Die Formel klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Rente verdoppeln mit 60? Während Politiker mit vagen Rentenversprechen um Wählerstimmen buhlen, zeigen Berechnungen eines Sozialrechtsexperten, dass eine Verdoppelung der gesetzlichen Rente tatsächlich machbar ist.
Allerdings nicht über Nacht und nicht ohne Strategie. Der entscheidende Faktor: die richtige Kombination aus Timing, Flexirente und gezielten Sonderzahlungen.
Die Mathematik hinter dem Renten-Boost
Das deutsche Rentensystem bietet seit der Einführung der Flexirente deutlich mehr Spielraum für individuelle Strategien. Der aktuelle Rentenwert liegt laut „merkur.de“ seit Juli 2025 einheitlich bei 40,79 Euro je Entgeltpunkt – Ost und West sind damit vollständig angeglichen. Wer die Mechanik des Systems versteht, kann diese Stellschrauben zu seinem Vorteil nutzen.
Drei Wege stehen grundsätzlich zur Verfügung: frühzeitiger Renteneintritt mit 63, regulärer Eintritt zur Regelaltersgrenze oder das Weiterarbeiten darüber hinaus. Die Unterschiede in der finanziellen Wirkung sind erheblich. Sozialrechtsexperte Sebastian Bertram hat auf „gegen-hartz.de“ vorgerechnet, wie stark die Effekte tatsächlich sind.
Der 0,5%-Trick: Der mächtigste Hebel für die Rentenverdopplung
Der wirkungsvollste Ansatz ist überraschend einfach: länger arbeiten. Für jeden Monat, den man nach Erreichen der Regelaltersgrenze wartet, erhöht sich die Rente um 0,5 Prozent – zusätzlich zu den weiteren Entgeltpunkten durch fortgesetzte Beitragszahlungen. Diese Zuschläge sind gesetzlich verankert und werden von der Deutschen Rentenversicherung ausdrücklich bestätigt.
Am Beispiel eines 1960 geborenen Durchschnittsverdieners wird der Effekt deutlich: Bei einer Frührente mit 63 Jahren ohne Ausgleichszahlungen läge die Rente bei etwa 1.235 Euro brutto. Wartet dieselbe Person jedoch fünf Jahre über die Regelaltersgrenze hinaus (bis 71 Jahre und 4 Monate), summieren sich die Punkte auf 47,42 und werden dann mit einem Zuschlag von 30 Prozent bewertet. Das Ergebnis laut „wa.de“: 61,65 Punkte und damit rund 2.515 Euro brutto – mehr als eine Verdopplung.
Sonderzahlungen: Teurer Boost mit Nebenwirkungen
Alternativ können Abschläge durch Sonderzahlungen ausgeglichen werden. Diese Option steht ab dem 50. Lebensjahr offen. 2025 kostet ein zusätzlicher Entgeltpunkt rund 9.392 Euro (50.493 Euro × 18,6 Prozent).
Für eine vollständige Kompensation der Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt mit 63 wären rund 44.000 Euro fällig – ein erheblicher Betrag, der die Rente zwar anhebt, aber allein nicht zur Verdopplung führt.
Flexirente: Der unterschätzte Game-Changer
Seit 2023 bietet die Flexirente zusätzliche Vorteile: Hinzuverdienstgrenzen für Altersrenten sind komplett entfallen. Neben der Rente darf unbegrenzt hinzuverdient werden.
Diese Regelung gilt auch für vorgezogene Altersrenten und ermöglicht flexible Übergänge: Teilrente, Teilzeit, später Vollrente. Der Spagat zwischen Lebenszeit und Rentenhöhe wird dadurch deutlich entschärft.
Business Punk Check
Der Renten-Hack funktioniert mathematisch einwandfrei, aber die Realität sieht anders aus: Nicht jeder kann oder will bis 71 arbeiten. Gesundheitliche Einschränkungen, fehlende altersgerechte Arbeitsplätze und die Tatsache, dass viele Arbeitnehmer bereits mit Mitte 50 aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, machen die Strategie für viele zur Theorie. Die Politik verkauft länger arbeiten als Win-win, verschweigt aber die strukturellen Probleme des Arbeitsmarkts für Ältere.
Die wirklich smarte Strategie liegt in der Kombination: Wer ab 50 gezielt Sonderzahlungen leistet, parallel private Vorsorge aufbaut und die Flexirente nutzt, maximiert seine Optionen. Die Entscheidung über den Renteneintritt sollte nicht nur finanziell, sondern ganzheitlich betrachtet werden – unter Einbeziehung von Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und persönlichen Lebenszielen. Die Rente verdoppeln? Möglich, aber kein Selbstläufer.
Häufig gestellte Fragen
- Lohnen sich Sonderzahlungen in die Rentenversicherung wirklich?
Sonderzahlungen lohnen sich primär, wenn ein vorzeitiger Renteneintritt fest geplant ist. Mit rund 9.392 Euro pro Entgeltpunkt (2025) sind sie ein teures Investment. Besser: Nur gezielt Abschläge ausgleichen und parallel in flexiblere private Vorsorgeformen investieren. - Wie kann ich die Flexirente optimal für meine Altersvorsorge nutzen?
Die optimale Nutzung der Flexirente besteht in der schrittweisen Reduktion der Arbeitszeit bei gleichzeitigem Bezug einer Teilrente. Wichtig: Weiter Beiträge zahlen, um zusätzliche Rentenpunkte zu sammeln. Seit 2023 gibt es keine Hinzuverdienstgrenzen mehr – diesen Vorteil sollten Vorruheständler konsequent nutzen. - Welche Branchen bieten die besten Chancen für ältere Arbeitnehmer?
Die besten Chancen für längeres Arbeiten bieten wissensbasierte Branchen wie Beratung, Bildung und spezialisierte Dienstleistungen. Auch der öffentliche Dienst, Gesundheitswesen und Handwerk mit Fachkräftemangel suchen gezielt erfahrene Mitarbeiter. Entscheidend: Kontinuierliche Weiterbildung und der Aufbau eines Netzwerks, das auch im Alter trägt. - Wie wirkt sich die aktuelle Wirtschaftspolitik auf meine Rentenplanung aus?
Die aktuelle Wirtschaftspolitik setzt klare Anreize für längeres Arbeiten (Aktivrente, Flexirente). Gleichzeitig fehlen strukturelle Maßnahmen für altersgerechte Arbeitsplätze. Planen Sie defensiv: Rechnen Sie mit steigendem Renteneintrittsalter und sinkenden Rentenniveaus. Diversifizieren Sie Ihre Altersvorsorge über mehrere Säulen. - Was sollten Selbstständige und Freiberufler bei ihrer Rentenplanung beachten?
Selbstständige sollten prüfen, ob eine freiwillige Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung sinnvoll ist – besonders wenn bereits Vorversicherungszeiten bestehen. Der 0,5%-Trick funktioniert auch hier. Wichtig: Frühzeitig mit einer Kombination aus gesetzlicher Rente, privater Vorsorge und Immobilien planen. Besonders wertvoll: Geschäftsmodelle entwickeln, die auch im Alter passive Einnahmen generieren.
Quellen: „merkur.de“, „gegen-hartz.de“, „wa.de“
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit "Business Punk".