In Langwied trainieren Einsatzkräfte den sicheren Umgang mit unter Spannung stehenden Bäumen – Prävention steht dabei im Fokus.
Ebersberg – Im Licht der Flutlichtscheinwerfer am Wertstoffhof in Langwied stehen Männer der Freiwilligen Feuerwehr Oberndorf. Vor ihnen: ein orangefarbenes Gerät, das Baumstämme biegen kann. An diesem Baumbiegesimulator sollen die Feuerwehrleute üben, wie man einen unter Spannung stehenden Baum mit der Motorsäge schneiden kann, ohne sich dabei selbst oder andere zu gefährden.
Nichts darf unter Druck geschehen.
Derartige Situationen gehören zu ihrem Einsatzalltag, etwa wenn ein umgestürzter Baum Straße oder Schiene blockiert. Das Gerät hat Übungsleiter Christan Satzl aus München mitgebracht. Bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), ist der Mann zuständig für Prävention. Der auf einem Anhänger montierte Simulator ist mit einem Hydraulikzylinder ausgestattet. Damit kann man eingespannte Bäume ziemlich stark biegen und unter Spannung setzen.
Übung findet alle zwei Jahre statt
Bevor es an die praktische Übung geht, scharrt Satzl die Männer um sich. Neben den Oberndorfern sind auch Feuerwehrkameraden aus Ebersberg, Frauenneuharting und Tulling mit dabei, insgesamt etwa 15 Mann. Satzl will die Einsatzkräfte sensibilisieren, ihnen beibringen, die Situation richtig einzuschätzen und vermitteln, wie man in einer solchen Situation richtig schneidet. Die Übung machen die Feuerwehrler nicht zum ersten Mal. Alle zwei Jahre findet sie statt, berichtet der Oberndorfer Feuerwehrkommandant Ferdinand Hollerith.
Das Wichtigste, so Satzl, zu den Männern: „Äußerste Sorgfalt, Ruhe und Besonnenheit. Ja nichts schnell, schnell machen. Ihr müsst tief durchatmen, die Lage beurteilen und auf euch und andere achten. Nichts darf unter Druck geschehen.“ „Was macht ihr, wenn ihr nicht sicher seid?“ blickt er fragend in die Runde. „Richtig, andere fragen und wenn die es auch nicht wissen, die Finger davon lassen und schweres Gerät kommen lassen.“ Er berichtet, dass es in Bayern jährlich etwa zwölf bis 15 Tote bei Waldarbeiten gebe, „im schneereichen Winter 2023 waren es sogar ca. 25 Tote.“ Also: „Langsam tun und nie dem Impuls folgen, das oder jenes noch schnell erledigen zu wollen. Kein Stress! Unbedingt Ruhe bewahren!“
Erster Schnitt dient Druckentlastung
Nach den warnenden Worten geht es zur Schnittkunde: Der erste Schnitt dient der Druckentlastung. Erst beim zweiten Schnitt wird der Baumstamm durchtrennt. Und noch einen Rat gibt der Experte mit: Es sollen nur diejenigen schneiden, die Erfahrung haben. Alle anderen sollen beim Wegräumen helfen.
Und dann geht es in die Praxis. Satzl setzt einen Helm auf, trägt Ohrenschutz und wirft seine Motorsäge an. Von unten greift er das Holz an. Sägespänne wirbeln durch die Luft. Sachte und zielstrebig entlastet er die Spannung des Baumes. Dann schneidet er den Stamm von der anderen Seite durch. Es gibt einen kräftigen Ruck. Arbeit erledigt. „Das mit dem Ohrenschutz ist ganz wichtig, sonst schadet ihr eurem Gehör,“ sagt er und fragt: „Wer will einmal?“ Einer meldet sich. „Du darfst gerne, aber nicht so, du musst dir erst eine Schnittschutzhose anziehen. Auch das ist wichtig.“ Mit der Hand wird der Hydraulik-Zylinder gepumpt. Der Stamm biegt sich kräftig durch. Einer nach dem anderen nimmt eine Motorsäge zur Hand. Souverän erfüllen alle die Aufgabe.
Für ein paar Tage bleibt der Baumbiegesimulator noch in Ebersberg stehen, für Übungszwecke, wie der Kommandant erklärt, denn: Jeder soll daran üben dürfen. Das ist auch das Ziel der Berufsgenossenschaft: Mitgliedern die Biegeapparatur zu leihen, damit sie üben können und für den Ernstfall gerüstet sind. Das gilt nicht nur für Feuerwehrleute, sondern für jeden, der im Wald Bäume schneidet. Denn: Prävention ist wichtig, schließlich gab es nach Angaben der SVLFG 2024 deutschlandweit 5188 Unfälle in der Forstwirtschaft, 35 davon tödlich.