Gut Ding will Weile haben und dieses „Ding“ ist mehr als gut gelungen: Der historische Pfarrhof in Westerheim (Lkrs. Unterallgäu) erstrahlt in neuem Glanz. Mit der feierlichen Eröffnung des sanierten Gebäudes samt dazugehörigem Kirchplatz erreichte der lange Weg der Dorferneuerung am 9. November 2025 die Zielgerade. Der ursprünglich vor dem nun schmucken Pfarrhof geplante Festakt musste wegen des einsetzenden Regens in die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt verlagert werden, was der freudigen Stimmung jedoch keinen Abbruch tat.
Westerheim – Für Westerheims Erste Bürgermeisterin Christa Bail waren die Regentropfen eindeutig Freudentränen. In ihrer Begrüßung der über 200 Besucherinnen und Besucher hielt sie mit ihrer Begeisterung als auch Erleichterung über den Schlusspunkt der Belebung des Ortskerns nicht hinterm Berg.
Bauliches Kleinod: Historischer Pfarrhof samt Kirchplatz in Westerheim nach Sanierung feierlich eröffnet
Bail ließ den langen und oft auch mühevollen Weg, der viele Diskussionen und auch Auseinandersetzungen in der Gemeinde mit sich brachte, Revue passieren. In der ihr eigenen Art blickte sie humorvoll auf die zehn Jahre zurück – von der ersten ernsthaften Planung bis zum Abschluss der Sanierung des denkmalgeschützten Pfarrhofs. Im Rahmen der Dorferneuerung suchte die Gemeinde im Jahr 2009 einen Standort für den neuen Kindergarten, der 2014 in unmittelbarer Nachbarschaft des Pfarrhofs fertiggestellt wurde. Dabei rückte ebenfalls das leerstehende, stark heruntergekommene Pfarrhofgebäude in den Fokus von Planern und Gemeinderat.
Historischer Pfarrhof in Westerheim: Etliche eindrucksvolle historische Elemente erhalten
Der Memminger Architekt Franz Arnold, erzählte Bürgermeisterin Bail, erkannte den Pfarrhof als historisches Kleinod, für den damals – wie Arnold später in seiner Rede eingestand – noch gar kein Denkmalschutz bestand. Erst 2012 wurde klar, dass es sich um „ein Top-Denkmal“ handele, dessen Fassade und Struktur dringend erhaltenswert seien. Das gesamte Ensemble – Kindergarten, Kirchplatz und Pfarrhof – würde Arnolds Handschrift tragen, hob Bail hervor, und dankte nicht nur ihm, sondern auch allen 35 Handwerksbetrieben, „die sich von der Begeisterung haben anstecken lassen und auch eigene Ideen mit beigetragen haben“. So gelang es, etliche eindrucksvolle historische Elemente von der Haustür über Fenster, Decken- und Wandgestaltungen bis zum erst 1852 errichteten Dachstuhl zu erhalten.
Historischer Pfarrhof in Westerheim: Ehrenamtliche leisten bei Sanierung 178 Stunden echte Schwerstarbeit
Ein großes Lob und Dankeschön richtete Bail auch an die vielen ehrenamtlichen Helfer, die zu Beginn der eigentlichen Bauarbeiten erst mal die Entschuttung des Gebäudes übernommen und viele Holzteile der Bausubstanz für die Restaurierung recycelt hatten – 178 Stunden echte Schwerstarbeit.
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Nach Sanierung: Historischer Pfarrhof wird vielfältig genutzt
Der alte Pfarrhof ist endlich wieder zu neuem Leben erwacht und wird nun vielfältig genutzt. Im Anschluss an den Festakt nutzten die Festgäste sowie mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, einen Blick auf und in den mit viel Liebe zum Detail sanierten Pfarrhof zu werfen. Nicht nur von außen hat sich der alte Pfarrhof stark verändert, auch die Räumlichkeiten erstrahlen in neuem Glanz. Insbesondere wurde bei der Sanierung auf Nachhaltigkeit geachtet und viele Details aus der langen Geschichte des historischen Gebäudes blieben erhalten. Wie beispielsweise Türen und Beschläge, Fenster und vieles mehr. Auch zeugen zahlreiche kunstvolle Decken- und Wandbemalungen, die ganz oder teilweise freigelegt und konserviert wurden, von der ehemaligen Farbenpracht in den Räumlichkeiten. Prachtvoll ist ebenfalls die kunstvoll geschnitzte Kassettendecke aus Holz im Trauungs- und Besprechungszimmer, die noch teilweise im Original aus dem 16. Jahrhundert erhalten ist. Wiederverwertet wurden außerdem die Originalbodendielen aus dem Dachgeschoss, die in den nicht so stark beanspruchten Räumen und Gängen verlegt wurden. Im Obergeschoss sieht man eine Ziegelwand, in deren Holzrahmung sich noch uralte Eisennägel befinden. Durch den offenen Dachstuhl sieht man die alten Dachsparren, die als „Andreaskreuz“ angeordnet sind.
Ein Blick in die Räume des sanierten historischen Pfarrhofs in Westerheim
Auch bei der Raumaufteilung haben sich die Projektbeteiligten Gedanken gemacht. Im Erdgeschoss befinden sich die neuen Räume des Rathauses mit Gemeindeverwaltung (Sekretariat), Bürgermeister(in)büro, Teeküche, Trauungs- und Besprechungszimmer sowie Archiv. Im Halbgewölbe im Untergeschoss ist die Technik untergebracht. Die Westerheimer Bücherei wird künftig in mehreren Räumen im Obergeschoss beheimatet sein. Dort haben auch die örtlichen Vereine einen Konferenzraum. Im großen Mehrzweckraum im Dachgeschoss finden zukünftig nicht nur die Gemeinderatssitzungen statt, sondern auch Veranstaltungen oder Kurse – je nach Bestuhlung für 60 bis etwa 100 Leute. Ergänzt wird der große Raum durch eine Küche sowie einen Abstellraum, zum Beispiel für die Bestuhlungen. In die Räumlichkeiten im Dachgeschoss gelangt man zusätzlich über einen separaten Zugang. Ein Aufzug sorgt für ein barrierefreies Erreichen der unterschiedlichen Stockwerke.
Historischer Pfarrhof in Westerheim: Kosten und Fördergelder
Die Gesamtkosten für die Sanierung und Restauration des Pfarrhofs inklusive Mobiliar werden nach Angaben von Dipl.-Ing. Architekt BDA Franz Arnold insgesamt 2,3 Millionen Euro betragen. Das Geld kam, erklärte Bürgermeisterin Christa Bail, zum überwiegenden Teil von verschiedenen öffentlichen Institutionen und Fördergebern. So sind beispielsweise aus dem bayerischen Entschädigungsfonds, aus Mitteln der Dorferneuerung und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie vom Landkreis Unterallgäu und dem Bezirk Schwaben bereits über 1,2 Millionen Euro zugesagt, auf weitere 450.000 Euro hofft Christa Bail noch aus den sogenannten bayerischen Fraktionsinitiativen.
Das Ergebnis der Sanierung des Pfarrhofs und der Neugestaltung des Kirchplatzes kann sich sehen lassen: Hier wird das Miteinander von Kommune, Kirche und Kindern physisch sichtbar und fördert den Zusammenhalt. So gesehen ist für Bürgermeisterin Christa Bail der Erhalt von örtlichen Kulturgütern ebenso eine kommunale Pflichtaufgabe und nicht nur „nice to have“.
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