FOCUS online: Herr Jäger, der Friedensplan für die Ukraine, ausgehandelt von den USA und Moskau, enthält umfangreiche Sicherheitsgarantien. Ein weiterer Angriff Russlands würde wie ein Angriff auf einen Nato-Partner betrachtet, wie Axios berichtet. Ist das ein Durchbruch?
Thomas Jäger: Die "Sicherheitsgarantien" im 28-Punkte-Plan sind nichts wert. Die Streitkräfte der Ukraine sollen reduziert, einige Waffensysteme aus dem Land entfernt werden. Gleichzeitig soll es keine Stationierung von Truppen aus anderen europäischen Staaten in der Ukraine geben. Was jetzt vorgeschlagen wird, ist genau so viel wert wie das Budapester Memorandum, in dem die USA und Russland schon einmal versprachen, die Sicherheit der Ukraine zu achten: nichts.
Wie realistisch ist es, dass Trumps Friedensbemühungen irgendwann Erfolg haben werden?
Jäger: Es sind keine Friedensbemühungen, sondern das Diktat zur Kapitulation. Ob er damit Erfolg hat, hängt davon ab, ob es der Ukraine und ihren europäischen Partnern gelingt, die USA von diesem Vorhaben abzubringen und wie groß der Druck aus der Republikanischen Partei auf Trump sein wird, dieses Projekt Putins fallen zu lassen. Frieden wird es jedenfalls nicht bringen, sondern den nächsten Krieg vorbereiten.
Ist die Forderung, die Ukraine solle doch bitte Gebiete abtreten und aufgeben, nachzuvollziehen?
Jäger: In der Ukraine weiß man, dass man die besetzten Gebiete derzeit nicht zurückerobern kann. Dies hinzunehmen, ist etwas völlig anderes, als Gebiete abzutreten. Das wird die Ukraine auch nicht tun.
Was will Wladimir Putin wirklich?
Jäger: Die ganze Ukraine und von dort aus die politische Dominanz über Europa. Dazu führt er neben dem Krieg in der Ukraine schon einen hybriden Krieg gegen europäische Staaten und unterstützt Parteien, die als russlandfreundliche Regierungen dann auf Putins Linie liegen sollen.
Vielen Dank für das Gespräch.