Zunächst schien es Fortschritte bei den Ukraine-Verhandlungen zu geben. Doch nach Trumps Treffen mit Putin in Alaska liegen die Gespräche auf Eis. Oder doch nicht?
Washington, D.C. – Die Trump-Administration arbeitet an einem neuen 28-Punkte-Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs. Der Plan soll in „geheimer“ Abstimmung mit Moskau entwickelt werden, berichtet das US-Portal Axios unter Berufung auf russische und US-Quellen. Das Gaza-Abkommen von Donald Trump solle dabei als Inspiration für die Ukraine-Verhandlungen dienen, heißt es weiter.
Der Plan gliedert sich in vier Hauptbereiche: Frieden in der Ukraine, Sicherheitsgarantien, europäische Sicherheit und künftige US-Beziehungen zu Russland und der Ukraine. Unklar bleibt jedoch, wie umstrittene Fragen der territorialen Kontrolle in der Ostukraine behandelt werden, wo russische Streitkräfte zwar Geländegewinne erzielen, aber noch weit weniger Territorium kontrollieren als der Kreml fordert.
Trumps und Putins Unterhändler arbeiten an neuem Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs
Federführend bei der Ausarbeitung sei Trumps Sondergesandter Steve Witkoff, der intensiv mit dem russischen Unterhändler Kirill Dmitriev zusammenarbeitet. Dmitriev, Leiter des russischen Staatsfonds und enger Vertrauter von Wladimir Putin, verbrachte vom 24. bis 26. Oktober drei Tage mit Witkoff und anderen Trump-Teammitgliedern in Miami. „Wir haben das Gefühl, dass die russische Position wirklich gehört wird“, erklärte Dmitriev gegenüber Axios und zeigte sich optimistisch über die Erfolgschancen des Plans. Witkoff sprach in Miami auch mit Selenskyjs Sicherheitsberater Rustem Umerow. „Wir wissen, dass die Amerikaner an etwas arbeiten“, bestätigte ein ukrainischer Beamter.
Das Weiße Haus hat bereits begonnen, europäische Vertreter über den neuen Plan zu informieren. „Wir denken, dass der Zeitpunkt für diesen Plan jetzt günstig ist. Aber beide Parteien müssen praktisch und realistisch sein“, erklärte ein US-Beamter gegenüber Axios. Der Plan soll auf Basis der Rückmeldungen verschiedener Akteure angepasst werden.
Wie geht es weiter bei den Ukraine-Verhandlungen – lenkt Putin ein?
Ob Putin von seinen Maximalforderungen im Ukraine-Krieg jedoch abgewichen ist, scheint fraglich. Nach seinem Telefonat mit Wladimir Putin Mitte Oktober war US-Präsident Donald Trump zunächst so überzeugt von den erzielten Fortschritten, dass er einen persönlichen Gipfel in Budapest ankündigte. Doch nur fünf Tage später war der Gipfel abgesagt und neue Sanktionen gegen Moskau – die ersten in Trumps zweiter Amtszeit – verhängt.
Trump und seine Top-Berater realisierten schrittweise, dass sich Putins Haltung zum Ende des Ukraine-Krieges nicht wesentlich von ihrem letzten Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Alaska unterschied. Putins anhaltende Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine, seine maximalistischen Forderungen an Kiew zur Kriegsbeendigung und seine Weigerung, einem sofortigen Waffenstillstand zuzustimmen, signalisierten Trump, dass sich nichts wirklich geändert hatte, schreibt CNN.
Trump erhöht Druck auf Putin: Öl-Sanktionen und Importzölle könnten Russland in die Knie zwingen
„Es hat sich für mich einfach nicht richtig angefühlt“, sagte Trump noch vor wenigen Wochen über das abgesagte Gipfel-Treffen. „Es fühlte sich nicht so an, als würden wir an den Punkt gelangen, an den wir gelangen müssen. Also habe ich es abgesagt.“ Die vollständige Kehrtwende wurde von Trumps europäischen Verbündeten und vielen Unterstützern des Präsidenten begrüßt, von Putin jedoch als nicht hilfreich verurteilt. Nun versucht der US-Präsident den Druck auf den Kreml erneut zu erhöhen – auch hier gibt es Parallelen zum Gaza-Friedensplan.
Die Waffenruhe in Gaza habe den US-Präsidenten dazu veranlasst, mehr Druck auf Russland auszuüben, berichtet CNN. Schließlich kam der Gaza-Plan erst zustande, nachdem Trump den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu mit Nachdruck zu einem Frieden im Gazastreifen ermahnt hatte. Ein US-Beamter erklärte gegenüber CNN: „Hart durchgreifen führte zu Maßnahmen.“ Wie sähe „hartes Durchgreifen“ im Ukraine-Krieg aus? Trump verhängte am 22. Oktober scharfe Sanktionen gegen Russlands zwei größte Ölproduzenten. Am Montag (17. November) bekräftige der US-Präsident darüber hinaus neue Sanktionen gegen Russland, über die im US-Senat abgestimmt werden könnte.
Republikaner im Senat arbeiten an neuem Gesetzesentwurf, um Russland zu sanktionieren
Der Gesetzesentwurf des republikanischen Senators Lindsey Graham sieht vor, gegen russische Produkte einen Importzoll in Höhe von 500 Prozent einzuführen. Das Gesetz würde alle Länder sanktionieren, die mit Russland Handel treiben. Graham brachte den Gesetzesvorschlag Anfang April im Senat ein. Bisher wurde über den Entwurf auf geheißen Trumps noch nicht abgestimmt. Das könnte sich nun ändern. „Die Republikaner bringen Gesetze auf den Weg, die sehr strenge Sanktionen und so weiter gegen jedes Land vorsehen, das Geschäfte mit Russland macht“, sagte Trump am Sonntag (16. November). Noch ist jedoch unklar, wann über das Gesetz im Senat abgestimmt wird – eine parteiübergreifende Unterstützung von Demokraten und Republikanern hat der Vorschlag jedoch.
Der US-Botschafter bei der NATO, Matthew Whitaker bestätigte neue mögliche US-Sanktionen gegen Russland im Gespräch mit den ARD „Tagesthemen“ am Mittwoch. „Es sind die Russen, die nicht bereit sind, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und über Frieden zu verhandeln“, so Whitaker. Trump sei frustriert über Putins Verhalten und habe sich am letzten Wochenende positiv über neue Sanktionen geäußert, fügte Whitaker hinzu. Somit scheint es auch bei den aktuellen „geheimen“ Ukraine-Verhandlungen zwischen den USA und Russland kein Vorankommen zu geben.
Neue Friedensgespräche? Verhandlungen dieses Jahr über Ende des Ukraine-Kriegs unwahrscheinlich
Die Ukraine jedenfalls zeigt sich weiterhin bereit für neue Gespräche über ein Ende des Ukraine-Kriegs. Am Mittwoch will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und den US-Sondergesandten Steve Witkoff treffen und damit die stockenden Verhandlungen mit Russland wiederbeleben. Bei den in Ankara geplanten Gesprächen gehe es vor allem darum, die Regierung in Washington wieder in die Friedensbemühungen einzubinden, hieß es am Dienstag aus ukrainischen Regierungskreisen. Das geplante Treffen zwischen Witkoff und Selenskyj in der Türkei wurde allerdings wohl kurzfristig verschoben, hieß es aus Washington laut Axios. Russland nimmt an den Gesprächen nicht teil.
Ohnehin erscheint eine Wiederaufnahme der Ukraine-Verhandlungen oder gar ein Ende des Ukraine-Kriegs noch dieses Jahr für sehr unwahrscheinlich. Das bekräftigte auch der finnische Präsident Alexander Stubb gegenüber der Nachrichtenagentur AP. „Ich bin nicht sehr optimistisch, was das Erreichen eines Waffenstillstands oder den Beginn von Friedensverhandlungen angeht, zumindest nicht in diesem Jahr“, sagte Stubb. Es wäre jedoch gut, „bis März etwas in Gang zu bringen“. (Quellen: CNN/Axios/AP/dpa/ARD/Eigene Recherche) (sischr)