden, die USA erhält die Hälfte der Gewinne hieraus. | Das russische Vermögen in der EU bleibt eingefroren, bis Russland den Schaden in der Ukraine kompensiert hat. |
| Wahlen in der Ukraine nach spätestens 100 Tagen. | Wahlen in der Ukraine so schnell wie möglich. |
| Kriegsparteien erhalten vollständige Amnestie für ihre Handlungen während des Krieges. | Keine Amnestie für Handlungen während des Krieges. |
Ob die europäische Position vollständig in den überarbeiteten Vorschlag eingeflossen ist, bleibt unklar. Die Verhandlungen sollen am Montag, dem 24. November, fortgesetzt werden.
Selenskyj bewertet Gespräche in Genf positiv: Das Team von Präsident Trump erhöre die Ukraine
US-Präsident Donald Trump zeigte sich zeitweise unzufrieden mit der Kritik an seinem Friedensplan. Er schrieb auf Truth Social: „Die ukrainische ‚Führung‘ hat keinerlei Dankbarkeit für unsere Bemühungen gezeigt, und Europa kauft weiterhin Öl aus Russland.“ Außenminister Rubio relativierte diese Aussage und meinte, der Präsident sei nun zufrieden mit den Berichten über die Verhandlungen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj bewertete die Gespräche in Genf positiv und sagte: „Es gibt Signale, dass das Team von Präsident Trump uns erhört.“ Auch der deutsche Außenminister Johann Wadephul lobte den überarbeiteten Entwurf und betonte, dass alle Europa und die NATO betreffenden Fragen aus dem ursprünglichen Plan entfernt wurden. Es sei wichtig, dass die Souveränität der Ukraine gewahrt bleibe und sie selbst über Zugeständnisse entscheide.
EU berät in Angola über einen Frieden in der Ukraine
Am Montag, dem 24. November, berieten die EU-Staats- und Regierungschefs am Rande eines Gipfels in Luanda in Angola über die Ukraine. Bundeskanzler Merz sagte nach den Gesprächen, dass er nicht mit einer Einigung in dieser Woche rechne. Das Ringen um den Frieden in der Ukraine habe eine neue Dynamik bekommen, aber es sei ein mühseliger Prozess. Die entscheidende Bewegung müsse jetzt von Russland kommen. „Der nächste Schritt muss sein: Russland muss an den Tisch“, betonte Merz laut Süddeutscher Zeitung.
Die russische Regierung äußerte sich nicht zu den Ergebnissen der Genfer Gespräche. Putin-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, man werde keine Details über die Presse diskutieren. Treffen zwischen den USA und Russland sind für diese Woche nicht geplant. Der türkische Premier Erdogan plant ein Gespräch mit Putin, um zu vermitteln. Alle Entwicklungen zum Ukraine-Krieg im Überblick. (Quellen: Reuters, Tagesschau, CNN, Telegraph, Tagesspiegel, Welt, SZ) (cdz)