Ein Clip ehemaliger Militärs trifft Trump ins Mark. Auf Truth Social reagiert er mit drastischen Worten. In den USA wächst die Besorgnis.
Washington, D.C. – Ein massiver Wutausbruch von US-Präsident Donald Trump auf Truth Social sorgt in den USA für scharfe Kritik und eine neue Sicherheitslage im Kongress. Der Präsident griff sechs demokratische Abgeordnete direkt an, warf ihnen „aufrührerisches Verhalten“ vor und behauptete, dies könne „bis zur Todesstrafe“ reichen. Später ruderte er von dieser Aussage zurück.
Die Eskalation entzündete sich an einem Video der sechs demokratischen Parlamentarier, die Soldatinnen, Soldaten und Geheimdienstmitarbeitende daran erinnerten, unrechtmäßige Befehle verweigern zu müssen. Unmittelbar nach Veröffentlichung reagierte Trump mit einer Reihe aggressiver Posts – und versetzte Washington damit in Alarmbereitschaft.
USA entsetzt über Trumps Truth-Social-Eskalation
In mehreren Social-Media-Beiträgen bezeichnete Trump die Demokraten als „Verräter“ und forderte: „SPERRT SIE EIN???“ Dazu schrieb er: „AUFRÜHRERISCHES VERHALTEN, das mit dem TOD zu bestrafen ist!“ Außerdem verbreitete er Posts anderer Nutzer weiter, darunter den Satz: „HÄNGT SIE – SO WÜRDE ES GEORGE WASHINGTON TUN!!“
Im Video, so NBC News, erklärten die sechs – Elissa Slotkin, Mark Kelly, Jason Crow, Chrissy Houlahan, Maggie Goodlander und Chris Deluzio –, dass Militärangehörige laut Gesetz illegale Befehle nicht befolgen dürfen: „Unsere Gesetze sind klar: Ihr könnt illegale Befehle verweigern. Ihr müsst illegale Befehle verweigern.“ Die Parlamentarier warnten zudem davor, dass die Regierung das Militär zunehmend in innerpolitische Konflikte hineinziehe.
Wirbel um Trump-Aussage: Weißes Haus versucht abzubremsen – und kritisiert zugleich die Demokraten
Auf die Frage, ob Trump tatsächlich die Hinrichtung der Abgeordneten fordere, antwortete Sprecherin Karoline Leavitt gemäß CNN kurz: „Nein.“ Gleichzeitig griff sie die sechs Demokraten scharf an und warf ihnen vor, das Militär zu ermutigen, seinen Eid und den Präsidenten zu „verraten“. Zudem bezeichnete sie das Video als „vielleicht strafbar“, obwohl sie betonte, keine Juristin zu sein, schreibt ABC News.
Wenig später folgte indes eine überraschende Wendung. Trump ruderte am Wochenende in einem Interview zurück: „Ich drohe ihnen nicht mit dem Tod, aber ich glaube, sie stecken in ernsthaften Schwierigkeiten. Früher bedeutete das den Tod“, sagte er im Gespräch mit Fox News Radio. Gleichzeitig warf er den sechs Demokraten erneut vor, das Gesetz gebrochen zu haben, indem sie Soldaten zur Verweigerung „präsidialer Befehle“ ermutigt hätten.
Juristische Experten widersprechen solchen Sichtweisen deutlich, konstatiert das Time Magazine. Nach dem Militärrecht müssen Soldatinnen und Soldaten nur rechtmäßigen Befehlen folgen und sind verpflichtet, offenkundig rechtswidrige Anweisungen abzulehnen. Damit rückt erneut die Frage in den Vordergrund, wo die Grenzen präsidialer Befehlsgewalt liegen.
Nach brisanter Trump-Aussage: Demokraten sprechen von „Aufruf zum Mord“
Die sechs betroffenen Abgeordneten verurteilten Trumps Aussagen laut CNN scharf. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, „am bezeichnendsten“ sei, dass der Präsident „es für mit dem Tod zu bestrafen hält, dass wir das Gesetz wiederholen“. Sie betonten, niemand müsse sich einschüchtern lassen, und riefen die Bevölkerung dazu auf, sich „gegen Aufrufe zu unserer Ermordung und zu politischer Gewalt zu vereinen“.
Auch die demokratische Führung im Repräsentantenhaus reagierte umgehend. Sie sprach von „widerlichen und gefährlichen Todesdrohungen“ und forderte Trump auf, die Posts zu löschen, „bevor er jemanden umbringen lässt“. Im Senat warnte Minderheitsführer Chuck Schumer, so Reuters, der Präsident rufe „zur Hinrichtung gewählter Amtsträger“ auf und erhöhe damit das Risiko politischer Gewalt erheblich.
Nach Trumps Hass-Posts gegen Demokraten: Drohanrufe, Bombendrohungen, Personenschutz
Die unmittelbaren Folgen waren deutlich spürbar. Senatorin Slotkin erklärte laut NBC News und ABC News, ihr Büro habe „Hunderte bis Tausende“ Drohungen erhalten, woraufhin die für das Kapitol zuständige Polizeibehörde sie sofort mit rund um die Uhr laufendem Personenschutz versah. Bei Abgeordneter Chrissy Houlahan gingen nach Angaben von Politico Bombendrohungen in zwei Wahlkreisbüros ein, die umgehend an die Behörden weitergeleitet wurden.
Auch Chris Deluzio und Jason Crow meldeten Drohungen und erstatteten Anzeige. Deluzio sprach von einem „dunklen Tag für das Land“ und erklärte, Trumps Äußerungen könnten „zu Gewalt ermutigen“. Parallel dazu meldeten mehrere Bundesstaaten neue Swatting-Fälle gegen Politikerinnen und Politiker.
Wegen Trumps Drohungen: Republikaner pendeln zwischen Distanz und Verteidigung
Aus der republikanischen Partei kamen nur vereinzelt kritische Stimmen, wie etwa ABC News konstatiert. Lindsey Graham nannte das Video der Demokraten zwar „abscheulich“, bezeichnete Trumps Reaktionen aber als „überzogen“. Rand Paul warnte, Begriffe wie „Hängen“ oder „Todesstrafe“ könnten „instabile Menschen“ dazu verleiten, selbst zur Tat zu schreiten.
Mike Johnson, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, verteidigte zunächst die Stoßrichtung Trumps gemäß CNN, erklärte später jedoch, die Wortwahl des Präsidenten sei „nicht die, die ich verwenden würde“. Er betonte, er glaube nicht, dass die Abgeordneten „Verbrechen begangen haben, die mit dem Tod zu bestrafen sind“.
Politikwissenschaftler über Trump: „Der Präsident verliert die Kontrolle über sich selbst“
Politikwissenschaftler Tom Nichols sieht in Trumps Verhalten ein alarmierendes Signal. In The Atlantic schreibt er, der Präsident verliere „die Kontrolle über sich selbst“ und überschreite mittlerweile Grenzen, die für einen Amtsinhaber gefährlich seien. Hintergrund sei ein Mix aus politischem Druck, persönlichen Ängsten und dem parteiübergreifenden Epstein-Gesetz (Epstein Files Transparency Act), das er unterzeichnen musste.
Nichols erinnert an 1974, als Verteidigungsminister James Schlesinger ungewöhnliche Befehle Richard Nixons abfangen ließ, weil er dessen Stabilität anzweifelte. Trump habe Nixons „Paranoia öffentlich übertroffen“, während heutige Sicherungsmechanismen schwächer seien. Dies stelle eine neue Qualität der Gefahr dar.
Warnung vor einer verfassungsrechtlichen Krisensituation
Beobachter sehen die Ereignisse als deutliche Warnung. Mehrere Senatoren warnen, dass Teile der Anhängerschaft des Präsidenten bereits früher auf aggressive Rhetorik mit Gewalt reagiert hätten. Schumer formulierte es laut Reuters drastisch: Trump zünde „ein Streichholz in einem Land, das mit politischem Benzin getränkt ist“.
Für Nichols, Schumer und andere Fachleute ist klar: Die amerikanischen Institutionen stehen vor einer der schwierigsten Phasen seit Jahrzehnten. Die Kombination aus präsidialer Eskalation, wachsender Gewaltbereitschaft und gesellschaftlicher Polarisierung könnte die USA in eine neue Stufe der Verfassungskrise führen. (Quellen: The Atlantic, CNN, NBC News, Time, Reuters, NPR, ABC News, Politico) (chnnn)